Nieuport IV – Wikipedia

Nieuport Nie. IV
Typ Aufklärungsflugzeug
Entwurfsland

Frankreich Frankreich

Hersteller Societé Anonyme des Établissements Nieuport
Erstflug Juli 1911
Indienststellung 1911–1914
Produktionszeit

1911–1914

Stückzahl mehrere hundert (mit Lizenzbauten)

Die Nieuport IV war einer der ersten großen kommerziellen Erfolge der französischen Flugzeugfirma Societé Anonyme des Établissements Nieuport. Im Ersten Weltkrieg wurde sie von mehreren Luftstreitkräften vor allem als Aufklärungsflugzeug eingesetzt.

Die Nieuport IV war die vierte Flugzeugkonstruktion des französischen Luftfahrtpioniers und Unternehmers Édouard de Nieuport. Es handelte sich wie auch bei den Vorgängermodellen um einen Eindecker mit Verwindungssteuerung, der sowohl für den zivilen als auch in drei Varianten für den militärischen Einsatz gebaut wurde. Das Flugzeug war zunächst als Einsitzer entworfen, jedoch wurde Rücken an Rücken mit dem Piloten ein Sitz für einen Beobachter eingebaut. Beide Sitze wurden ungeachtet möglicher Unfallgefahren direkt auf dem runden Treibstofftank platziert. Auch experimentierte man mit einer MG-Bewaffnung, wobei die Waffe auf einem pultartigen Gestell angebracht nach vorn über den Propeller schoss. Auch eine gepanzerte Version wurde 1913 erprobt.

Die meistgefertigten Varianten waren

  • die IV.G mit Gnôme-Umlaufmotoren zwischen 50 und 100 PS
  • die IV.H oder “Hydro” auf Schwimmern
  • die IV.M “Militaire” mit Gnôme-Motoren zwischen 70 und 100 PS, zerlegbar für den Transport per LKW

Nach dem Tod seines Bruders Charles bei einer Bruchlandung konzentrierte sich Edouard de Nieuport vor allem auf die Verbesserung der Nieuport IV. Dabei sicherten die Erlöse der Lizenzfertigungen aus Italien und Russland bis 1914 die Existenz seiner Firma, bis im Januar 1914 Gustave Delage in die Firma eintrat und Nieuport die Konstruktion von Eindeckern zugunsten der neuartigen Eineinhalbdecker aufgab.

Die Nieuport IV wurde der Aéronautique Militaire beim “Concours Militaire”, den 1911 in Reims abgehaltenen Testflügen für Militärflugzeuge erstmals vorgestellt und gewann den mit 100.000 Francs ausgesetzten Wettbewerb. Das französische Militär orderte daraufhin neben dem Siegerflugzeug zehn weitere Maschinen, die von der Escadrille N.12 eingesetzt wurden. Im gleichen Jahr erreichte Edouard de Nieuport über Châlons-sur-Marne die Rekordgeschwindigkeit von über 133 km/h, der Flieger Gobé stellte mit 740 km einen neuen Distanzrekord auf. Offiziere der französischen Marine flogen 1913 erstmals von St. Raphael nach Ajaccio auf Korsika und zurück, eine damals Aufsehen erregende Leistung. Dort startete auch Flugpionier Georges Legagneux zu einem Höhenflugrekord von 6.120 m. Ende 1913 überführte der Pilot Marc Bonnier eine Nieuport IV mit einem Passagier an Bord in siebenwöchigen Langstreckenflug von Villacoublay nach Kairo.

