Martin Kießling – Wikipedia

Siedlung der Reichsbahndirektion Osten in Frankfurt (Oder), 1925 (Foto von Hugo Schmölz)

Martin Kießling (* 28. April 1879 in Berlin; † 2. April 1944 ebenda; vollständiger Name: Johannes (Hanns) Martin Kießling) war ein deutscher Architekt und preußischer Baubeamter.

Seitenansicht des inzwischen sanierten Kießlinghauses in Frankfurt (Oder)
Universitäts-Frauenklinik Berlin (Umbau 1928–1933)

Martin Kießling war ein Sohn des Volksschullehrers (für Zeichnen und Musik) Theodor Kießling und dessen Ehefrau Marie Kießling geb. Becker. Er wuchs im Berliner Stadtteil Niederschönhausen auf und machte sein Abitur am Gymnasium zum Grauen Kloster. Es folgte ein Architekturstudium an der Technischen Hochschule (Berlin-)Charlottenburg. Kießlings Beitrag im Wettbewerb zum Schinkelpreis 1908 wurde für sein Staatsexamen akzeptiert.[1] Ab 1908 war er als Regierungsbaumeister (Assessor in der öffentlichen Bauverwaltung) bei der preußischen Eisenbahndirektion Köln tätig und arbeitete mit Adolph Kayser unter der Leitung von Karl Biecker an den Planungen des Eisenbahndirektionsgebäudes in Köln. Im Ersten Weltkrieg war Kießling als Soldat in Baukompanien eingesetzt. Von August 1921 bis zum Sommer 1924 leitete er in Frankfurt (Oder) die umfangreichen Bauten der Reichsbahndirektion Osten, die aus den an Polen verlorenen Gebieten (Eisenbahndirektion Posen) nach Frankfurt verlegt wurde. Danach arbeitete er wieder bei der Reichsbahndirektion Köln, bis er im Februar 1927 – inzwischen im Dienstrang eines Reichsbahnoberrats – vom Staatsdienst beurlaubt wurde, um mit einem privatrechtlichen Dienstvertrag als Stadtbaurat die Hochbauverwaltung der Stadt Danzig neu zu organisieren.[2] 1927 war Kießling auch der Erste Vorsitzende des Architekten- und Ingenieurvereins für den Niederrhein und Westfalen.[3]

Bereits im Februar 1928 wurde er zum Ministerialdirektor in der Hochbauabteilung des preußischen Finanzministeriums in Berlin ernannt,[4][5] er war mit seinem Amtsantritt am 16. März 1928 in dieser Funktion der ranghöchste preußische Baubeamte.[6] Im Jahr 1930 verlieh ihm die Technische Hochschule Aachen die Ehrendoktorwürde (Dr.-Ing. E. h.) als „dem zielbewußten Neugestalter der preußischen Hochbauverwaltung, in Anerkennung der Tatkraft und des Weitblicks, vermöge derer diese weitverzweigte Behörde unter seiner Leitung an der Arbeit zeitgemäßer Formgestaltung verantwortungsbewußten und wesentlichen Anteil nimmt“.[7]

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 wurde Kritik an Kießlings jüngeren Bauten im Stil des Neuen Bauens laut, die im Widerspruch zur nationalsozialistischen Kulturideologie standen. Er wurde zum 1. Oktober 1933 in den Ruhestand versetzt.

Kießling heiratete im Jahr 1914 Elly Le Blanc (1879–1948) aus Opladen. Die gemeinsame, 1917 geborene Tochter Ruth war später mit dem Juristen Philipp Möhring (1900–1975) verheiratet.[8]

Martin Kießling starb 1944 an Krebs. Sein Grab befindet sich auf dem Waldfriedhof Berlin-Dahlem.

