Oleksandra Matwijtschuk – Wikipedia

Oleksandra Matwijtschuk hat langes dunkelblondes Haar und trägt einen blauen Pullover. Der Hintergrund ist blau und sie trägt weiße Perlenohringe.
Oleksandra Matwijtschuk 2022

Oleksandra Wjatscheslawiwna Matwijtschuk (ukrainisch Олександра В’ячеславівна Матвійчук; geboren am 8. Oktober 1983 in Bojarka, Ukrainische SSR) ist eine ukrainische Juristin, Menschenrechtsaktivistin und Vorsitzende des Center for Civil Liberties und Verwaltungsratsmitglied der International Renaissance Foundation. Ihre Arbeit zum Schutz der Menschenrechte konzentriert sich seit 2007 in der Ukraine und in der Region Eurasien. 2016 wurde sie für ihr Engagement mit dem Democracy Defender Award der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa ausgezeichnet.

Matwijtschuk wurde 1983 geboren, als die Ukraine noch Teil der UdSSR war, und hat später den Kampf ihres Landes um seine Unabhängigkeit Ende 1991 miterlebt. Sie hat einen Abschluss in Rechtswissenschaften von der Nationalen Taras-Schewtschenko-Universität in Kiew. Ursprünglich wollte sie Theaterproduzentin werden, entschied sich aber stattdessen für ein Jurastudium zum Schutz der Menschenrechte und um den Ungerechtigkeiten in ihrem Land entgegenzuwirken.[1]

Ab 2007 begann sie für die die Menschenrechtsorganisation Centre for Civil Liberties (CCL) zu arbeiten.[2] Die CCL hat zum Ziel, Menschenrechte, Demokratie und Solidarität zu fördern. Der CCL arbeitet an Gesetzesänderungen, um den demokratischen Wandel des Landes zu unterstützen und der Öffentlichkeit die Kontrolle über die Ermittlungsbehörden und der Justiz zu erleichtern. Außerdem werden Schulungsveranstaltungen für junge Menschen organisiert und Programme zur Förderung der internationalen Solidarität umgesetzt.[1]

Matwijtschuk ist die Gründerin der globalen Initiative Euromaidan SOS, die sich für die Freilassung von illegal inhaftierten Menschen in Russland und den besetzten Gebieten auf der Krim und in der Donbass-Region einsetzt. Die Initiative wurde einen Tag nach der gewaltsamen Niederschlagung der friedlichen Demonstrationen am 29. November 2013 auf dem Unabhängigkeitsplatz Maidan in Kiew gegründet, bei der Matwijtschuk die Ausschreitungen dokumentierte.[3] Während des Euromaidan 2013 entstand die von Matwijtschuk koordinierte Initiative Euromaidan SOS, um bei der Suche nach vermissten Demonstrierenden zu unterstützen.[4]

Schwerpunkt ihrer Arbeit ist die Reformierung des ukrainischen Strafgesetzbuchs. Während des Euromaidans, der russischen Krim-Annexion und der russischen Militärpräsenz in der Ostukraine hat die Initiative verschiedene Menschenrechtsverletzungen wie Entführungen, Tötungen, Vergewaltigungen und Verstümmelungen während der bewaffneten Konflikte dokumentiert.[5][1]

Eine weitere von Matwijtschuk initiierte Kampagne (namens Save Oleg Sentsov) war das Organisieren von Kundgebungen in mehr als 30 Ländern sowie stellen von Forderungen an die Regierungen der Länder, Druck auf Wladimir Putin auszuüben, Sentsov und 34 weitere politische Gefangene frei zu lassen.[6]

Für ihren „exklusiven Beitrag zur Förderung von Demokratie und Menschenrechten“ erhielt Oleksandra Matwijtschuk 2016 den Democracy Defender Award von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).[7] 2017 erhielt sie von der US-Botschaft die Auszeichnung Woman of Courage Award und nahm als erste Frau am ukrainischen Emerging Leaders Programm der Stanford-Universität in den USA teil.[3] Ihre Arbeit spiegelt sich in zahlreichen Berichten über Gewalt gegen friedliche Demonstranten, Gewalt gegen Frauen, politische Häftlinge und über verschiedene Menschenrechtsverletzungen in der Region für verschiedene Gremien der Vereinten Nationen, wie den Europarat, die Europäische Union, die OSZE und den Internationalen Strafgerichtshof wider.[8]

