Orgelimprovisation – Wikipedia

Der Begriff Orgelimprovisation bezeichnet allgemein jegliche Form von Improvisation auf der Orgel. Im kirchlichen Kontext ist damit das Improvisieren auf der Orgel im Rahmen des Gottesdienstes gemeint, das ein Bestandteil des liturgischen Orgelspiels ist. Daneben gibt es Orgelimprovisation im Rahmen von reinen (säkularen) Konzerten. Historisch kam der Orgelimprovisation auch eine Rolle als Bühnenmusik und bei der musikalischen Untermalung von Stummfilmen zu. Weiterhin ist sie auch im Jazz und Blues bekannt.

Orgelimprovisation im Gottesdienst

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Die Orgelimprovisation im Rahmen eines Gottesdienstes ist kirchliche Gebrauchsmusik. Sie ist dem liturgischen Geschehen untergeordnet.

Orgelimprovisation im Konzert

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In der klassischen Konzertkultur ist das Improvisieren heute ein Alleinstellungsmerkmal der Orgel. Während im Instrumentalkonzert des 17. und 18. Jahrhunderts konzertant-improvisatorische Elemente etwa auch bei der Violine oder beim Klavier üblich waren, sind sie später zunehmend in den Hintergrund gedrängt worden. Seit dem 20. Jahrhundert verläuft die Grenze zwischen „Improvisation“ und „Komposition“ bei vielen Instrumenten parallel zu jener zwischen Jazz, ethnischer Musik oder Unterhaltungsmusik einerseits und klassischer Musik andererseits.

In der Geschichte des Orgelspiels hingegen ist diese Abgrenzung nie in solcher Deutlichkeit gezogen worden. Hier begegnen sich Interpret, Improvisator und Komponist häufig in Personalunion. Berühmte Beispiele sind etwa Johann Sebastian Bach, Abbé Vogler, Max Reger, Marcel Dupré, Olivier Messiaen[1], Charles Tournemire, Pierre Cochereau oder Pierre Pincemaille.

Das gottesdienstliche und das konzertante Improvisieren sind handwerklich, ästhetisch und geschichtlich eng miteinander verknüpft. Dass die Orgelimprovisation auch im konzertanten Rahmen „überlebt“ hat, verdankt sie wohl primär ihrer kontinuierlichen Pflege als eigenständige Disziplin der Kirchenmusik.

Bühnen- und Stummfilmmusik

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Einen Sonderfall innerhalb der Orgelimprovisation nimmt die musikalisch-illustrative Begleitung von Theaterstücken,[2] Pantomimen, Revueaufführungen und später von Stummfilmen ein.[3] Ihre Blüte erlebte dieses Genre in der Stummfilmbegleitung auf der Kinoorgel der 1910er und 1920er Jahre – um dann mit Aufkommen des Tonfilms rasch wieder zu verschwinden.

Seit die Wiederaufführung von alten Stummfilmen mit Livemusik in den 1990er Jahren als Veranstaltungsformat wiederentdeckt wurde,[4] feierte auch das Improvisieren auf der Kinoorgel eine gewisse Renaissance. Als Novum kam die Aufführung säkularer Unterhaltungs-Stummfilme in kirchlichen Räumen, begleitet von einer Kirchenorgel hinzu.

Auch im Jazz und im Blues[5] haben sich eigenständige Improvisationstraditionen auf der Orgel entwickelt. Hier spielte neben der Pfeifenorgel vor allem auch die elektronische Hammond-Orgel eine wichtige und stilprägende Rolle.

  • Karl Heinz Dettke: Kinoorgeln und Kinomusik in Deutschland. Metzler, Stuttgart 1995, ISBN 3-476-01297-2.
  • Karl Heinz Dettke: Kino- und Theaterorgeln. Eine internationale Übersicht. Tectum-Verlag, Marburg 2001, ISBN 978-3-8288-8265-2.
  • Karin Ernst: Der Beitrag Olivier Messiaens zur Orgelmusik des 20. Jahrhunderts. Hochschulverlag, Freiburg im Breisgau 1980, ISBN 3-8107-2010-0.
  • Michael Murray: Marcel Dupré – Leben und Werk eines Meisterorganisten. Günter Lade, Langen 1993, ISBN 3-9500017-3-5.
  • Herbert Schramowski: Der Einfluß der instrumentalen Improvisation auf den künstlerischen Entwicklungsgang und das Schaffen des Komponisten. In: Gesellschaft für Musikwissenschaft (Hrsg.): Beiträge zur Musikwissenschaft. Bd. 13/1. Academia, Sankt Augustin 1971, ISSN 0005-8106, 1971, S. 1–17.

Einzelnachweise

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  1. Francis Erasmy: Leben und Werk Olivier Messiaens@1@2Vorlage:Toter Link/www.amisdelorgue.lu (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF-Datei; 100 kB), abgerufen am 28. Januar 2015.
  2. Siehe etwa als ein frühes Beispiel die Improvisationen Georg Friedrich Händels auf einer Theaterorgel, vgl. Siegbert Rampe: Händels Theaterorgeln und seine Orgelkonzerte, S. 91 (PDF-Datei; 0,5 MB), abgerufen am 28. Januar 2015.
  3. Einen Überblick bietet Alfred Reichling: „Orgel.“ In: Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Sachteil Bd. 7. 2. Auflage. Bärenreiter, Kassel 1997, Sp. 1024–102.
  4. Lothar Prox: Sensuelles Potential. Die wiederentdeckte Stummfilmkunst. In: agenda. Jg. 16, 1993, Nr. 6, S. 50–51, ISSN 0941-5491.
  5. Jazz und Blues auf der Pfeifenorgel – Barbara Dennerlein auf die-orgelseite.de. Abgerufen am 28. Januar 2015.