Rann von Kachchh – Wikipedia
Der Rann von Kachchh (Gujarati કચ્છનું રણ, Hindi कच्छ का रण, englisch Rann of Kutch) ist ein zeitweise überfluteter Salzsumpf am südlichen Abschnitt der Grenze zwischen Indien und Pakistan. Er umfasst rund 28.000 km², einschließlich des südwestlich gelegenen Kleinen Rann von Kachchh, und liegt größtenteils auf dem Gebiet des Distriktes Kachchh im westindischen Bundesstaat Gujarat, südlich der Wüste Thar. Nur ein kleiner Teil gehört zur pakistanischen Provinz Sindh. Das Wort „Rann“ ist aus dem Hindi entlehnt und bedeutet Salzsumpf.
Ursprünglich war der Rann von Kachchh eine Bucht des flachen Arabischen Meeres. Durch Hebung des Meeresbodens wurde diese vom Meer abgeschnitten und es entstand ein riesiger Salzsee, der in der Antike noch befahrbar war. Im Laufe der Zeit verlandete der See zu einem Salzsumpf. Dieser wird regelmäßig während der kurzen Regenzeit von Juli bis September um bis zu 50 Zentimeter überflutet. Lediglich einige sandige, salzfreie Stellen ragen zwei bis drei Meter über die Wasseroberfläche hinaus. Zu dieser Zeit münden auch mehrere Flüsse in den Salzsee. In der Trockenzeit fließt nur der Luni zum Rann von Kachchh, um dort zu versickern.
Pflanzen- und Tierwelt
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der trockenen und heißen, lebensfeindlichen Umgebung gedeihen nur wenige Pflanzen, vor allem Gräser und Dornbüsche. Bäume kommen nur vereinzelt an den salzfreien Stellen, die nicht überflutet werden, vor.
Den unwirtlichen Bedingungen des Salzsumpfes haben sich nur wenige größere Tierarten angepasst. Für den auch als Ghorkhar oder Indischen Halbesel bekannten Khur (Equus hemionus khur) ist der Rann von Kachchh eines der letzten Rückzugsgebiete in Indien. Daneben kommen etwa 50 weitere Säugetierarten vor, unter anderem die Indische Gazelle (Gazella bennettii), die Nilgauantilope (Boselaphus tragocamelus), die Hirschziegenantilope (Antilope cervicapra), der Wolf (Canis lupus), die Streifenhyäne (Hyaena hyaena), die Indische Steppenkatze (Felis silvestris ornata) und der Karakal oder Wüstenluchs (Caracal caracal). Rund 200 Vogelarten sind im Rann von Kachchh einheimisch, zudem überwintern dort viele Zugvögel aus Sibirien. Zum Schutz der vorkommenden, teils bedrohten Tierarten wurden weite Teile des Gebietes unter Naturschutz gestellt und bilden das Dhrangadhra-Wildreservat.
Grenzstreitigkeiten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach der Unabhängigkeit Indiens und Pakistans 1947 entspann sich ein Territorialstreit um den Rann von Kachchh. Indien stellte sich auf den Rechtsstandpunkt, dass der ganze Rann zum Fürstenstaat Kachchh gehört habe, und damit mit dem Beitritt dieses Staates zur Indischen Union 1947 zu Indien gehöre. Nach dem indischen Standpunkt war die Grenze zwischen Sindh und Kachchh in allen offiziellen Karten aus der Zeit Britisch-Indiens, die zwischen 1872 und 1943 und auch noch später veröffentlicht wurden, klar definiert. Die regierungsoffizielle Gazetteer of Sind (Karatschi, 1907), die durch den britischen Minister für Indien veröffentlichte Imperial Gazetteer of India 1908 und die regierungsoffizielle Imperial Gazetteer of India of the Bombay Presidency aus dem Jahr 1908 veröffentlichten Karten, in denen der Rann von Kachchh außerhalb der Provinz Sindh lag. In den offiziellen Karten, die 1937, 1939 und 1942 von der Kolonialadministration herausgegeben wurden, lag der Rann im Bereich der Western India States Agency.[1]
Pakistan argumentierte legalistisch, dass der Rann nicht nur bis zum 24. Breitengrad, sondern auch zum Teil südlich davon de facto unter der Administration der Provinz Sindh gestanden habe und daher zu Pakistan gehören müsse. Auf der Landkarte der Topographical Survey of India 1938 und den folgenden Nachdrucken 1940, 1944 und 1946 war die Region als umstritten gekennzeichnet.[1] Pakistan bestand auf der Grenzziehung in der Mitte des zur Regenzeit vorhandenen Sees, etwa entlang des 24. Breitengrades.[2] Bei Grenzgewässern wird im internationalen Recht üblicherweise die Mitte des Gewässers als Grenzlinie festgelegt. Die indische Seite wiederum bestritt, dass es sich um einen echten See handle. Es handle sich vielmehr eher um eine Art Marschland.[1]