Matwijtschuk kandidierte 2021 für die Ukraine um einen Sitz im UN-Ausschuss gegen Folter.[9]

Die Proteste, die heute als Euromaidan bekannt sind, begannen am 21. November 2013, als sich bis zu 2.000 Demonstranten auf dem Maidan Nezalezhnosti in Kiew versammelten. Mehr als 100 Menschen wurden ermordet, bevor Präsident Janukowitsch am 20. Februar 2014 abgesetzt wurde.[10]

Laut Matwijtschuk Dokumentation waren im Jahr 2020 mehr als 100 Bürger der Ukraine aus politischen Gründen illegal in Russland und auf der besetzten Krim inhaftiert. Mehreren tausend weiteren Menschen wurden grundlos Verbrechen angehängt, um diese zu verhaften. In den Stützpunkten der besetzten Gebiete von Donbass waren 2020 mehr als 200 Ukrainer als Kriegsgefangene und zivile Geiseln unter unmenschlichen Bedingungen illegal inhaftiert.[11]

Im Februar 2022 berichtete Matwijtschuk in einem Interview zum russischen Überfall auf die Ukraine 2022 in der Sunday Times, dass ukrainische Sicherheitsdienste davon ausgehen, dass etwa 300 Menschen in den besetzten Gebieten festgehalten werden. „Wir sind uns des Ausmaßes der Gewalt und der Menschenrechtsverletzungen in dieser Grauzone, in der das Gesetz überhaupt nicht existiert, nicht bewusst. Ich habe persönlich mit Hunderten von Menschen gesprochen, die geschlagen wurden, die vergewaltigt wurden, denen die Finger abgeschnitten wurden.“[12]

„Die Ukraine ist eines der wenigen europäischen Länder, in denen Menschen erschossen wurden, weil sie mit einer EU-Flagge in der Hand für die Werte der Menschenrechte kämpften. Nachdem wir einen hohen Preis gezahlt hatten, haben wir schließlich die EU-Assoziierung unterzeichnet. Und jetzt kämpfen wir nicht nur für eine demokratische Wahl, sondern für das Recht, eine Wahl zu haben. Es ist ein Konflikt der Zivilisationen – zwischen der Demokratie und der totalitären ‚russischen Welt‘. Und die Frage ist nicht nur, was die Ukraine unter diesen Umständen tun sollte. Die Hauptfrage ist, was die demokratischen Länder tun werden, um die europäischen Werte zu schützen.“

Oleksandra Matviichuk[13]

Im Jahr 2015 wurde Matwijtschuk mit dem norwegischen Lindebrække-Preis für Demokratie und Menschenrechte ausgezeichnet. Der Vorsitzende der Jury und ehemalige norwegische Außenminister Jan Petersen begründete die Auswahl: „Es ist wichtig, diejenigen zu unterstützen und zu ehren, die an der Demokratiebewegung in der Ukraine beteiligt waren. Diejenigen, die Tag und Nacht gearbeitet haben, um sich für eine demokratische Entwicklung in der Ukraine einzusetzen – und später die Verbrechen auf dem Maidan zu untersuchen. Der diesjährige Empfänger des Sjur-Lindebrække-Preises für Menschenrechte der Demokratie ist eine solche Stimme.“[14]

Publikationen (Auswahl)

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Herausgeberschaften

  • mit: Sergiy Zayets, Tetiana Pechonchyk, Darya Svyrydova, Olga SkrypnykThe Peninsula of Fear: Chronicle of Occupation and Violation of Human Rights in Crimea. Under the general editorship of O. Skrypnyk and T. Pechonchyk. KBC, Kyiv 2016, ISBN 978-966-2403-11-4; helsinki.org.ua (PDF; englisch)
  • mit Oleksandr Pavlichenko: The Price of Freedom” - Summary of the public report of human rights organizations on crimes against humanity committed during the period of Euromaidan. 2015, ISBN 978-966-2717-13-6. issuu.com (englisch)

