Peter Fonagy – Wikipedia
Peter Fonagy (* 14. August 1952 in Budapest) ist ein englischer Psychologe und Psychoanalytiker sowie Professor für Psychologie am University College London. Er entwickelte aufgrund empirischer Forschungsergebnisse das Konzept der Mentalisierung und die darauf aufbauende Mentalisierungsbasierte Psychotherapie, die zur Behandlung von psychischen Störungen, vor allem struktureller Störungen, eingesetzt wird.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Geboren und aufgewachsen in Budapest verließ Fonagy Ungarn mit der Familie im Jahr 1967. Die Eltern ließen sich in Paris nieder, wollten aber ihrem Sohn eine britische Ausbildung angedeihen lassen und schickten ihn deshalb zum Studium nach London. Fonagy wurde depressiv, er vermisste seine Freunde, die Familie und sprach kein Englisch. Ein Nachbar, der sich sorgte, schlug vor, sich Hilfe zu suchen und so geriet er in Behandlung bei der Kinderpsychotherapeutin Anne Hurry in der damals sogenannten Hampstead Clinic. Sein Gesundheitszustand besserte sich, er schloss die Schule ab und nahm sein Psychologie-Studium am University College London (UCL) auf. Diese Erfahrung habe dazu beigetragen, dass er später selbst Psychoanalytiker werden wollte, wie Eleanor Sawbridge Burton 2017 auf der Webseite des psychoanalytischen Instituts der British Psychoanalytical Society mitteilte.[1]
Juveniler Diabetes mellitus und die Ursachen für die Nichtbefolgung ärztlicher Ratschläge war der erste Forschungsschwerpunkt des jungen Fonagy. Peter Fonagy ist Professor am University College London, er hält dort den Freud Memorial Chair und leitet die Psychoanalytic Unit für Doktorratsstudenten. Zudem ist er Forschungskoordinator am Anna Freud Centre (London) und in dieser Position Nachfolger von Anna Freud und Joseph Sandler. Er ist Vize-Präsident der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung sowie Mitherausgeber einer Anzahl von Fachzeitschriften, z. B. des International Journal of Psychoanalysis, von Development and Psychopathology und des Bulletin of the Menninger Clinic.
Werk
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Fonagy bemüht sich insbesondere um empirische und interdisziplinäre Psychotherapieforschung mit den Schwerpunkten Bindungstheorie, Mentalisierung und Psychoanalyse. Er gilt in dieser Hinsicht als einer der weltweit führenden Köpfe.[2][3] Er gab den Adult Attachment Interview Test an Schwangere und untersuchte die Bindungsqualität ein Jahr nach der Geburt der Kinder. Er fand eine direkte Korrelation zwischen unsicherer Bindung in der Kindheit bei den Müttern und unsicherer Bindung bei deren Kindern.
Er gilt als Begründer des Konzeptes der Mentalisierung, welche die Theorie of Mind-Forschung und Bindungstheorie mit psychoanalytischen Theorien verknüpft.
Auf der Grundlage des Mentalisierungskonzeptes entwickelte Fonagy mit seinen Mitarbeitern die Mentalisierungsbasierte Psychotherapie (Mentalisation-Based-Treatment, kurz: MBT). Diese besondere Form der psychodynamischen Psychotherapie wird zur Behandlung schwerer Persönlichkeitsstörungen wie der Borderline-Persönlichkeitsstörung und der Dissozialen-Persönlichkeitsstörung eingesetzt.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Affektregulierung, Mentalisierung und die Entwicklung des Selbst. Klett-Cotta; 7. Aufl. 2019 Edition (5. Januar 2018)
Ehrungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1972 MacDougall-Preis des University College London
- 1997 Wahl zum Mitglied der British Academy[4]
- 2006 Internationaler Sigmund-Freud-Preis für Psychotherapie
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Clarkin, John F., Fonagy, Peter, Gabbard, Glen O.: Psychodynamische Psychotherapie der Persönlichkeitsstörungen. Schattauer, Stuttgart 2012. ISBN 978-3-79452-835-6
- Fonagy, Peter, Gergely, György, Jurist, Elliot L., Target, Mary: Affektregulierung, Mentalisierung und die Entwicklung des Selbst. Klett-Cotta, Stuttgart 2004. ISBN 978-3-60894-384-9
- Fonagy, Peter: Bindungstheorie und Psychoanalyse. Klett-Cotta, Stuttgart 2006. ISBN 978-3-60895-991-8
- Fonagy, Peter, Target, Mary: Psychoanalyse und die Psychopathologie der Entwicklung. Klett-Cotta, Stuttgart 2006. ISBN 978-3-60894-151-7
- Fonagy, Peter, Roth, Anthony: What Works For Whom?: A Critical Review of Psychotherapy Research. 2. Auflage. Guilford Press, New York 2004, ISBN 978-1-59385-272-6
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Peter Fonagy im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Peter Fonagys Homepage auf der Website des University College London.
- Interview mit Peter Fonagy auf Vimeo
Quellen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Eleanor Sawbridge Burton: Peter Fonagy. In: The Institute of Psychoanalysis, British Psychoanalytical Society. 2017, abgerufen am 10. November 2020 (englisch).
- ↑ Gerhard Stumm, Alfred Pritz (Hrsg.): Personenlexikon der Psychotherapie. Wien / New York 2005, S. 143 f
- ↑ Internationaler Sigmund-Freud-Preis für Psychotherapie
- ↑ Fellows: Peter Fonagy. British Academy, abgerufen am 3. Oktober 2020.
Personendaten | |
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NAME | Fonagy, Peter |
KURZBESCHREIBUNG | englischer Psychoanalytiker |
GEBURTSDATUM | 14. August 1952 |
GEBURTSORT | Budapest |