Otyken – Wikipedia

Otyken

Otyken bestand Anfang 2024 aus (v. l. n. r.)
Ach, Snezhana, Otamay, Maya, Azyan, Tsveta, Kunchari, Hakaida und Muna. (Seit Mitte 2024 sind Snezhana, Otamay, Maya und Kunchari nicht mehr dabei.)
Allgemeine Informationen
Herkunft Krasnojarsk, Russland
Genre(s) Folk Pop, Folk-Rock, Folk Metal, Folk Jazz, Folktronica
Gründung 2015 bzw. 2019
Website https://otyken.ru/
Gründungsmitglieder
Produzent, Songwriter
Andrei Medonos (Tschernezow)
Gesang,
Kostüme
Aljona Tschernezowa (geb. Botandajewa)
Mautrommel, Schatzmeister
Zewilmaa (Tsevilmaa) Baiyr-ool

Otyken (russisch Отукен, sprich O-tu-ken[1]) ist eine sibirische Band aus Krasnojarsk, die vor allem auf Youtube und Tiktok populär geworden ist.[2][3][4] Sie besteht überwiegend aus Musikerinnen des indigenen Volkes der Tschulym, die zumeist in der Tschulymischen Sprache singen. Der Bandname Otyken soll in der Sprache der Tschulym „Heiliger Ort“[3][5][6][7][8] bzw. „Ort der Kraft“[9][10][11][12] bedeuten (vgl. Ötüken).

Die Band wurde 2015 von Andrei Medonos (eigentlicher Name Andrei Tschernezow) ins Leben gerufen.[8][9][13] Dieser russische Imker hatte eine tschulymische (nach anderen Angaben eine chakassische oder selkupische) Ureinwohnerin geheiratet[5][7][12] und widmete sich zunächst vor allem der Bewahrung und Förderung der tschulymischen Kultur und Tradition sowie der Verbreitung ihrer Honigprodukte. Zu diesem Zwecke gründete er einerseits das Museum für Ethnographie und Honig in Krasnojarsk[9]; andererseits begann er mit der Herstellung von Musikvideos über die traditionelle Art der Honigherstellung, die vor allem in sozialen Medien verbreitet wurden.[2][7] Ein erstes Musikalbum („Otyken“) wurde 2018 herausgebracht.[8]

Anderen Angaben zufolge entstand die Band erst 2017[6], 2018[2][11] oder 2019[3][4][10][12] am Vorabend der Winter-Universiade in Krasnojarsk, an deren musikalisch-kulturellem Begleitprogramm sie mitwirkte.

Zusammensetzung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Otyken (Russland)
Otyken (Russland)
Pasetschnoje
Krasnojarsk
Abakan (Chakassien)
Samagaltai (Tuwa)
Die meisten Bandmitglieder stammen aus Pasetschnoje, Tsveta aber aus Samagaltai

Die meisten, wenn eben auch nicht alle Bandmitglieder sind Tschulym aus abgelegenen, am Fluss Tschulym befindlichen Taiga-Dörfern in der Umgebung des Ortes Pasetschnoje (rund 400 Kilometer nordwestlich von Krasnojarsk).[7][14] Die Übrigen sind Angehörige ethnisch[15] und sprachlich verwandter Nachbarvölker[16] wie Chakassen, Keten und Selkupen sowie Dolganen.[4][5][13] Welches Bandmitglied welcher Ethnie bzw. Nationalität entstammt und welchen Geburtsnamen hat, betrachten die Bandmitglieder als Privatsache.[2] Fanwebsites geben aber an, dass beispielsweise Tsveta (eigentlich Tsevilmaa oder Alina) Tuwinerin, Maya (eigentlich Viktoria) Tatarin und Otamay (eigentlich Kristina) Chakassin seien.[7][9][17] Da ein Großteil der Tschulym inzwischen mit Chakassen und Russen vermischt ist[15], singt die Band neben Tschulymisch auch auf Chakassisch und Russisch.[2][3][9] Es gibt heute nur noch einige Hundert Tschulym, von denen wiederum nur noch wenige Dutzend ihre Sprache sprechen.[3][7] Die Zukunft dieser Sprache ist trotz staatlicher Förderung stark gefährdet.[18][19][20]

