May Morris – Wikipedia

May Morris, Fotografie (1887) von Frederick Hollyer

May Morris (geboren als Mary Morris, * 25. März 1862 in Bexley, London; † 17. Oktober 1938 in Kelmscott Manor, Oxfordshire) war eine britische Unternehmerin und Produktdesignerin für Bunt- und Weißstickerei und frühe britische Sozialistin.

Die Familien Morris und Burne-Jones, Fotografie von Frederick Hollyer, 1874. Vierte von rechts: May Morris

Mary (May) Morris war die jüngere Tochter des Architekten und Malers William Morris (1834–1896), einer der Gründer des Arts and Crafts Movement und früher Begründer der sozialistischen Bewegung in Großbritannien und seiner Ehefrau Jane Burden (1839–1914). Im Alter von sieben Jahren lernte sie von ihrer Mutter und deren Schwester das Sticken. Sie besuchte ihren Vater in dessen Werkstätten; vor allem interessierten sie die Glasmalereien und das Brennofen-Haus (Kiln House).

Nachdem die Familie das Red House in Upton, Bexleyheath aufgeben musste, zog sie nach London und wohnte von 1865 bis 1872 Queen Square, Bloomsbury.[1] Von Kindheit an waren May und ihre ältere Schwester Jane Alice (Jenny) eng befreundet mit den Kindern von Georgie und Edward Burne-Jones. Zusammen mit ihrer Schwester besuchte sie die Notting Hill High School in Norland Square, Notting Hill.[2] Ab 1871 verbrachten sie die Sommerferien in Kelmscott Manor, das Haus, das für sie und ihren Vater eine Quelle der Inspiration war.

Studium, Stickerei, Heirat

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May Morris studierte von 1880 bis 1883 Textile Kunst an der South Kensington School of Design.[3] 1885 übernahm sie im Alter von 23 Jahren die Leitung der Stickerei-Abteilung der Firma Morris & Co. Sie hatte bereits einige Stickereien für diese entworfen und führte von diesem Zeitpunkt an alle neuen Entwürfe durch, gemeinsam mit Morris’ Assistent John Henry Dearle, der später der Art Director des Unternehmens wurde.

Antependium (Stickerei), gearbeitet von May Morris, Entwurf von Philip Webb

1886 verliebte sich May in Henry Halliday Sparling,[4] den Sekretär der Sozialistischen Liga von Hammersmith. Trotz der Sorge ihrer Mutter wegen dessen bäuerlicher Herkunft heirateten die beiden am 14. Juni 1890 im Standesamt von Fulham. Sparling wurde bei der Kelmscott Druckerei angestellt und sie mieteten ein Haus in der Hammersmith Terrace 8. Morris arbeitete an den größeren Aufträgen der Firma, wie Portieren, Wandbehänge und Altartücher. Als sie nach der Hochzeit ihr eigenes Haus bezog, kamen die Stickerinnen (darunter auch zwei Schwestern des Dichters William Butler Yeats) dorthin und arbeiteten in ihrem Salon. Ihr Vater besuchte sie an jedem Morgen, um sich nach dem Fortschritt der Arbeiten zu erkundigen.

Als May ihre frühere Liebesbeziehung zu George Bernard Shaw wieder aufnahm und mit diesem zum International Socialist Workers’ Congress nach Zürich reiste, trennten sich die Wege der Eheleute. 1898 wurden sie geschieden und May nahm wieder ihren Geburtsnamen an.

Lehrtätigkeit, Sozialistenbewegung

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Von 1899 bis 1908 gab sie Unterricht in Sticken sowohl an der Central School of Arts & Crafts und der School of Art Needlework (heute Royal School of Needlework). Sie war auch eine bedeutende Schmuckdesignerin und stellte regelmäßig in der Arts and Crafts Exhibition Society aus.[5]

Weil Frauen in der Art-Workers Guild (Gilde der Kunsthandwerker) nicht zugelassen waren, gründete sie 1907 die Women’s Guild of Arts und blieb deren Präsidentin bis 1935.

Zusammen mit ihrem Vater und ihrem Ehemann gehörte sie zu den ersten britischen Sozialisten. Sie legten gemeinsam mit Eleanor Marx und Friedrich Engels die Grundlage zur sozialistischen Bewegung.

Nach dem Tod ihres Vaters 1896 veröffentlichte sie seine Romane und Dichtungen in 24 Bänden, die jeweils auf 1.050 Bücher limitiert waren, von denen jeweils 1.000 für den Verkauf bestimmt waren.

