Offizial – Wikipedia

Offizial ist im katholischen Kirchenrecht die Bezeichnung für den Vorsteher eines Kirchengerichts (Offizialat; vgl. can. 1420 CIC). Eine spezielle Bedeutung hat die Bezeichnung im Bischöflich Münsterschen Offizialat.

Im österreichischen Beamtenrecht dient die Bezeichnung als Amtstitel.

Katholische Kirche

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Offizial nach allgemeinem Kirchenrecht

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Den Gerichtsvikar (lat. vicarius iudicialis) einer Teilkirche nennt man im deutschen Sprachraum meist Offizial. Er ist der Vorsteher eines römisch-katholischen Kirchengerichts (tribunal ecclesiasticum). Als Gerichtsvikar des Bischofs spricht der Offizial in dessen Namen Recht. Gelegentlich wird er auch als Diözesan- bzw. (in Erzbistümern) Metropolitanrichter bezeichnet. Ein Offizial muss Priester sein und über Kenntnisse des kanonischen Rechts verfügen, die in Deutschland durch die Promotion zum Lizentiat (Lic. iur. can.) oder Doktor des kanonischen Rechts (Dr. iur. can.) bzw. durch einen im Fach Kanonisches Recht erworbenen theologischen Doktorgrad (Dr. theol.) nachzuweisen sind.

Hauptaufgaben des Offizials und seiner Behörde in der kirchlichen Rechtspflege sind die Erteilung von Dispensen, die Durchführung von kirchlichen Gerichtsverfahren, vor allem Ehenichtigkeitsprozessen, und die Vorbereitung von Selig- und Heiligsprechungsprozessen.

Dem Offizial als direktem Vertreter des Bischofs oder Erzbischofs sind in der Regel ein Vizeoffizial (can. 1420, § 3 CIC), ein oder mehrere Richter (can. 1421 CIC) sowie ein kirchlicher Notar (can. 1437 CIC) beigeordnet. Offizial und Notar sind praktisch immer hauptamtliche Mitarbeiter. Handelt es sich bei den Richtern um Kirchenbeamte, tragen sie meist die Amtsbezeichnung Offizialatsrat bzw. Offizialatsoberrat (Besoldungsgruppe A13/A14).[1]

Einige Bistümer bilden Offizialatsgemeinschaften (interdiözesane Gerichte). So ist beispielsweise der Offizial des Erzbistums Hamburg gleichzeitig Offizial des Bistums Osnabrück[2], der Offizial des Bistums Münster ist gleichzeitig Offizial des Bistums Reykjavík[3].

Anders als das Amt des Generalvikars erlischt gemäß can. 1420, § 5 CIC das Amt des Offizials nicht mit dem Tod oder Rücktritt des Diözesanbischofs, der neue Bischof muss den Offizial aber bestätigen oder einen neuen Offizial ernennen.

Der Offizial als bischöflicher Administrator

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Bistum Münster bezeichnet man auch den vom Diözesanbischof für den oldenburgischen Teil des Bistums eingesetzten Vertreter (Vikar) als Offizial. Der Offizial, der seit den 1970er Jahren zugleich Weihbischof ist, leitet das Bischöflich Münstersche Offizialat mit Sitz in Vechta.

  • Paul Wirth: Art. Offizial. in: Stephan Haering, Heribert Schmitz (Hrsg.): Lexikon des Kirchenrechts. Freiburg 2004 (=Lexikon für Theologie und Kirche kompakt), Sp. 686f, ISBN 3-451-28522-3.
  • Heinrich Molitor: Der Kompetenzbereich von Generalvikar und Offizial der Erzdiözese Köln während des 17. und 18. Jahrhunderts. Köln 1960.

Offizial/-in bzw. Oberoffizial/-in sind in Österreich Amtstitel für Beamte des Post- und Fernmeldewesens (Verwendungsgruppe PT 8, § 230 BDG 1979) und des Krankenpflegedienstes (Verwendungsgruppe K 6, § 231c BDG 1979). Früher war der Titel auch für Beamte der Allgemeinen Verwaltung und in handwerklicher Verwendung vorgesehen (§ 255 BDG 1979).

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. siehe auch die Stellenpläne in den Haushaltsplänen der Bistümer, z. B. Erzbistum Freiburg: 2010/11 (Offizial A16), 2012/13, 2014/15, 2016/17, 2018/19, 2020/21 (Offizial B3), 2022/23, 2024/25 (Offizial B4)
  2. Offizialat Hamburg/Osnabrück im Webauftritt des Bistums Osnabrück, abgerufen am 10. Juli 2016
  3. The court of the Reykjavík Diocese, abgerufen am 29. Januar 2022