Nowy Tomyśl – Wikipedia

Nowy Tomyśl
Wappen von Nowy Tomyśl
Nowy Tomyśl (Polen)
Nowy Tomyśl (Polen)
Nowy Tomyśl
Basisdaten
Staat: Polen

Woiwodschaft: Großpolen
Powiat: Nowotomyski
Gmina: Nowy Tomyśl
Fläche: 5,2 km²
Geographische Lage: 52° 19′ N, 16° 8′ OKoordinaten: 52° 19′ 0″ N, 16° 8′ 0″ O

Höhe: 70 m n.p.m.
Einwohner: 14.319 (31. Dezember 2020)
Postleitzahl: 64-300, 64-301
Telefonvorwahl: (+48) 61
Kfz-Kennzeichen: PNT
Wirtschaft und Verkehr
Straße: A2
Eisenbahn: Berlin–Warschau
Nächster int. Flughafen: Posen

Nowy Tomyśl (deutsch bis 1875 Neutomysl, danach Neutomischel) ist die Kreisstadt des Powiat Nowotomyski der Woiwodschaft Großpolen in Polen. Mit den 18 umliegenden Dörfern bildet sie die gleichnamige Stadt-und-Land-Gemeinde mit etwa 27.000 Einwohnern.

Geographische Lage

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Die Stadt liegt etwa 60 Kilometer westlich der Stadt Posen und 40 Kilometer Luftlinie südöstlich der Stadt Międzyrzecz (Meseritz).

Archäologische Funde deuten auf eine Besiedlung der Region schon vor 11.000 Jahren hin.

Im 18. Jahrhundert wurde die damals sehr waldreiche Grafschaft von hauländischen Kolonisten besiedelt. Siedler konnten vom Grafen Feliks Szołdrski zu günstigen Konditionen Waldflächen an den Flüssen Dojca, Czarna Woda (Schwarzwasser) und Szarka erwerben, um diese urbar zu machen. Von dieser Möglichkeit machten auch Polen sowie aus Brandenburg, Schlesien und Pommern kommende Deutsche Gebrauch.

Die eigentliche Stadtgeschichte Neutomischels beginnt etwa 1780. Um diese Zeit kamen Scharen evangelischer Einwanderer aus Brandenburg ins damals noch polnische Dorf Tomysl, die ihre Heimat aufgrund der dort angewandten rigiden Rekrutierungsmaßnahmen verlassen hatten.[1] Sie wurden unter anderem im Hopfenanbau eingesetzt, der um diese Zeit in der Grafschaft zu florieren begann.[1] Für diese zumeist protestantischen deutschen Siedler wurde 1778/79 mit Unterstützung Szołdrskis, der selbst Katholik war,[2] eine Kirche errichtet. Szołdrski sorgte auch dafür, dass um die Kirche herum eine Stadt als Zentrum für die umliegenden Siedlungen entstand. Am 8. April 1786 erhielt die neue Ortschaft, die zunächst Neu-Tomysl hieß, das Stadtrecht; das Dorf Tomysl wurde in Alt-Tomysl (Stary Tomyśl) umbenannt.

Schloss Alt Tomysl um 1860, Sammlung Alexander Duncker

Am 14. November 1804 wurden in Neu-Tomysl durch eine Feuersbrunst, die abends gegen 23 Uhr ausgebrochen war, siebzehn Wohngebäude und zwei mit Getreide gefüllte Scheunen vernichtet, wovon dreißig Familien betroffen waren.[3]

Mit der Teilung Polens 1793 kam die Stadt an Preußen. Unter dem Einfluss Napoleons gehörte die Stadt von 1807 bis 1815 zum Herzogtum Warschau. Als Ergebnis des Wiener Kongresses fiel sie wieder an Preußen, 1848 wurde sie Kreisstadt. Bei der Volkszählung 1905 waren 92 % der Bevölkerung von Neutomischel deutschsprachig.[4]

Nach dem Ersten Weltkrieg brachten am 3. Januar 1919 rund dreihundert mit Gewehren, Maschinengewehren und Handgranaten bewaffnete polnische Milizionäre die Stadt in ihre Gewalt und besetzten die öffentlichen Gebäude.[5] Im Rahmen des Versailler Vertrags wurde so die Stadt nach etwa 125 Jahren wieder polnisch. Sie war bis zu diesem Zeitpunkt Verwaltungssitz des Kreises Neutomischel in der preußischen Provinz Posen gewesen.

In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg ging der Anteil der deutschen Bevölkerung im Powiat Nowotomyski deutlich zurück und die deutsche Bevölkerung war Repressalien ausgesetzt.[6] So weigerte sich beispielsweise 1937 die polnische Behörde, ein in Neutomischel neuerbautes Privatschulhaus in Betrieb nehmen zu lassen, weshalb 57 deutsche Eltern in den Schulstreik traten.[7][8] Umgekehrt hatte nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht 1939 die polnische Bevölkerung unter der Germanisierungspolitik während des Zweiten Weltkrieges zu leiden; nicht wenige Einwohner wurden zu Zwangsarbeit verpflichtet.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs besetzte am 27. Januar 1945 die Rote Armee die Stadt. Die verbliebene deutsche Bevölkerung wurde in der Folgezeit von der örtlichen polnischen Verwaltungsbehörde vertrieben.