Während zur ursprünglichen Besetzung der Band noch Medonos’ Frau, Schwägerin und Sohn gehörten, so änderte sich die Zusammensetzung durch mehrere Ab- und Neuzugänge vor allem 2019, 2021 und 2024 stark.[9][12] Die 2017 hinzugekommene Tsveta ist daher jenes Bandmitglied, das am längsten dabei ist. Anderen Angaben zufolge war Tsveta von Anfang an dabei.[21] Als inzwischen einziger Mann gehört seit 2020 der Kehlkopfsänger Ach (eigentlich Achyty) zu der sonst nur aus jungen Frauen bestehenden Band.[11][12] Bekanntestes Gesicht der Band ist Azyan (eigentlich Lilya[9]), die 2021 Leadsängerin Taida abgelöst hat. Der Kern der Band besteht aus acht bis neun Mitgliedern[11], hin und wieder treten aber bei Auswärtskonzerten auch nur fünf bis sechs Bandmitglieder auf. Einschließlich gelegentlicher und früherer Mitglieder umfasst bzw. umfasste Otyken unterschiedlichen Listen zufolge 15 bis 20 Personen.[9] Nach ihren Ausscheiden im August 2024 machte Otamay auf sozialen Medien vor allem Medonos für die Abgänge verantwortlich.[22]

Traditionelle chakassische Instrumente

Merkmale sind die Vermischung elektronischer und traditioneller Instrumente (wie Maultrommel, Khomys, Igil) und Musikformen (wie Kehlkopfgesang).[2][6][23] Alte Melodien werden mit modernen Rhythmen wiedergegeben, typisch sind häufige Rhythmenwechsel. Vor allem Azyans Gesang und Tanz bei Konzertauftritten und Musikclips sind zumeist sehr energiegeladen.[2] Inhaltlich handeln Otykens Songs oft von Spiritualität, der Verehrung der Natur und dem Schutz der Umwelt.[5][6][11] Zunächst war Otykens Musik eher traditionalistisch, folkloristisch und regional authentisch.[3] Spätestens seit 2021 sind Einflüsse aus EDM, Pop, Rock, Jazz, Rave, Techno, Funk, Trance, House, RnB, Hip-Hop, Rap und Metal stärker geworden[6][9][10][11], woraufhin Otyken im Ausland noch populärer wurde als im eigenen Land.[2][7]

Auch die folkloristischen Kostüme, die die Bandmitglieder tragen, sind eine Mischung aus traditionellen Trachten und modernen Modifikationen.[2][4][5][7][13] Die meisten dieser Kleidungsstücke sind von Medonos’ Frau genäht worden.[9][12]

Ähnliche Versuche, sibirische Folklore und moderne Musik zu vermischen und zu verbinden[13], hatte es schon früher gegeben. Um 2006 war ebenfalls in Krasnojarsk die Band Otamay (Otamai) um die chakassische Sängerin Wika Tschebodajewa (Vika Chebodaeva) entstanden. Sie hatte u. a. das chakassische Volkslied „Aidym“ gesungen, und beim Krasnojarsker Musikfestival „Runen“ sang Tschebodajewa dieses Lied dann 2015 zusammen mit Medonos’ Frau Aljona.[24] Unter dem neuen Titel „Legend“ wurde daraus Otykens bislang größter Erfolg, der 2022 sogar für den Grammy Award nominiert wurde.[3][6][7] Mit ihrem Song „Genesis“ wiederum hatten Otyken bereits am Grammy Global Spin teilgenommen.[2][11][12][25] Otykens Songs „Genesis“, „My Wing“ und „Storm“ wurden 2022 auch in das Weltraumprojekt Lunar Codex aufgenommen.[6][9][23]

Die gegen Russland verhängten Sanktionen verhinderten 2022 Otykens Teilnahme am Eröffnungsprogramm der Fußball-WM in Katar[11][12] und einen Auftritt bei America’s Got Talent[6][8][7], nicht jedoch ihre Auftritte bei der UN-Klimakonferenz in Dubai 2023 und beim Hozo-Festival in Vietnam.[12] Die Sperrung des Paypal-Kontos der Gruppe erschwert den Online-Handel mit Fanartikeln wie traditioneller Kleidung, von Hakaida gemalten Bildern[2] oder eben Honig.

