Phosphophyllit – Wikipedia

Phosphophyllit
Phosphophyllit-Kristallstufe vom Cerro de Potosí (Cerro Rico), Bolivien (Größe: 5,2 cm × 5 cm × 4,9 cm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Pp[1]

Chemische Formel
  • Zn2Fe2+(PO4)2·4H2O[2]
  • Fe[6]Zn2[4][PO4]2·4H2O[3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Phosphate, Arsenate und Vanadate
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VII/C.06
VII/C.11-010[4]

8.CA.40
40.02.07.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m[5]
Raumgruppe P21/c (Nr. 14)Vorlage:Raumgruppe/14[3]
Gitterparameter a = 10,38 Å; b = 5,08 Å; c = 10,55 Å
β = 121,1°[3]
Formeleinheiten Z = 2[3]
Häufige Kristallflächen {110}, {011}, {102}, {111}, {311}[6]
Zwillingsbildung verbreitet nach {100}, Kontaktzwillinge (Fischschwanz), Durchdringungs- und polysynthetische Zwillinge[6]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 3 bis 3,5
Dichte (g/cm3) gemessen: 3,08 bis 3,13; berechnet: 3,12[6]
Spaltbarkeit vollkommen nach {100}, deutlich nach {102}
Bruch; Tenazität spröde
Farbe hellbläulichgrün, meergrün, farblos
Strichfarbe weiß[4]
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Glanz Glasglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,595 bis 1,599[7]
nβ = 1,614 bis 1,617[7]
nγ = 1,616 bis 1,620[7]
Doppelbrechung δ = 0,021[7]
Optischer Charakter zweiachsig negativ
Achsenwinkel 2V = 44° (gemessen); 34° (berechnet)[7]

Phosphophyllit ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung Fe[6]Zn2[4][PO4]2·4H2O[3] und damit chemisch gesehen ein wasserhaltiges Eisen-Zink-Phosphat.

Phosphophyllit kristallisiert im monoklinen Kristallsystem und entwickelt meist dicktafelige Kristalle und Kontaktzwillinge mit „Fischschwanz“- bzw. „Schwalbenschwanz“-ähnlichem Habitus von mehreren Zentimetern Länge. Die durchsichtigen bis durchscheinenden Kristalle sind von hellbläulichgrüner bis meergrüner Farbe bei weißer Strichfarbe und weisen auf den Oberflächen einen glasähnlichen Glanz auf. Selten finden sich auch farblose Phosphophyllite.

Etymologie und Geschichte

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Seltener farbloser Phosphophyllit aus der Typlokalität Hagendorf-Nord (Bildbreite 3 mm)

Entdeckt wurde Phosphophyllit erstmals im Bergwerk Hagendorf-Nord (Grube Meixner) bei Hagendorf (Gemeinde Waidhaus) in der Oberpfalz (Bayern). Die Erstbeschreibung erfolgte 1920 durch Heinrich Laubmann und Hermann Steinmetz, die das Mineral in Anlehnung an seinen Phosphatgehalt und seine Kristallgestalt nach dem altgriechischen Wort φύλλον [phýllon] für „Blatt“ benannten.

Da der Phosphophyllit bereits lange vor der Gründung der International Mineralogical Association (IMA) bekannt und als eigenständige Mineralart anerkannt war, wurde dies von ihrer Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC) übernommen und bezeichnet den Phosphophyllit als sogenanntes „grandfathered“ (G) Mineral.[2] Die seit 2021 ebenfalls von der IMA/CNMNC anerkannte Kurzbezeichnung (auch Mineral-Symbol) von Phosphophyllit lautet „Pp“.[1]

Ein Aufbewahrungsort für das Typmaterial des Minerals ist nicht definiert beziehungsweise nicht dokumentiert.[6][8]

In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Phosphophyllit zur Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort zur Abteilung „Wasserhaltige Phosphate, Arsenate und Vanadate ohne fremde Anionen“, wo er gemeinsam mit Hopeit und Parahopeit in der „Hopeit-Parahopeit-Gruppe“ mit der Systemnummer VII/C.06 steht.

In der zuletzt 2018 überarbeiteten Lapis-Systematik nach Stefan Weiß, die formal auf der alten Systematik von Karl Hugo Strunz in der 8. Auflage basiert, erhielt das Mineral die System- und Mineralnummer VII/C.11-010. Dies entspricht ebenfalls der Abteilung „Wasserhaltige Phosphate, ohne fremde Anionen“, wo Phosphophyllit zusammen mit Arsenohopeit, Barahonait-(Al), Barahonait-(Fe), Batagayit, Currierit, Davidlloydit, Fahleit, Hopeit, Nizamoffit, Parahopeit, Radovanit und Smolyaninovit eine unbenannte Gruppe mit der Systemnummer VII/C.11 bildet.[4]

Auch die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[9] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Phosphophyllit in die Abteilung „Phosphate usw. ohne zusätzliche Anionen; mit H2O“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen. Das Mineral ist hier entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit kleinen und großen/mittelgroßen Kationen“ zu finden, wo es als einziges Mitglied eine unbenannte Gruppe mit der Systemnummer 8.CA.40 bildet.

In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Phosphophyllit die System- und Mineralnummer 40.02.07.01. Das entspricht ebenfalls der Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort der Abteilung „Wasserhaltige Phosphate etc.“. Hier findet er sich innerhalb der Unterabteilung „Wasserhaltige Phosphate etc., mit A2+(B2+)2(XO4) × x(H2O)“ als einziges Mitglied in einer unbenannten Gruppe mit der Systemnummer 40.02.07.