Bauten und Entwürfe

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Mausoleum für Wilhelm II. bei Haus Doorn, 2007
  • 1919–1928: Eisenbahnersiedlung Gremberghoven in Köln[9]
  • 1920: Siedlung für den Spar- und Bauverein Jülich in Jülich[10]
  • 1920–1922: Siedlung für die Gemeinnützige Baugenossenschaft Mödrath in Mödrath[11]
  • 1921–1923: Siedlung Eintrachtstraße für die Neusser Wohnungsgesellschaft für Beamte und Privatangestellte eGmbH in Neuss (Zuschreibung)[12][13]
  • 1922: Siedlung für die Reichsbahndirektion Köln in Kreuzberg (Ahr)[14]
  • 1921–1925: Siedlungsbauten der Reichsbahndirektion Osten, sogenannte „Ostmarkbauten“, inklusive Siedlung Grüner Weg und Wohnsiedlung Paulinenhof, in Frankfurt (Oder)[15]
  • 1922: Mehrfamilienhaus („Kießlinghaus“) Leipziger Straße in Frankfurt (Oder)
  • 1923–1925: Siedlung für die Reichsbahndirektion Köln in Jünkerath[14]
  • 1925: Wohnanlage für die Reichsbahnsiedlungs-Gesellschaft Köln in Aachen[16]
  • 1925–1926: Wohnanlage für die Reichsbahnsiedlungs-Gesellschaft Köln in Koblenz[11]
  • 1927: Mehrfamilienwohnhaus-Gruppe an der Weißenburger Straße in Aachen[17]
  • 1927: Mehrfamilienwohnhaus-Gruppe an der Pfeilstraße in Aachen[17]
  • 1927: Mehrfamilienwohnhaus-Bebauung Hohenzollernstraße / Hindenburgstraße in Jülich[17]
  • 1927–1929: Helene-Lange-Schule (Lyzeum) in Danzig (mit Albert Krüger)[18]
  • 1928–1933: Universitäts-Frauenklinik in Berlin
  • vor 1930: Mehrfamilienwohnhaus-Bebauung Heeresanger / Ringstraße in Danzig (mit Albert Krüger)[18]
  • vor 1930: Pestalozzi-Doppelschule in Danzig (mit Albert Krüger)[18]
  • vor 1930: städtebaulicher Entwurf für den Platz am Langgarter Tor in Danzig (mit Albert Krüger)[18]
  • 1941/1942: Mausoleum für den Ex-Kaiser Wilhelm II. im Park von Haus Doorn, Niederlande
  • Ralf-Rüdiger Targiel: Frankfurt (Oder) so wie es war. Droste Verlag, Düsseldorf 1994, ISBN 3-7700-1014-0, S. 96 f. (Angaben zu Kießlings Tätigkeit in Frankfurt (Oder), mit Lebensdaten).
  • Horst Voigt: Zum Leben von Hanns Martin Kießling und seine Bauten in Frankfurt (Oder). In: Frankfurter Jahrbuch, 2012, Frankfurt (Oder), ISBN 978-3-9814739-1-9, S. 7–146.
  • Paul Zalewski mit Uwe Rada und Stephan Felsberg: Die Gunst der Stunde. Architektur der Weimarer Republik in Frankfurt (Oder). edition q im be.bra verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-86124-719-7.
Commons: Martin Kießling – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Das Ergebnis des Wettbewerbes zum Schinkelfest 1908 im Architekten-Verein in Berlin. In: Zentralblatt der Bauverwaltung. Nr. 17, 1908, S. 124 (zlb.de).
  2. Deutsche Bauzeitung, 61. Jahrgang 1927, Nr. 11 (vom 5. Februar 1927), S. 112.
  3. Köln. Bauliche Entwicklung 1888–1927. Berlin 1927, S. 5. Reprint: Köln 1987, ISBN 3-88375-965-4.
  4. Amtliche Nachrichten. In: Zentralblatt der Bauverwaltung. Nr. 8, 1928, S. 128 (zlb.de).
  5. Deutsche Bauzeitung, 62. Jahrgang 1928, Nr. 16 (vom 25. Februar 1928), S. 152.
  6. Mitteilungen. In: Zentralblatt der Bauverwaltung. Nr. 12, 1928, S. 202 (zlb.de).
  7. Mitteilungen. In: Zentralblatt der Bauverwaltung. Nr. 25, 1930, S. 458 (zlb.de).
  8. Rudolf Nirk: Möhring, Philipp. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 17, Duncker & Humblot, Berlin 1994, ISBN 3-428-00198-2, S. 622 f. (Digitalisat). (Angaben zur Familie)
  9. Knut Stegmann, Philippe von Glisczynski: Die Eisenbahnersiedlung Gremberghoven. In: Denkmalpflege im Rheinland, Jahrgang 2004, Heft 4, S. 177–183; architexts.net (PDF; 1,3 MB)
  10. Düttmann: Wohnungsbau der Nachkriegszeit in Deutschland. Rheinland. Berlin o. J. (um 1930), S. 42.
  11. a b Düttmann um 1930, S. 40.
  12. GWG Neuss (Hrsg.): ...den Menschen verpflichtet. Neuss 2006, S. 19.
  13. Schnitzler (Hrsg.): Wege durch die Nordstadt. Die Furth. Neuss 2016, S. 244.
  14. a b Düttmann um 1930, S. 41.
  15. Horst Voigt: Die Ostmarkbauten in Frankfurt (Oder). In: Mitteilungen des Historischen Vereins zu Frankfurt (Oder), Jahrgang 2003, Heft 2, S. 2–25.
  16. Düttmann um 1930, S. 39.
  17. a b c Stadtwohnungen im Rheinland. In: Zentralblatt der Bauverwaltung. Nr. 6, 1928, S. 81–86 (zlb.de).
  18. a b c d Martin Kießling: Neue Baugedanken im alten Danzig. In: Zentralblatt der Bauverwaltung. Nr. 43, 1929, S. 695 (zlb.de).