Einwohnerzahlen

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  • 1800: 430, in 60 Wohnhäusern (davon eines mit Ziegeldach), vorwiegend Evangelische, keine Juden[2]
  • 1805: 435 Deutsche, in 65 Häusern[9]
  • 1816: 597[10]
  • 1837: 748[2]
  • 1861: 1188[2]
  • 1885: 1801, darunter 302 Katholiken und 171 Juden[11]
  • 1905: 1985, hauptsächlich Protestanten sowie 359 Katholiken und 113 Juden (1.823 Deutsche, 162 Polen)[4]

Das Wappen Nowy Tomyśls stellt ein gelbes hölzernes Boot auf rotem Grund dar.

Städtepartnerschaften

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Mit dem brandenburgischen Amt Biesenthal-Barnim wurde am 13. Dezember 1999 nach mehreren Treffen ein Partnerschaftsvertrag über gegenseitige kommunale Zusammenarbeit unterzeichnet.[12][13]

Mit der deutschen Stadt Goch (Niederrhein) besteht seit dem 15. März 1997 eine Partnerschaft, die 1994 initiiert wurde.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

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  • Museum für Korbmacherei und Hopfenanbau

Mehrere Bauwerke aus der Anfangszeit der Stadt sowie aus dem 19. Jahrhundert sind erhalten geblieben, wie die 1778 errichtete, bis 1945 evangelische, danach katholische Herz-Jesu-Kirche, die 1895 für Katholiken errichtete Kirche der Muttergottes der unablässigen Hilfe, das Rathaus (1879), die Mühle (1885) und der Wasserturm.

Während der Zeit der holländischen Besiedlung entstanden die umliegenden Dörfer als Streusiedlungen, mehrere Gehöfte aus dieser Zeit sind erhalten geblieben.

Seit 2012 stehen in Nowy Tomyśl die höchsten Windkraftanlagen der Welt.

1972 wurde im Südosten der Stadt ein 34 ha großer Erholungspark angelegt. Etwa 10 % davon nimmt der 1974 eingerichtete zoologische Garten ein. Er beherbergt exotische und geschützte Tierarten, der Eintritt war bis Ende des Jahres 2014 kostenlos.

Einige deutsche Unternehmen wie z. B. B. Braun Melsungen AG und Phoenix Contact haben in Nowy Tomyśl ihre Produktionswerke.

Die Stadt-und-Land-Gemeinde (gmina miejsko-wiejska) umfasst neben dem Hauptort Nowy Tomyśl 18 Dörfer mit Schulzenämtern.

Söhne und Töchter der Stadt

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  • Heinrich Wuttke: Städtebuch des Landes Posen. Codex diplomaticus: Allgemeine Geschichte der Städte im Lande Posen. Geschichtliche Nachrichten von 149 einzelnen Städten. Leipzig 1864, S. 385.
  • Arno Kraft: … und dazwischen Neutomischel. Eigenverlag Arno Kraft, Berlin 1998, ISBN 3-00-002419-0.
Commons: Nowy Tomyśl – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  1. a b E. Helwing: Ueber den Hopfenbau im preussischen Staate. In: Zeitschrift des Königl. Preußischen Statistischen Bureaus Nr. 2, Berlin, Dezember 1860, S. 82–84, insbesondere S. 83, rechte Spalte ff.
  2. a b c d Heinrich Wuttke: Städtebuch des Landes Posen. Codex diplomaticus: Allgemeine Geschichte der Städte im Lande Posen. Geschichtliche Nachrichten von 149 einzelnen Städten. Leipzig 1864, S. 385.
  3. Preußisch-Brandenburgische Miszellen. Jahrgang 1804, Band 1, Berlin 1804, S. 134.
  4. a b Gemeindelexikon für die Provinz Posen. Auf Grund der Materialien der Volkszählung vom 1. Dezember 1905 und anderer amtlicher Quellen bearbeitet vom Königlich Preußischen Statistischen Landesamte. In: Königliches Preußisches Statistisches Landesamt (Hrsg.): Gemeindelexikon für das Königreich Preußen. Heft V, 1908, DNB 365941719, ZDB-ID 1046036-6, S. 102 f. (Digitalisat).
  5. Paul Paetzold: Wie Neutomischel polnisch wurde. Aus den Schicksalstagen Posens 1918/19. Berlin 1928.
  6. Rudolf Jaworski, Marian Wojciechowski et al.: Deutsche und Polen zwischen den Kriegen. K. G. Saur, Berlin/Boston, 2013. S. 6. doi:10.1515/9783110976694
  7. Albert S. Kotowski: Polens Politik gegenüber seiner deutschen Minderheit 1919–1939. Harrassowitz, Wiesbaden 1998, ISBN 3-447-03997-3, S. 291.
  8. Ingo Eser: »Volk, Staat, Gott!«. Die deutsche Minderheit in Polen und ihr Schulwesen 1918–1939. Harrassowitz, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-447-06233-6, S 626–627.
  9. Wolfgang Jäger: Geographisch-Historisch–Statistisches Zeitungs-Lexikon. Band 2: J – Q, Nürnberg 1808, S. 429.
  10. Alexander August Mützell: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des Preussischen Staats. Band 5: T – Z, Halle 1823, S. 28, Nr.1007.
  11. Michael Rademacher: Landkreis Neutomischel. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  12. Biesenthal. In: Website von Nowy Tomyśl. Abgerufen am 4. April 2013.
  13. Internationale Partnerschaft mit der Gemeinde Nowy Tomyśl. In: Website des Amtes Biesenthal-Barnim. Abgerufen am 4. April 2013.