  • Otyken (2018)
  • Lord of Honey (2019)
  • Kykakacha (2021)
  • Phenomenon (2023)

Singles und Clips

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • White Mountain (2019)
  • My Wing (2019)
  • Fashion Day (2020)
  • Apocalypse (2021)
  • Paradise Lost (2021)
  • Genesis (2021)
  • Legend (2022)
  • Storm (2022)
  • Storm (2022), Remix mit Jaydee
  • My Wing (2022), Remix mit Billx
  • Smoke (2023)
  • Khan Blues (2023)
  • Belief (2023)
  • Altay (2023), zusammen mit Ummet Ozcan
  • Chukotka (2024)
  • Belief (2024), Remix mit Xzibit
  • Oneness (2024), Soundtrack für den japanischen Historienfilm Senseki
  • Mammoth (2024), in Dolganischer Sprache

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Selbst in russischen Texten wird der Bandname meistens in lateinischen Buchstaben wiedergegeben, dennoch steht auch in der lateinischen Umschrift in diesem besonderen Fall das Y nicht für ein Ypsilon, sondern für das kyrillische U.
  2. a b c d e f g h i j k Melano.hu vom 15. November 2022: The Siberian band that won the hearts of millions
  3. a b c d e f g Russia Beyond vom 7. Dezember 2022: OTYKEN – die sibirische indigene Musikgruppe, die die Welt rockt!
  4. a b c d UN News vom 8. Juli 2023: ИНТЕРВЬЮ - Как группа Otyken помогает сохранить языки малых народов Сибири
  5. a b c d e Vief of the Arts vom 5. Juni 2023: OTYKEN - Bridging Cultures and Igniting Musical Exploration from Siberia’s Indigenous Heartland
  6. a b c d e f g h Cultural Survival vom 31. Mai 2023: OTYKEN: Putting Siberian Indigenous Languages and Music on the Map
  7. a b c d e f g h i j Scriiipt vom 15. Juli 2023: Otyken, la musique venue de Sibérie
  8. a b c d Popkult vom 13. Juni 2022: Otyken – Giving Voice to East Siberian Indigenous Culture
  9. a b c d e f g h i j k Kpop-Profiles 2024: Otyken Members Profile and Facts
  10. a b c Courrier International vom 6. März 2024: Ces musiciens autochtones sibériens remettent au goût du jour la culture tchoulyme
  11. a b c d e f g h AIF Krasnojarsk vom 4. Dezember 2022: «В США мы из каждого утюга». Этногруппа Otyken о Грэмми и скандале в Катаре
  12. a b c d e f g h i Kulturologia vom 26. Januar 2024: «Что тут делают русские?!» - как стали номинантами Grammy и попали в ООН музыканты из Сибири
  13. a b c d Vogue vom 3. April 2024: Otyken Is the Indigenous Siberian Band With Powerful Style
  14. Der Ortsname Пасечное bedeutet "Bienenhaus" und ist abgeleitet von Пасека, dem russischen Wort für Imkerei.
  15. a b Große Sowjetische Enzyklopädie: Чулымцы
  16. Ein von der Hauptgruppe isolierter südlicher Zweig der Selkupen lebt am Ufer des Tschulym-Nebenflusses Ket. Deren nächste Verwandte sind die Keten. Aus der Vermischung von Keten und Selkupen mit Tataren und Kirgisen (oder Mongolen) gingen wiederum Tschulym und Chakassen hervor.
  17. Dass Maya zur Hälfte Tatarin ist, bestätigt Otyken auf Instagram, macht aber keine Angaben über die andere Hälfte oder die konkrete Untergruppe der Tataren. Die Tschulym sahen sich selbst lange als Untergruppe der Tataren.
  18. Russia Beyond vom 28. Juni 2023: Wie sowjetische Linguisten Schriftsysteme für die indigenen Völker des Hohen Nordens schufen
  19. UNESCO vom 17. April 2023: Chulym Turkic
  20. Um die Keten steht es nicht besser, von kaum 1.100 Angehörigen dieser Minderheit sprechen nur noch 150 die Ket-Sprache.
  21. NGS24 vom 20. September 2022: Музыкант Цвета из деревни, где нет света. Как этническая группа OTYKEN взрывает дискотеки по всему миру
  22. Reddit: Kristina and Liana have left Otyken. Lilya (Azyan) is next
  23. a b Lunar Codex vom 6. Juni 2022: Musical Groups
  24. Youtube vom 19. Januar 2015 Otyken und Chebodaeva singen „Aidym“ beim Ethnofestival „Runen“
  25. Grammy Awards vom 25. Oktober 2022: Global Spin - Otyken Braid Indigenous Traditions With Modern Sounds In Their Mesmerizing Performance Of "Genesis"