1965 kam es im Vorfeld des Zweiten Indisch-Pakistanischen Krieges zu Kämpfen um den Rann von Kachchh, bei denen mindestens 450 Soldaten ums Leben kamen. Nach Verhandlungen, die durch den britischen Premierminister Harold Wilson vermittelt wurden, einigten sich die beiden Länder am 19. Februar 1968 auf eine Teilung des Gebietes. 10 Prozent wurden Pakistan zugeteilt, 90 Prozent verblieben bei Indien.[2] Kurz nach dem sogenannten Kargil-Krieg zwischen Indien und Pakistan, der sich praktisch ausschließlich im Hochgebirge von Kaschmir abspielte, wurde am 10. August 1999 eine Breguet Atlantic der pakistanischen Seestreitkräfte abgeschossen, die wohl indischen Luftraum im Bereich des Rann von Kachchh verletzt hatte, was die Spannungen erneut aufleben ließ.[3][4] Weiter umstritten ist die Grenzziehung im Bereich des Sir Creeks.[5]
Gujarat Hybrid Renewable Energy Park
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der Salzwüste, nahe dem Dorf Khavda im Subdistrikt Bhuj Taluka, entsteht der größte Energiepark der Welt. Bis 2030 soll die Kombination aus Solar- und Windkraftwerken eine Leistung von 30 GW liefern. 26 GW sollen durch Solarmodule und 4 GW durch Windturbinen erzeugt werden. Im April 2024 betrug die installierte Leistung der Solarmodule über 2 GW. Die Kosten für das Projekt sollen bei 19 Milliarden US-Dollar liegen. Der Aufbau soll 8000 Arbeiter beschäftigen.[6] Mit dem Bau wurde im Dezember 2020 begonnen. Nach der Fertigstellung hat der Energiepark eine Fläche von 726 km²,[7] was die Fläche von Staaten wie Singapur und Bahrain übertrifft.[8]
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- My Name Is Salt, indisch-schweizerischer Dokumentarfilm von Farida Pacha, Trigon-Film (2013)
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- D. Konrad: Rann of Kutch Arbitration. In: Encyclopedia of Public International Law. Band 2, 1981, S. 240.
- Wetter J. Gillis: The Rann of Kutch Arbitration. In: American Journal of International Law. Band 65, 1971, ISSN 0002-9300, S. 346.
- Hari Ram Gupta: The Kutch Affair. U. C. Kapur, Delhi 1969.
- Saeed Ahmad: The Indo-Pak clash in the Rann of Kutch. Army Education Press, Rawalpindi 1973.
- M. S Deora, R. Grover: Rann of Kutch and after. Anmol Publications, New Delhi 1998.
- Herbert Wilhelmy: Indusdelta und Rann of Kutch. In: Erdkunde – Archive for Scientific Geography. Band 22, Nr. 3, Herbst 1968, ISSN 0014-0015, S. 177–191 (PDF; 3,4 MB).
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c Farzana Khan: The Rann of Kutch Dispute. In: Pakistan Institute of International Affairs (Hrsg.): Pakistan Horizon. Band 18, Nr. 4, 1965, S. 374–384, JSTOR:41393249 (englisch).
- ↑ a b REPORTS OF INTERNATIONAL ARBITRAL AWARDS. (PDF) Vereinte Nationen, 19. Februar 1968, abgerufen am 14. August 2016 (englisch).
- ↑ India downs Pakistani plane. BBC News, 10. August 1999, abgerufen am 14. August 2016 (englisch).
- ↑ Pakistani plane 'may have crossed border'. BBC News, 13. August 1999, abgerufen am 14. August 2016 (englisch).
- ↑ The disputed Sir Creek. BBC News, 10. August 1999, abgerufen am 14. August 2016 (englisch).
- ↑ Andreas Menn: Solarenergie: Hier entsteht das größte Kraftwerk der Welt. In: wiwo.de. 20. April 2024, abgerufen am 20. April 2024.
- ↑ Patrick Mulyungi: World’s largest renewable energy park project achieves significant milestone. In: constructionreviewonline.com. 18. März 2024, abgerufen am 20. April 2024.
- ↑ Devanjana Nag: Bigger than Singapore, Bahrain! World’s biggest, hybrid renewable energy park in Gujarat to attract huge investment! In: financialexpress.com. 16. Dezember 2020, abgerufen am 20. April 2024 (englisch).
Koordinaten: 24° 4′ 17,6″ N, 70° 40′ 20,3″ O