Myrsilos – Wikipedia

Myrsilos (altgriechisch Μύρσιλος Mýrsilos, † um 600 v. Chr.) war ein Tyrann von Mytilene auf Lesbos.

Myrsilos gehörte vermutlich zur mitylenischen Familie der Kleanaktiden und war ein Anhänger, vielleicht Bruder des 612 gestürzten Melanchros.[1] Nach Beendigung der Kampfhandlungen gegen Athen um Sigeion loderten die Zwistigkeiten und Fehden um die politische Macht in Mytilene wieder auf.[2] Myrsilos kehrte aus der Verbannung zurück und machte sich um 610 zum Tyrannen. Nachdem ein geplanter Anschlag verraten wurde,[3] sahen sich seine Gegenspieler unter der Führung des Pittakos und des Alkaios und dessen Brüder gezwungen, ins Exil nach Pyrrha zu gehen. Doch arrangierte sich Pittakos mit dem Machthaber, so dass er dorthin zurückkehren konnte.[4] „Nach dem Treuebruch des Pittakos versuchte die adlige Opposition um Alkaios und Antimenidas allem Anschein nach gegen Mytilene zu marschieren und lieferte sich mit den Speerträgern des Myrsilos einen aussichtslosen Kampf. Der Tyrann aber saß fest und sicher in Mytilene.“[5]

Als Myrsilos um 600 den Tod fand – ob bei einem Attentat oder auf natürliche Weise, ist nicht zu klären – frohlockte Alkaios: „Jetzt her den Wein, jetzt heißt es, wüst getrunken, Denn Myrsilos ist heut’ ins Grab gesunken!“ Marion Giebel urteilt allerdings: „Ein finsterer, blutiger Tyrann scheint Myrsilos nicht gewesen zu sein, auch wenn ihn die Schmähverse des Alkaios so darstellen.“[6]

Einzelnachweise

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  1. Wilhelm Schmid: Die griechische Literatur vor der attischen Hegemonie (= Handbuch der Altertumswissenschaft. 7. Abteilung, 1. Band). C. H. Beck, München 1929, S. 412; Max Treu: Alkaios. Griechisch und deutsch. 3. Auflage. Heimeran, München 1980, S. 108, Anm. 23; Helmut Berve: Die Tyrannis bei den Griechen. Band 1. C. H. Beck, München 1967, S. 92.
  2. Viktor Steffen: Die politische Krise in Mytilene in der Zeit des Dichters Alkaios. In: Oktawiusz Jurewicz, Heinrich Kuch (Hrsg.): Die Krise der griechischen Polis. Görlitzer Eirene-Tagung 1967. Akademie-Verlag, Berlin 1969, S. 8.
  3. Marion Giebel: Sappho in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1980, S. 33 und 143.
  4. Karl-Wilhelm Welwei: Griechische Geschichte. Von den Anfängen bis zum Beginn des Hellenismus. Schöningh, Paderborn u. a. 2011, S. 113.
  5. Loretana de Libero: Die archaische Tyrannis. Steiner, Stuttgart 1996, S. 318.
  6. Marion Giebel: Sappho in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1980, S. 35.