Russland
Die Firma Dux baute in Moskau auf Lizenz 300 Maschinen der „Nieuport mit Löffel“ – wie sie humorvoll von den russischen Fliegern wegen ihres Gleitski am Fahrgestell genannt wurde, der als Landehilfe angebracht wurde.[1] Die Kaiserliche Luftflotte setzte die Flugzeuge bis 1916 an der Front ein, und teilweise wurden sie noch bis in die zwanziger Jahre hinein als Trainingsflugzeuge verwendet. Besonders bekannt wurde der russische Pilot Pjotr Nikolajewitsch Nesterow, der mit einer Nieuport IV erstmals einen Looping durchführte, dafür allerdings aufgrund seiner Waghalsigkeit wegen der Gefährdung von Wehrmaterial dienstlich gemaßregelt wurde.
Italien
Auch die italienischen Luftstreitkräfte führten 1911 einen Flugwettbewerb durch und bestellten daraufhin mehrere Nieuport IV.G, drei kamen kurz darauf erstmals in Nordafrika im Italienisch-Türkischen Krieg im Gefecht zum Einsatz. Als Capitano Moizo vom Battaglione Specialisti am 23. Oktober 1911 zu einem Aufklärungsflug über Libyen startete, war das der erste Kriegseinsatz eines Flugzeuges überhaupt. Zwei Tage später musste Moizo allerdings nach einem Treffer im Motor notlanden und geriet in türkische Gefangenschaft, aus der er im November entlassen wurde. Die italienische Armee führte mit dem Flugzeug ebenfalls Versuche zur Bewaffnung mit MG durch und ließ die Nachfolgeversion Nieuport VI von Fratelli Macchi in Varese in Lizenz nachbauen.
Griechenland
Die griechische Armee setzte im Balkankrieg 1912 eine Nieuport IV ein. Es handelte sich um die „Alkyon“, die Privatmaschine des ersten griechischen Fliegers Emmanuel Argyropoulos.
Schweden
1912 bestellte die schwedische Armee ein Flugzeug einem Gnôme-Motor mit 50 PS, das jedoch später auf einen 70-PS-Motor umgerüstet wurde und die Bezeichnung „M 1“ (Monoplane No. 1) erhielt. 1913 ließen die schwedischen Militärbehörden eine Kopie dieses Flugzeugs (M 2) mit 80-PS-Motor anfertigen. Die schwedische Marine beschaffte eine IV.H. Im Winter 1914 unternahm die schwedische Armee mit der M 1 Versuche mit Skifahrgestell auf dem gefrorenen Storsjön-See in Jämtland. Das Flugzeug ist heute im Luftwaffenmuseum in Malmslätt ausgestellt.[2]
Großbritannien
Die britische Marine kaufte zwölf Nieuport IV und rüstete sie mit Schwimmern als Wasserflugzeug aus; 1913 verkauften die Luftfahrtpioniere Claude Grahame-White und Charles Rumney Samson ihre privaten IV.G an das Air Battalion Royal Engineers, den Vorläufer des Royal Flying Corps, das bereits fünf Flugzeuge erworben hatte. Die Flieger Loraine und Wilson kamen als erste britische Militärpiloten auf dem Flugzeug mit der Nummer 253 bei einem Flugunfall ums Leben.[3]
Japan
Die japanische Fliegertruppe beschaffte zwei Nieuport IV, eine IV.G und eine IV.M und setzte sie 1914/1915 zu Bomben- und Aufklärungsflügen bei der Belagerung von Tsingtau ein.
Königreich Siam
Kaufte vier Nieuports als Schulflugzeuge ein.
Spanien
Verwendete acht Schulflugzeuge, die bis 1917 im Einsatz blieben.
Argentinien
Beschaffte ein Flugzeug für die Ausbildung von Militärpiloten.
Rumänien
Das königlich-rumänische Fliegerkorps verfügte bei seiner Gründung 1913 ebenfalls über Nieuport IV und setzte sie im Balkankrieg 1913 ein.
USA
In den USA flog mindestens eine Nieuport IV.

Einsatz im Ersten Weltkrieg

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Bei Kriegsbeginn wurde die Nieuport IV vor allem durch die französische und die russische Fliegertruppe eingesetzt, war allerdings zu diesem Zeitpunkt bereits veraltet. Insbesondere die Hochdecker des Nieuport-Konkurrenten Morane-Saulnier boten im Aufklärungseinsatz uneingeschränkte Sicht für die Besatzung für die Geländeerkundung.

Bedeutsam war auch der Einsatz einer Nieuport IV der ägyptischen Hafenbehörden, die 1914/1915 vom Suezkanal aus Aufklärungseinsätze gegen die über den Sinai anrückende Osmanische Armee führte.

Die Nieuport IV im Leistungsvergleich (ca. Herbst 1914)

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Name Land Motorleistung max. Geschwindigkeit Startmasse MG Gipfelhöhe
Nieuport IV Frankreich Frankreich 50 PS 90 km/h 600 kg 0–1 2000 m
Morane-Saulnier L Frankreich Frankreich 80 PS 123 km/h 480 kg 0–1 4700 m
Blériot XI-2 Frankreich Frankreich 70 PS 106 km/h 585 kg 0 … m
Esnault-Pelterie R.E.P. N Frankreich Frankreich 80 PS 116 km/h … kg 0 … m
Sopwith Tabloid Vereinigtes Konigreich 1801 Vereinigtes Königreich 100 PS 148 km/h 481 kg 0–1 2000 m
Pfalz A.I Deutsches Reich Deutsches Reich 80 PS 135 km/h 615 kg 0 … m
Etrich Taube Österreich-Ungarn 100 PS 100 km/h 850 kg 0 2000 m

Technische Daten

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Dreiseitenriss der Nieuport IV.G
Kenngröße Daten
Besatzung 1–2
Länge 7,50 m
Spannweite 11,50 m
Höhe 2,45 m
Flügelfläche 23,50 m²
Flügelstreckung 5,6
Leermasse 325 kg
Startmasse 600 kg
Flächenbelastung 25,60 kp/m²
Triebwerk ein luftgekühlter Umlaufmotor Gnome, Startleistung 50 PS (37 kW)
Leistungsbelastung 12,00 kg/PS
Höchstgeschwindigkeit 90 km/h in Bodennähe
Steigzeit auf 1000 m 10 min
Flugdauer 6 h
Bewaffnung Handwaffen
  • Kenneth Munson: Pionierzeit. Flugzeuge der Zeit 1903–1914. Orell Füssli Verlag, Zürich 1969, S. 70/71, 157ff.
  • Heinz Nowarra: Die Entwicklung der Flugzeuge 1914–1918. Lehmanns, München 1959.
Commons: Nieuport IV – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • [4] – aufgerufen am 11. Januar 2013
  • [5] – aufgerufen am 2. Februar 2013

Einzelnachweise

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  1. [1] aufgerufen am 2. Februar 2013
  2. [2] – aufgerufen am 2. Februar 2013
  3. [3] – aufgerufen am 2. Februar 2013