Beiträge

  • Ukraine zwischen Angst und Hoffnung: ... und abends mit den Kindern Krieg üben[21]
  • ’28 hostages of the Kremlin’: main violations and prospects for the release (2016)[22]
Commons: Oleksandra Matviichuk – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. a b c #FEMALEFORWARDINTERNATIONAL: Der schwierige Kampf für eine bessere Ukraine. Abgerufen am 24. Februar 2022.
  2. … und abends mit den Kindern Krieg üben. In: Der Tagesspiegel Online. 15. Februar 2022, abgerufen am 24. Februar 2022.
  3. a b Remarks by Ambassador Yovanovitch at the "Honoring Ukrainian Women of Courage" Event. 31. März 2017, abgerufen am 24. Februar 2022 (amerikanisches Englisch).
  4. Die „Isolation“ – das schlimmste Foltergefängnis in der Ostukraine. Abgerufen am 24. Februar 2022.
  5. Oleksandra Matviichuk. CivilMPlus, 26. April 2018, abgerufen am 24. Februar 2022 (amerikanisches Englisch).
  6. Christian Esch: (S+) »Es geht um Menschen, die sich dem gemeinsamen Bösen entgegengestellt haben« - Friedensnobelpreisträgerin Oleksandra Matwijtschuk. In: Der Spiegel. 7. Oktober 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 7. Oktober 2022]).
  7. Ukrainian Activist Oleksandra Matviychuk Receives Democracy Defender Award. 24. Februar 2016, abgerufen am 24. Februar 2022 (amerikanisches Englisch).
  8. Oleksandra Matviichuk. In: ukraineverstehen.de. Abgerufen am 24. Februar 2022.
  9. 18th Meeting of States parties - Elections 2021. OHCHR, abgerufen am 24. Februar 2022.
  10. Awarded for human rights efforts in Ukraine. In: Human Rights House Foundation. 24. April 2015, abgerufen am 24. Februar 2022 (amerikanisches Englisch).
  11. Die Stimme der Kreml-Gefangenen: verbessern, um zu retten. Abgerufen am 24. Februar 2022.
  12. Louise Callaghan: Mum left for occupied Donbas never to return. In: Sunday Times. London 13. Februar 2022.
  13. Awarded for human rights efforts in Ukraine. In: humanrightshouse.org. Abgerufen am 24. Februar 2022 (englisch).
  14. Awarded for human rights efforts in Ukraine. In: Human Rights House Foundation. 24. April 2015, abgerufen am 24. Februar 2022 (amerikanisches Englisch).
  15. Vasyl Stus Prize. In: PEN Ukraine. Abgerufen am 24. Februar 2022 (amerikanisches Englisch).
  16. Alternativer Nobelpreis geht in die Ukraine, Süddeutsche Zeitung, 29. September 2022.
  17. The Brave People of Ukraine - 2022 Sakharov Prize laureate. In: europarl.europa.eu, 19. Oktober 2022.
  18. BBC 100 Women 2022: Who is on the list this year? - BBC News. Abgerufen am 3. Januar 2023 (britisches Englisch).
  19. The Nobel Peace Prize 2022. In: nobelprize.org. 7. Oktober 2022, abgerufen am 7. Oktober 2022 (amerikanisches Englisch).
  20. GIWPS: Celebrating Peacemakers 2022. Abgerufen am 6. Dezember 2023 (englisch).
  21. Ukraine zwischen Angst und Hoffnung: ... und abends mit den Kindern Krieg üben tagesspiegel.de, 15. Februar 2022, abgerufen am 30. September 2022.
  22. ’28 hostages of the Kremlin’: main violations and prospects for the release en.odfoundation.eu, Open Dialog Foundation, 20. Januar 2016, abgerufen am 30. September 2022 (englisch).