Norbert Gansel – Wikipedia
Norbert Tronje Gansel (* 5. August 1940 in Kiel) ist ein deutscher Politiker (SPD) und war von 1997 bis 2003 Oberbürgermeister der Stadt Kiel.
Leben und Beruf
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach dem Abitur an der Hebbelschule leistete Gansel von 1960 bis 1962 den Wehrdienst bei der Bundesmarine ab, aus dem er als Leutnant zur See d. R. ausschied. Danach begann er in Kiel ein Studium der Geschichte, der Politikwissenschaft sowie der Rechts- und Staatswissenschaften, welches er 1969 mit dem ersten und 1973 mit dem zweiten juristischen Staatsexamen beendete. Während seines Studiums war er von 1963 bis 1966 wissenschaftlicher Mitarbeiter und Stipendiat der Friedrich-Ebert-Stiftung.
Norbert Gansel ist verheiratet und hat eine Tochter.
Partei
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Seit 1965 ist Gansel Mitglied der SPD. Von 1969 bis 1970 war er stellvertretender Bundesvorsitzender der Jusos. Seit 1969 war er Mitglied im Parteirat der SPD, von 1986 bis 1991 als dessen Vorsitzender. Ab 1991 war er außerdem Mitglied im Parteivorstand der SPD, wurde jedoch auf dem Parteitag 1995 nicht wieder gewählt.[1]
Abgeordneter
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Von 1972 bis 1997 war Gansel Mitglied des Deutschen Bundestages. Hier war er von Januar bis Dezember 1991 Mitglied des Vorstandes der SPD-Bundestagsfraktion an und gleichzeitig Vorsitzender des Fraktionsarbeitskreises Außen- und Sicherheitspolitik. Von 1994 bis 1997 war Gansel stellvertretender Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses.
Von 1983 bis 1987 war er Sprecher der SPD in der Nordatlantischen Versammlung und der Versammlung der Westeuropäischen Union (WEU).
Gansel hatte keine Nebenjobs und er nahm keine Spenden von Firmen oder Verbänden an und veröffentlichte seine Einkünfte und deren Herkunft auf seiner Homepage. Um den Kontakt zur beruflichen Realität nicht zu verlieren, machte er einmal im Jahr ein „Praktikum“ bei einer Werft, bei der Post oder im Bergwerk.
Norbert Gansel ist stets als direkt gewählter Abgeordneter des Bundestagswahlkreises Kiel in den Bundestag eingezogen.
Öffentliche Ämter
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Von 1997 bis 2003 war er der erste direkt gewählte Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Kiel nach dem Zweiten Weltkrieg. In seine Amtszeit fiel etwa der Bau der Hörnbrücke, die den Stadtteil Gaarden-Ost über die Kieler Förde mit dem Bahnhofsvorplatz verbindet, und die Verkäufe der Stadtwerke, der Ostseehalle und der Kieler Wohnungsbaugesellschaft (KWG)[2].
Lehrtätigkeit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zwischen 2004 und 2009 versah Norbert Gansel einen Lehrauftrag am Institut für Politische Wissenschaft (jetzt Institut für Sozialwissenschaften) der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Im Juli 2012 wurde dort der „Große Hörsaal“ in der „Alten Mensa“ nach ihm benannt.
Einsatz für Abschaffung von geheimer Wahl der Regierungschefs
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nicht nur die finanziellen Verhältnisse eines Abgeordneten sollten für Gansel transparent sein, sondern auch seine Stimmabgabe bei der Wahl der Regierungschefs in Bund und Ländern. Aus Anlass der mysteriösen Wahl von Ernst Albrecht zum Ministerpräsidenten von Niedersachsen 1976 forderte Gansel mit Nachdruck, dass solche Abstimmungen nicht geheim sein dürften. Auch in Bezug auf das Bonner Misstrauensvotum von 1972, das über dunkle Kanäle von der Stasi entschieden worden war, wie sich erst viele Jahre später (ab 2000) zeigte, schrieb Gansel: „Was Bonn [1972] durchgemacht hat, wird heute [1976] in Hannover durchlitten: die Spekulation auf Überläufer, der Triumph der Feigheit im Parlament, die große Stunde der Denunzianten in den Fraktionen, der provozierte Bruch in der Koalition, die drohende Regierungsunfähigkeit.“[3] 1994 wiederholte Gansel seine Forderung.[4] Von Seiten der Politikwissenschaft wurde sie von Theodor Eschenburg 1976 (nach historischer Abwägung)[5] und von Frank Decker 2009 (als zwingend notwendig) zustimmend aufgegriffen.[6]
Publikationen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Norbert Gansel (Hrsg.): Überwindet den Kapitalismus oder Was wollen die Jungsozialisten? Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1971, ISBN 3-499-11499-2.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Norbert Gansel: Politische Praxis und Politische Wissenschaft. Persönliche Anmerkungen. In: Wilhelm Knelangen, Tine Stein (Hg.): Kontinuität und Kontroverse. Die Geschichte der Politikwissenschaft an der Universität Kiel. Klartext Verlag, Essen 2013, S. 67–92, ISBN 978-3-8375-0763-8
- Volker Sponholz: Die tollkühnen Abenteuer von Norbert Gans. Aufgezeichnet von Volker Sponholz. Schmidt und Klaunig, Kiel 2003, ISBN 3-88312-249-1 (=Comic über Gansel; die dazugehörige Ausstellung „Die Tollkühnen Abenteuer von Norbert Gans“ wurde vom 7. November 2003 bis zum 11. Januar 2004 in den Räumen des Kieler Stadtmuseums Warleberger Hof gezeigt).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Biographie beim Deutschen Bundestag
- Literatur von und über Norbert Gansel im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Susanne Gaschke: Schafft es der Moralist? In: Die Zeit 21/1996. 17. Mai 1996, abgerufen am 23. Dezember 2015.
- ↑ NDR: Wie Kiel 11.000 Wohnungen an einen Investor verkaufte. Abgerufen am 12. Juli 2019.
- ↑ Norbert Gansel: Schluss mit der Geheimniskrämerei. In: Stern (1976) 5, 22. Januar 1976, S. 20.
- ↑ Norbert Gansel: Sechs Anmerkungen zur morgigen Kanzlerwahl. Ein Plädoyer gegen verdeckte Stimmzettel und für offene Kontroversen. In: Sozialdemokratischer Pressedienst 49 (1994) 217, 14. November 1994, S. 1f.
- ↑ Theodor Eschenburg: Nur noch ein alter Zopf? Nach den Erfahrungen im Landtag von Niedersachsen. Die „verdeckten Stimmzettel“ könnten offengelegt werden. In: Die Zeit 13. Februar 1976. online
- ↑ Frank Decker: Schafft die Geheimwahl ab! In: Berliner Republik, 11 (2009) 6 online, und in: Die Zeit 4. November 2009 online.
Personendaten | |
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NAME | Gansel, Norbert |
ALTERNATIVNAMEN | Gansel, Norbert Tronje |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Politiker (SPD), MdB, Bürgermeister von Kiel |
GEBURTSDATUM | 5. August 1940 |
GEBURTSORT | Kiel |