Kristallstruktur

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Phosphophyllit kristallisiert monoklin in der Raumgruppe P21/c (Raumgruppen-Nr. 14)Vorlage:Raumgruppe/14 mit den Gitterparametern a = 10,38 Å; b = 5,08 Å; c = 10,55 Å und β = 121,1° sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Unter UV-Licht zeigen manche Phosphophyllite eine violette Fluoreszenz.[10]

Bildung und Fundorte

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Bläulicher Phosphophyllit mit massigem, dunkelrötlichschwarzem Sphalerit und bräunlichem Siderit aus der Unificada Mine, Cerro Rico, Potosí, Bolivien (Größe: 2,5 cm × 2,1 cm × 1,3 cm)

Phosphophyllit bildet sich sekundär durch Verwitterung primärer Phosphate in der Oxidationszone von Erz-Lagerstätten und in granitischen Pegmatiten. Als Begleitminerale können unter anderem verschiedene Apatite, Fairfieldit, Phosphosiderit, Rockbridgeit, Sphalerit, Strengit, Triplit, Triphylin und Vivianit auftreten.

Als seltene Mineralbildung konnte Phosphosphyllit nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei bisher (Stand 2014) rund 30 Fundorte bekannt sind.[11] Neben seiner Typlokalität Hagendorf-Nord in Bayern trat das Mineral in Deutschland bisher nur noch auf den Schlackehalden der Zinkhütte Münsterbusch im Aachener Revier in Nordrhein-Westfalen zutage.

Bekannt aufgrund außergewöhnlicher Phosphophyllitfunde ist unter anderem die Unificada Mine am Cerro Rico (auch Cerro de Potosí) im bolivianischen Department Potosí, wo vollkommene Kristalle von bis zu 14 Zentimeter Durchmesser gefunden wurden.[12]

Weitere bisher bekannte Fundorte sind unter anderem der Reaphook Hill in der Flinderskette in Südaustralien, die Morococala-Mine bei Santa Fe sowie die Huallani-Mine im Kanton Machacamarca in Bolivien, die East Kemptville Zinnmine nahe Argyle (Yarmouth County) in der kanadischen Provinz Nova Scotia, ein Glimmer-Steinbruch bei Norrö in der schwedischen Region Södermanland, die Kabwe-Mine (Broken-Hill-Mine) in der Zentralprovinz von Sambia, Přibyslavice im tschechischen Okres Kutná Hora (Kuttenberg) sowie verschiedene Orte in mehreren Bundesstaaten der USA.[13]

Facettierter Phosphophyllit

Trotz seiner oft klaren und glänzenden Kristalle von aquamarinähnlicher Farbe wird Phosphophyllit nicht als Schmuckstein genutzt, da er aufgrund seiner geringen Mohshärte beim Tragen schnell verkratzen würde. Für Sammler wird er allerdings gelegentlich in verschiedenen Facettenschliffen angeboten.[14]

  • H. Laubmann, H. Steinmetz: Phosphatführende Pegmatite des Oberpfälzer und Bayerischen Waldes. In: Zeitschrift für Krystallographie und Mineralogie. Band 55, 1920, S. 523–586 (rruff.info [PDF; 4,4 MB; abgerufen am 9. Dezember 2024]).
  • W. Kleber, F. Liebau, E. Piatkowiak: Zur Struktur des Phosphophyllits Zn2Fe[PO4]2,4H2O. In: Acta Crystallographica. Band 14, 1961, S. 795, doi:10.1107/S0365110X61002369.
  • Roderick J. Hill: The crystal structure of phosphophyllite. In: American Mineralogist. Band 62, 1977, S. 812–817 (englisch, rruff.info [PDF; 637 kB; abgerufen am 9. Dezember 2024]).
Commons: Phosphophyllite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 9. Dezember 2024]).
  2. a b Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: November 2024. (PDF; 3,1 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, November 2024, abgerufen am 9. Dezember 2024 (englisch).
  3. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 473 (englisch).
  4. a b c Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  5. David Barthelmy: Phosphophyllite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 9. Dezember 2024 (englisch).
  6. a b c d Phosphophyllite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 53 kB; abgerufen am 9. Dezember 2024]).
  7. a b c d e Phosphophyllite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 9. Dezember 2024 (englisch).
  8. Catalogue of Type Mineral Specimens – P. (PDF 296 kB) Commission on Museums (IMA), 10. Februar 2021, abgerufen am 9. Dezember 2024 (Gesamtkatalog der IMA).
  9. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  10. Walter Schumann: Edelsteine und Schmucksteine. Alle Arten und Varietäten. 1900 Einzelstücke. 16., überarbeitete Auflage. BLV Verlag, München 2014, ISBN 978-3-8354-1171-5, S. 57.
  11. Localities for Phosphophyllite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 9. Dezember 2024 (englisch).
  12. Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Edition Dörfler im Nebel-Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S. 176.
  13. Fundortliste für Phosphophyllit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 9. Dezember 2024.
  14. Walter Schumann: Edelsteine und Schmucksteine. Alle Arten und Varietäten. 1900 Einzelstücke. 16., überarbeitete Auflage. BLV Verlag, München 2014, ISBN 978-3-8354-1171-5, S. 226.