Ortsgericht – Wikipedia

Dienststellenschild eines Ortsgerichtes

Ortsgerichte sind ausschließlich in Hessen durch Landesgesetz errichtete Hilfsbehörden der Justiz.

Die Dienstaufsicht über die Ortsgerichte liegt bei dem Präsidenten des Oberlandesgerichts und beim Amtsgerichtsdirektor, zu dessen Bezirk das Ortsgericht gehört. Ortsgerichte bestehen in allen hessischen Gemeinden. In Gemeinden mit mehreren Ortsteilen können mehrere Ortsgerichte errichtet werden.

Die jeweiligen Ortsgerichtsmitglieder sind vereidigte Ehrenbeamte. Für jedes Ortsgericht werden ein Ortsgerichtsvorsteher und vier Ortsgerichtsschöffen bestellt. Die betreffenden Personen werden von den jeweiligen kommunalen Gremien vorgeschlagen und von der Justiz in ihr Amt eingesetzt. Rechtsgrundlage ist das seit 1. Januar 1953 geltende hessische Ortsgerichtsgesetz (OrtsGG)[1], auf Grund dessen vorher errichtete Schätzungsämter und Feldgerichte ihre Tätigkeit einstellen mussten. Den Ortsgerichten obliegen die durch Gesetz näher bezeichneten Aufgaben auf dem Gebiete der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Schätzungswesens. Sie führen ein Dienstsiegel.

Für die Erfüllung dieser Aufgaben erheben die Ortsgerichte Gebühren (§ 20 OGerG HE).

Bis 1808 bestanden im Rheingau Haingerichte (mit einem General-Haingericht in Eltville).[2] In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden im Herzogtum Nassau[3] und in den Frankfurter Dorfschaften[4] Feldgerichte eingesetzt; als diese Gebiete 1866 zu Preußen kamen, bestanden die Feldgerichte fort.[5]

Im Großherzogtum Hessen wurden für die Provinzen Starkenburg und Oberhessen 1852 Ortsgerichte geschaffen.[6]

Mit Inkrafttreten des Gerichtsverfassungsgesetzes 1879[7] und des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit am 1. Januar 1900 blieben die Ortsgerichte im Großherzogtum Hessen bestehen.[8] Im preußischen Hessen-Nassau wurden an Orten ohne Amtsgericht Ortsgerichte eingeführt;[9] in den Ortschaften mit Amtsgericht wurden durch Verordnung von 1907 Schätzungsämter errichtet[10] (das Feldgericht Wiesbaden bestand bis 1952).[11]

1960 hat das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde eines Notars gegen das Ortsgerichtsgesetz zurückgewiesen.[12]

Einzelnachweise

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  1. Ortsgerichtsgesetz in der Fassung vom 2. April 1980.
  2. Eltville am Rhein, Rheingau-Taunus-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 14. April 2014). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  3. Gemeinde-Edict vom 5. Juni 1816 (Verordnungsblatt des Herzogthums Naſſau S. 149), § 8; Geſetz, die Verfaſſung und Verwaltung der Gemeinden, sowie die Rechte der Gemeindebürger und die Erwerbung des Bürgerrechtes betreffend, vom 12. December 1848 (Verordnungsblatt des Herzogthums Naſſau S. 227), §§ 25–28 und vom 26. Juli 1854 (Verordnungsblatt des Herzogthums Naſſau S. 166), §§ 20–23
  4. Verordnung, die Feldgerichte auf den Dorfſchaften, die Beſtellung eines Landgeometers und die Erhaltung der Graͤnzbezeichnungen in den Dorfgemarkungen betreffend, vom 10. März 1825 (Geſetz- und Statuten-Sammlung der Freien Stadt Frankfurt, Bd. 4 S. 7)
  5. Verordnung über die Gerichtsverfaſſung in dem vormaligen Herzogthum Naſſau und den vormals Großherzoglich Heſſiſchen Gebietstheilen mit Ausſchluß des Oberamtsbezirks Meiſenheim vom 26. Juni 1867 (Geſetz-Samml. S. 1094), § 3
  6. Edict, die Organiſation der Ortsgerichte in den Provinzen Starkenburg und Oberheſſen betr., vom 16. October 1852 (Reg.-Bl. S. 449); Inſtruction vom 26. October 1852 (Reg.-Bl. S. 465)
  7. § 15 Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. Nr. 15 vom 30. Mai 1879, S. 197–203 (202).
  8. Geſetz, die Ausführung des Geſetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit betreffend vom 18. Juli 1899. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1899 Nr. 27, S. 287, Art. 125–140 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 76,1 MB]).; Verordnung, die Ortsgerichte betreffend vom 2. August 1899. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1899 Nr. 30, S. 389 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 76,1 MB]).; Dienſtanweiſung für die Großherzoglichen Ortsgerichte vom 24. November 1899. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1899 Nr. 61, S. 981 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 76,1 MB]).
  9. Preußisches Geſetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit vom 21. September 1899 (Geſetz-Samml. S. 249), Art. 122–124; Verordnung über die Ortsgerichte in den Oberlandesgerichtsbezirken Frankfurt und Caſſel vom 20. Dezember 1899 (Geſetz-Samml. S. 640)
  10. Verordnung über die Schätzungsämter in den Oberlandesgerichtsbezirken Frankfurt a. M. und Caſſel vom 10. Juni 1907 (Geſetz-Samml. S. 145). Siehe ferner das Schätzungsamtsgeſetz vom 8. Juni 1918 (Geſetzsamml. S. 83) mit Verordnung, betreffend die Inkraftſetzung des Schätzungsamtsgesetzes für den Stadtkreis Kaſſel, vom 4. April 1927 (Gesetzsamml. S. 46)
  11. Ortsgerichte und Schätzungsämter vom 18. Juni 1948. In: Der Minister der Justiz (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1948 Nr. 35, S. 387, Punkt 422 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 1,5 MB]).
  12. BVerfGE 11, 192