Neurogene Blase – Wikipedia
Klassifikation nach ICD-10 | |
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N31.9 | Neuromuskuläre Dysfunktion der Harnblase, nicht näher bezeichnet |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Neurogene Blase bezeichnet eine Sonderform der Blasenentleerungsstörung aufgrund einer Störung der Nervenversorgung (neurogen) der Harnblase und/oder des Zusammenspiels von Muskelkontraktion der Blasenwand und Erschlaffung des Blasensphinkters. In der Regel liegt eine Rückenmarksschädigung, seltener eine Schädigung des Nervengeflechtes vor dem Kreuzbein (Plexus lumbosacralis) zugrunde.
Verbreitung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Angeboren findet sich die Erkrankung z. B. bei Meningomyelozelen.
Die Häufigkeit erworbener neurogener Harnblasenstörung nimmt mit dem Alter zu, bei Frauen stärker als bei Männern.[1]
Pathologie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Je nach Ort der zugrundeliegenden Schädigung kann unterschieden werden:[1]
- oberhalb des Hirnstammes:
- Überaktivität des Detrusors
- Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie
- erhaltene Kontrolle über die Entleerung
- unterhalb von Th6:
- akut: spinaler Schock und Atonie
- Hyperreflexie mit Detrusor-Sphinkterdyssynergie
- oberhalb Th6 zusätzlich Sphinkterdyssynergie
- Kreuzbein oder Plexus lumbosacralis:
- Verminderte Aktivität des Detrusors
- erhöhtes Blasenvolumen
- variable Restaktivität des Sphinkters ohne Dyssynergie
Ursachen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Als Ursache kommen alle Erkrankungen infrage, die die motorische und sensorische Nervenversorgung von Blase und Schließmuskel betreffen.
- Fehlbildungen am Rückenmark wie Neuralrohrdefekte, Syringomyelie, Kaudales Regressionssyndrom
- Rückenmarksverletzung
- Bandscheibenvorfall
- Poliomyelitis
- Hirntumoren
- Erkrankung des Peripheren Nervensystems z. B. bei Diabetes mellitus, Alkoholismus oder Vitamin B12 Mangel
- Neoplasien wie Neuroblastom oder Steißbeinteratom
- als Komplikation nach Operationen wie Analatresie, Verschluss einer Spina bifida
Klinische Erscheinungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Für Patient und Pflege relevant ist die Kontinenz, zur Vermeidung von Komplikationen wesentlich ist eine Unterscheidung in
- erhöhten Blasendruck mit der Gefahr eines vesikorenalen Refluxes bei Ausbildung einer Balkenblase
- schlaffer Sphinkter mit Harnträufeln
- schlaffe Harnblase (Überlaufblase) mit Risiko rezidivierender Harnwegsinfekte
Diagnose
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ein wichtiges Zeichen in der Bildgebung ist die Blasenwandverdickung, insbesondere eine Trabekulierung (unregelmäßige Zähnelung) der Wand. Zur weiteren Abklärung stehen sonografische Restharnbestimmung, Urodynamische Untersuchungen, MCU zur Verfügung.[2]
Differentialdiagnose
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Abzugrenzen sind: Überaktive Blase, Dysfunktionale Miktion, Benigne Prostatahyperplasie, Harnblasentumoren, Harnblasensteine, Infektionen wie akute Zystitis.
Therapie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Behandlung besteht in täglich mehrfacher Entleerung der Harnblase mit einem Einmalkatheter, um Komplikationen wie Nierenschädigung durch Reflux und Harnwegsinfekte zu vermeiden. Auch eine Botox-Injektion stellt zumindest für einen Teil der Patienten eine mögliche Therapie dar.[1]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- W. Schuster, D. Färber (Hrsg.): Kinderradiologie. Bildgebende Diagnostik. Band 2. Springer, 1996, ISBN 3-540-60224-0, S. 706.
- A. Sigel, R.-H. Ringert (Hrsg.): Kinderurologie. Springer 2001, ISBN 978-3-662-08081-8 (Print), ISBN 978-3-662-08080-1 (Online), S. 172.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c D. Manski: Neurogene Inkontinenz. Urologielehrbuch.de
- ↑ D. Manski: Urodynamik. Urologielehrbuch.de