May Morris, 1909

Morris befreundete sich mit der ehemaligen Traktoristin und Gärtnerin von Kelmscott Manor, Mary Lobb, die später dort einzog. 1910 reiste Morris in Begleitung von Mary Lobb nach Amerika und Kanada, wo sie auch Vorträge hielt. Dort verliebte sie sich in den amerikanischen Rechtsanwalt und Sammler von Manuskripten John Quinn. Nach der Rückkehr nach England führten die beiden einen Briefwechsel, der bis 1917 andauerte. Quinn war ernsthaft an Morris’ Arbeit interessiert und wollte ihre Bemühungen unterstützen. Der Briefwechsel wurde 75 Jahre später in der John Quinn (1870–1924) Memorial Collection der New York Public Library wiederentdeckt.

1913 – ein Jahr vor ihrem Tod – kaufte ihre Mutter Jane das bis dahin nur gemietete Kelmscott Manor für £4000 für ihre Töchter. Morris stellte auf der Weltausstellung in Gent (1913) und der Exposition d’Arts Décoratifs in Paris (1914) ihre Arbeiten aus.

Während des Ersten Weltkriegs half sie in Kelmscott bei der Feldarbeit und unterhielt eine Suppenküche im Dorf. Morris verfolgte über die Jahre die Idee eines Dorfgemeinschaftshauses für Kelmscott. Der mit ihr befreundete Architekt Ernest Gimsom[6] zeichnete die Pläne, verstarb jedoch 1919. Mary Lobb lebte bis zu Morris’ Tod 1938 in Kelmscott Manor.

Morris starb am 17. Oktober 1938. Sie wurde nahe ihrer Familie in Kelmscott bei der St George’s Kirche beigesetzt. Im Jahr darauf wurde das geplante Dorfgemeinschaftshaus errichtet und – in Anwesenheit des Premierministers Ramsay MacDonald – von George Bernard Shaw eröffnet.[7]

Veröffentlichungen

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  • Frank P. Brown: South Kensington & its art training. Longmans, Greene & Co., London 1912; Textarchiv – Internet Archive.
  • Jan Marsh: Jane and May Morris: A Biographical Story, 1839–1938. Pandora Pr, 1986, ISBN 0-86358-113-7.
  • Gay Daly: Pre-Raphaelites in Love. Ticknor & Fields, 1989, ISBN 0-89919-450-8.
  • Janice Londraville (Hrsg.): On Poetry, Painting, and Politics: The Letters of May Morris and John Quinn. Susquehanna University Press, 1997, ISBN 0-945636-96-2.
  • Pamela Todd: Pre-Raphaelites at Home. Watson-Guptill Publications, 2001, ISBN 0-8230-4285-5.
  • Linda Parry: May Morris, embroidery, and Kelmscott. William Morris: art and Kelmscott, ed. L. Parry. Society of Antiquaries of London Occasional Papers, new ser., 1996, 18.
  • Linda Parry: William Morris Textiles. V& A Museum, ISBN 978-1-85177-732-7.
  • Linda Cluckie: The Rise and Fall of Art Needlework: Its Socio-economic and Cultural Aspects. Auflage: New. Arena Books, 2008, ISBN 978-0-9556055-7-4.
  • Gerda Breuer: Her Stories in Graphic Design. Dialoge, Kontinuitäten, Selbstermächtigungen. Grafikdesignerinnen 1880 bis heute. Jovis Verlag, Berlin 2023, ISBN 978-3-86859-773-8, S. 315–316.
  • Zeichnung von Kelmscott Manor by Miss May Morris. In: Charles Rowley: Fifty years of work without wages: (laborare est orare). 2. Auflage. Hodder and Stoughton, 1912, S. 134; Textarchiv – Internet Archive.
  • Jan Marsh: Morris, Mary [May] (1862–1938). In: Henry Colin Gray Matthew, Brian Harrison (Hrsg.): Oxford Dictionary of National Biography, from the earliest times to the year 2000 (ODNB). Oxford University Press, Oxford 2004, ISBN 0-19-861411-X; doi:10.1093/ref:odnb/37787 (Lizenz erforderlich), Stand: Oktober 2007.
Commons: May Morris – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. History of Queen Square (Memento des Originals vom 1. November 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.camden.gov.uk
  2. Notting Hill and Ealing High School. nhehs.gdst.net
  3. Frank P. Brown: South Kensington & its art training. Longmans, Greene & Co., London 1912; Textarchiv – Internet Archive.
  4. npg.org.uk
  5. Immogen Hart: On the Arts and Crafts Exhibition Society. branchcollective.org
  6. Ernest Grimson. nationaltrust.org.uk
  7. Pamphlet for the Morris Memorial Hall, Kelmscott. flickr.com, Cheltenham Art Gallery & Museum.