Peter Michael Ehrle – Wikipedia

Peter Michael Ehrle (* 23. März 1945 in Chodau, Sudetenland) ist ein deutscher Bibliothekar und Historiker. Er war von 1994 bis 2008 Direktor der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe.

Ehrle studierte Geschichte und Germanistik in Tübingen. 1979 wurde er mit der Arbeit Volksvertretung im Vormärz. Studien zur Zusammensetzung, Wahl und Funktion der deutschen Landtage im Spannungsfeld zwischen monarchischem Prinzip und ständischer Repräsentation promoviert. Er absolvierte das Bibliotheksreferendariat an der Universitätsbibliothek Tübingen, wo er im Anschluss von 1974 bis 1992 das Fachreferat für Geschichte und die Leitung der Abteilung Sachkatalog übernahm. Von 1992 bis 1994 fungierte er als stellvertretender Direktor der Württembergischen Landesbibliothek in Stuttgart, 1994 wurde er dann Direktor der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe.[1]

Ehrles Amtszeit war geprägt durch eine enorme Vermehrung der Handschriften und Alten Drucke an der Badischen Landesbibliothek, darunter u. a. 1994 268 mittelalterliche Handschriften und 52 Inkunabeln aus der Fürstlich Fürstenbergischen Hofbibliothek Donaueschingen, 1995 die Schlossbibliothek Baden-Baden mit rund 40.000 Bänden und ihrer Musikaliensammlung sowie 1999 eine Sammlung von Musikhandschriften und -drucken, ebenfalls aus der Fürstlich Fürstenbergischen Hofbibliothek Donaueschingen. Der bedeutsamste Zuwachs erfolgte 2001 mit der Handschrift C des Nibelungenliedes.[2]

2006 planten die damalige Regierung Baden-Württembergs und die Familie von Baden im sog. Handschriftenstreit, mittelalterliche Handschriften aus dem Bestand der Badischen Landesbibliothek zu veräußern und mit dem erzielten Erlös die Sanierung von Schloss Salem am Bodensee zu finanzieren. Ehrle engagierte sich vehement und schlussendlich erfolgreich gegen den Verkauf der Handschriften und war beratendes Mitglied der 2007 eingesetzten Expertenkommission zur Klärung der Eigentumsfrage.[3]

Als das Land Baden-Württemberg beabsichtigte, gestützt auf einen Vorschlag des Landesrechnungshofs, in der Badischen Landesbibliothek eine hohe Anzahl von Stellen abzubauen, reichte Ehrle 2008 seinen Antrag auf vorzeitige Versetzung in den Ruhestand ein.[4]

Publikationen (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Robert von Mohl als Leiter der Tübinger Universitätsbibliothek (1836–1844). Tübingen, 1975
  • Volksvertretung im März. Studien zur Zusammensetzung, Wahl und Funktion der deutschen Landtage im Spannungsfeld zwischen monarchischem Prinzip und ständischer Repräsentation. Frankfurt am Main: Peter Lang, 1979.
  • Der Deutschen Dreyssig-Jähriger Krieg. Hamburg 1657. Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv
    (Neudruck hrsg. mit Kommentar). Fink, München 1983, ISBN 3-7705-2126-9.
    Die Bibliothek des Melanchthonhauses in Bretten und die Badische Landesbibliothek. In: Bücher, Menschen und Kulturen. Festschrift für Hans-Peter Geh zum 65. Geburtstag, hrsg. von Birgit Schneider, Felix Heinzer und Vera Trost, München: Saur, 1999, S. 136–143.
    Die Badische Landesbibliothek. In: Die badischen Regionen am Rhein. 50 Jahre Baden in Baden-Württemberg – eine Bilanz, Baden-Baden: Nomos, 2002, S. 443–446.
  • Vom markgräflichen Sammeleifer zur staatlichen Erwerbungspolitik. Zur Geschichte der Badischen Landesbibliothek. Vortrag von Dr. Peter Michael Ehrle, gehalten am 28. September 2006 in Karlsruhe im Rahmen der Veranstaltungsreihe „200 Jahre Baden – Freiheit verbindet“ (PDF).
  • Der baden-württembergische „Kulturgüterstreit“ – eine Zwischenbilanz (Stand: 28.11.2006). In: EUCOR-Bibliotheksinformationen 28 (2006), S. 8–12 (PDF).
  • Für Baden und Europa gerettet? Eine Zwischenbilanz des „Kulturgüterstreits“ (20.09.2006 – 20.01.2007). In: Die Handschriftensammlung der Badischen Landesbibliothek – bedrohtes Kulturerbe?, hrsg. von Peter Michael Ehrle und Ute Obhof, Gernsbach: Katz, 2007, S. 81–126.

Literatur (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Ursula Bernhardt: Offizielle Amtseinführung des neuen Bibliotheksdirektors der Badischen Landesbibliothek, Dr. Peter Michael Ehrle. In: EUCOR-Bibliotheksinformationen 5 (1994), S. 9–13 (Online).
  • Michael Kehle: Der Sonntag bei ... Peter Michael Ehrle – Leiter der Badischen Landesbibliothek. In: Der Sonntag 9 (2006) vom 10. Dezember 2006 (PDF).
  • Rose-Maria Gropp: Der Bibliothekar von Karlsruhe. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung 50 (2008) vom 28. Februar 2008.
  • Michael Hübl: Bibliotheksstandort Karlsruhe würde entscheidend geschwächt. Der Direktor der Badischen Landesbibliothek, Peter Michael Ehrle, will aus Protest vorzeitig in den Ruhestand gehen. In: Badische Neueste Nachrichten 63 (2008) vom 27. Februar 2008.
  • Ludger Syré: Peter Michael Ehrle nach 14 Jahren an der Spitze der Badischen Landesbibliothek im Ruhestand. In: EUCOR-Bibliotheksinformationen 31 (2008), S. 15–18 (PDF).
  • Kultur-Mensch / Peter Michael Ehrle. In: Aus Politik und Kultur / Deutscher Kulturrat 2 (2008) 3, Berlin, 2008, S. 1 (PDF).
  • Michael Hübl: Ein engagierter Kämpfer – heute ist der 70. Geburtstag von Peter Michael Ehrle. In: Badische Neueste Nachrichten 70 (2015) vom 23. März 2015 (PDF).
  • Ludger Syré: Der Handschriftenstreit – ein singuläres Ereignis in der 50-jährigen Geschichte der Badischen Bibliotheksgesellschaft. In: 50 Jahre Badische Bibliotheksgesellschaft e.V. – eine Dokumentation, hrsg. von Hansgeorg Schmidt-Bergmann im Auftrag der Badischen Bibliotheksgesellschaft, Karlsruhe: Badische Bibliotheksgesellschaft, [Bretten]: Info Verlag, 2016, S. 31–41.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Ludger Syré: Peter Michael Ehrle war 14 Jahre lang Direktor der Badischen Landesbibliothek. In: Badische Heimat. Band 88, 2008, S. 217–223, hier: S. 218.
  2. Ludger Syré: Peter Michael Ehrle war 14 Jahre lang Direktor der Badischen Landesbibliothek. In: Badische Heimat. Band 88, 2008, S. 217–223, hier: S. 219.
  3. Leiter der BLB seit 1769. In: Webseite der Badischen Landesbibliothek. Badische Landesbibliothek, abgerufen am 20. März 2018.
  4. Ludger Syré: Peter Michael Ehrle war 14 Jahre lang Direktor der Badischen Landesbibliothek. In: Badische Heimat. Band 88, 2008, S. 217–223, hier: S. 222.