Rasha Abbas – Wikipedia

Rasha Abbas (arabisch رشا عباس, DMG Rašā ʿAbbās; * 1984 in Latakia, Syrien) ist eine syrische Schriftstellerin und Journalistin. Nach ihrer Tätigkeit als Redakteurin beim syrischen Staatsfernsehen ging sie 2013 während des syrischen Bürgerkriegs zunächst in den Libanon und anschließend nach Deutschland ins Exil. Sie schreibt ihre Kurzgeschichten und Filmdrehbücher auf Arabisch, unter anderem über ihre Erfahrungen als Flüchtling, und hat mehrere Erzählbände veröffentlicht, die auch auf Englisch und Deutsch veröffentlicht wurden. Ihre Werke zählen zur zeitgenössischen syrischen Exilliteratur.

Abbas studierte Journalismus an der Universität Damaskus und arbeitete zunächst als Redakteurin beim syrischen Staatsfernsehen. 2008 veröffentlichte sie ihre ersten Kurzgeschichten auf Arabisch mit dem übersetzten Titel Adam hasst das Fernsehen. Sie wurde dafür mit dem Preis für junge Schriftsteller beim Arabischen Kulturhauptstadt-Festival 2008 ausgezeichnet. Während des Bürgerkriegs in Syrien seit 2011 schloss sie sich der Anti-Regierungsprotestbewegung an und ging daraufhin ins Exil in den Libanon. 2014 erhielt sie ein Jean-Jacques-Rousseau-Stipendium für einen dreimonatigen Aufenthalt an der Akademie Schloss Solitude in Stuttgart, wo sie ihre zweite Kurzgeschichtensammlung auf Arabisch über ihr Leben als Syrerin in Deutschland schrieb.[1] Diese wurde noch vor der arabischen Publikation von Sandra Hetzl übersetzt und erschien 2016 als Die Erfindung der deutschen Grammatik.[2] 2018 erschienen ihre Erzählungen Eine Zusammenfassung von allem, was war.[3] Weiterhin war Abbas als Autorin und Übersetzerin für Anthologien in Englisch und Deutsch mit Werken syrischer Autorinnen und Autoren tätig.[4] Anschließend an ihren Aufenthalt in Stuttgart als Jean-Jacques-Rousseau-Stipendiatin lebt Abbas in Berlin.

In einem Essay mit dem übersetzten Titel „Wie politisch können wir beim Schreiben werden?“ schrieb sie über den Zusammenhang zwischen Literatur und Politik. Angesichts des Kriegs in ihrem Heimatland stelle sich ihr die Frage, ob und wie sie über politische Ereignisse schreiben sollte. Sie zitierte dazu einerseits George Orwells Feststellung „In unserer Zeit gibt es kein ‚Heraushalten’ aus der Politik.“ Als entgegengesetzte Position nannte sie dann die Entscheidung, sich als Schriftstellerin jeder politischen Aussage zu enthalten. Ihr persönliches Fazit lautete abschließend: „Herauszufinden, was Sie interessiert, worüber Sie mit Leidenschaft schreiben möchten, scheint ein besserer Kompass zu sein, als herauszufinden, worüber Sie schreiben ‚sollten‘.“[5]

Abbas war 2016 Gast des „Goethe-Instituts Damaskus im Exil“, einer Veranstaltungsreihe in Berlin, bei der 100 syrische und deutsche Künstler in 50 Veranstaltungen ein Programm zu den Themen Heimat, Flucht und Identität präsentierten.[6] 2017 waren Abbas und ihre Übersetzerin ins Englische, Alice Guthrie, Gäste beim OMI Art Center Translation Lab in Ghent (New York).[7] Im selben Jahr war sie vom Shubbak Festival in London zu einer einmonatigen Residenz in der British Library eingeladen.[8]

Neben ihren belletristischen und journalistischen Arbeiten schrieb Abbas auch das Drehbuch für den Kurzfilm Zufriedenheit und Glück, der von der Bedayat Stiftung produziert wurde. Zu den Unterschieden in ihren Erzählungen auf Arabisch, die zuvor für ein deutsches Publikum übersetzt wurden, schrieb sie:[8]

„Als ich das Buch schrieb, hatte ich vor allem an die Leser gedacht, die in Deutschland leben: Deutsche und Araber gleichermaßen. Aber viele Dinge in meinen Geschichten werden für Menschen in der arabischen Welt, die Deutschland nicht kennen, ziemlich rätselhaft sein. Deshalb habe ich die arabische Version für die Veröffentlichung durch die libanesische Sektion der Heinrich-Böll-Stiftung überarbeitet. Außerdem kann man für arabische Leser sehr unterschiedliche Witze machen und dabei Ausdrücke oder Bilder verwenden, die in der arabischen Welt wohlbekannt sind.“

Rasha Abbas, syrische Schriftstellerin

Literaturkritik

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Unter anderem in der Süddeutschen Zeitung und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sowie in der Times Literary Supplement erhielten die Kurzgeschichten von Abbas überwiegend positive Kritiken.[9][10] In der FAZ fasste Martin Lhotzky seinen Eindruck über Eine Zusammenfassung von allem, was war wie folgt zusammen: „Es ist schier unmöglich, dies dünne Bändchen, diese bemerkenswerten Kurzgeschichten, in einem zu lesen. Vielmehr legt man es nach höchstens zwei hintereinander verschlungenen Geschichten jedes Mal für eine Gedankenpause aus der Hand. Anders geht es kaum.“[9] Über dasselbe Buch schrieb Sigrid Brinkmann für den Deutschlandfunk Kultur: „Die Figuren der 21 Geschichten haben in menschliche Abgründe geschaut, und die Autorin zeigt, wie sie sich dem Vernichtungswillen anderer mithilfe ihrer Vorstellungskraft widersetzen.“[11]

In seiner Studie „Dancing with the Sniper: Rasha Abbas and the “Art of Survival” as an Aesthetic Strategy” schrieb Moritz Schramm von der University of Southern Denmark: „In Abbas‘ Prosa wird diese „Überlebenskunst“ durch die Verschmelzung von Zeiten und Räumen sowie die ästhetische Transformation der Realität in surreale Bereiche erreicht und zum Ausdruck gebracht.”[12] Darüber hinaus waren ihre Erzählungen Thema der literaturwissenschaftlichen Studie „Bourdieu, Latour and Rasha Abbas: The Uses of Actor-Network Theory for Studying the Field(s) of Cultural Production in the Middle East and North Africa“.[13]

In Sammelbänden:

  • A Plate of salmon is never fully cleansed of blood, In: Syria Speaks: Art and Culture from the Frontline. (2014) London, Saqi Books[16]
  • Der Tag, an dem ich in die Zerstörung zurückkehrte, In: Sherko Fatah, Mathias Bothor, Joachim von Zepelin u. a. Weg sein – hier sein: Texte aus Deutschland. (2016) Zürich: Secession Verlag für Literatur, ISBN 978-3-905951-97-4
  • Simon the Matador, In: Selma Dabbagh (Hrsg.) We Wrote in Symbols: Love and Lust by Arab Women Writers. (2021) London, Saqi Books

Einzelnachweise

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  1. Rasha Abbas. Schloss Solitude, 2014, abgerufen am 23. Oktober 2023 (amerikanisches Englisch).
  2. Rasha Abbas: Die Erfindung der deutschen Grammatik. Kurzgeschichten - Perlentaucher. Abgerufen am 24. Oktober 2023.
  3. Rasha Abbas: Eine Zusammenfassung von allem, was war. Geschichten - Perlentaucher. Abgerufen am 24. Oktober 2023.
  4. Rasha Abbas - 2 Bücher - Perlentaucher. Abgerufen am 24. Oktober 2023.
  5. Rasha Abbas: How Political Can We Get While Writing? Akademie Schloss Solitude, 20. Oktober 2016, abgerufen am 24. Oktober 2023 (amerikanisches Englisch).
  6. Goethe-Institut Damaskus | Im Exil eröffnet heute in Berlin - Goethe-Institut. Abgerufen am 23. Oktober 2023.
  7. We Can’t Compete in Writing. Akademie Schloss Solitude, 27. November 2015, abgerufen am 24. Oktober 2023 (amerikanisches Englisch).
  8. a b Rasha Abbas, the ‘King of Cups,’ and How Literature Lags Behind Music. 9. August 2017, abgerufen am 24. Oktober 2023 (amerikanisches Englisch).
  9. a b Eine Zusammenfassung von allem, was war. buecher.de, abgerufen am 25. Oktober 2023.
  10. Raphael Cormack: The cultural blossoming of the new Arabic diaspora. In: TLS. Abgerufen am 24. Oktober 2023 (britisches Englisch).
  11. Sigrid Brinkmann: Rasha Abbas: „Eine Zusammenfassung von allem, was war“ - Eine Wirklichkeit mit absurden Zügen. In: deutschlandfunkkultur.de. Abgerufen am 24. Oktober 2023.
  12. Moritz Schramm: Dancing with the Sniper: Rasha Abbas and the “Art of Survival” as an Aesthetic Strategy. In: Humanities. Band 12, Nr. 2, April 2023, ISSN 2076-0787, S. 29, doi:10.3390/h12020029 (mdpi.com [abgerufen am 24. Oktober 2023]).
  13. Felix Lang: Bourdieu, Latour and Rasha Abbas: The Uses of Actor-Network Theory for Studying the Field(s) of Cultural Production in the Middle East and North Africa. In: Cultural Sociology. Band 13, Nr. 4, Dezember 2019, ISSN 1749-9755, S. 428–443, doi:10.1177/1749975519856241 (sagepub.com [abgerufen am 24. Oktober 2023]).
  14. Rasha Abbas: Die Erfindung der deutschen Grammatik: Geschichten. mikrotext, 2016, ISBN 978-3-944543-30-7 (google.com [abgerufen am 24. Oktober 2023]).
  15. Rasha Abbas: Eine Zusammenfassung von allem, was war: Erzählungen. mikrotext, 2018, ISBN 978-3-944543-56-7 (google.com [abgerufen am 24. Oktober 2023]).
  16. Malu Halasa, Zaher Omareen, Nawara Mahfoud: Syria Speaks: Art and Culture from the Frontline. Saqi, 2014, ISBN 978-0-86356-792-6 (google.com [abgerufen am 24. Oktober 2023]).