Robert Davidsohn – Wikipedia
Robert Davidsohn (* 26. April 1853 in Danzig; † 17. September 1937 in Florenz) war ein deutscher Journalist und Historiker. Er ist für die Renaissanceforschung und für die mittelalterliche Geschichte von Florenz durch seine Quellenwerke als auch durch seine Geschichte dieser Stadt ein Begriff.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach seinem ersten Besuch in Florenz 1884 entschied sich der Redakteur des renommierten Berliner Börsen-Couriers für einen Ortswechsel, kehrte dem für ihn zwar lohnenden, jedoch ihn nicht befriedigenden Journalismus den Rücken. Er nahm 1886 das Studium der Geschichte auf, entsprechend dem Rat von Ferdinand Gregorovius in Heidelberg, nicht in Berlin. Zwei Jahre später promovierte er bereits. 1889 ließ er sich in Florenz nieder. Seit 1903 war er Mitglied der dortigen Accademia della Crusca, aus der er allerdings wegen antiitalienischer Äußerungen während des Ersten Weltkriegs mit Wirkung von 1923 ausgeschlossen wurde.[1] Seit 1910 war er ausländisches Mitglied der Accademia dei Lincei in Rom und seit 1920 der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.[2]
Davidsohn war wohl der wichtigste Forscher im Umkreis von Aby Warburg. Freundschaftliche Kontakte unterhielt er auch zu dem Wirtschaftshistoriker Alfred Doren. Davidsohn erlebte dieselben heftigen Angriffe der deutschen Geschichtswissenschaft wie u. a. Doren, weil er jüdischer Abstammung war. Seine Werke zum mittelalterlichen Florenz sind noch heute von grundlegender Bedeutung. Hauptsächlich verfolgte er einen sozial- und kulturgeschichtlichen Ansatz. Dennoch fand er auch unter Fachkollegen gewisse Anerkennung wie z. B. von Alexander Cartellieri, der in der Zeitschrift Die Tat 19 (1927), Heft 9, S. 690 f. das Werk Davidsohns Die Frühzeit der Florentiner Kultur, Berlin 1927, rezensierte.
Davidsohn verfasste ein Kriegstagebuch und eine Autobiographie, deren Erforschung und Erstedition sich momentan ein Projekt an der Ludwig-Maximilians-Universität München widmet.[3]
Familie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Robert Davidsohn war das jüngste von acht Kindern des Textilkaufmanns Heÿmann Moses Davidsohn (geb. 1. November 1801 in Stolzenberg bei Danzig, gest. 20. Januar 1871) und seiner Ehefrau Amalie Davidsohn, geb. Rosenberg (geb. 3. April 1814 oder 26. März 1815 in Kulm an der Weichsel, gest. 16. Aug. 1889 in Heringsdorf an der Ostsee). Der Journalist und Zeitungsgründer George Davidsohn (1835–1897) war einer seiner drei Brüder.[4]
Werke (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Geschichte von Florenz. 4 Bände in 6 Teilen. E. S. Mittler & Sohn, Berlin 1896–1927.
- Band 1: Aeltere Geschichte (1896) (Digitalisat)
- Band 2: Guelfen und Ghibellinen
- Teil 1: Staufische Kämpfe (1908) (Digitalisat)
- Teil 2: Die Guelfenherrschaft und der Sieg des Volkes (1908) (Digitalisat)
- Band 3: Die letzten Kämpfe gegen die Reichsgewalt (1912) (Digitalisat)
- Band 4: Die Frühzeit der Florentiner Kultur
- Teil 1: Innere Antriebe, äußere Einwirkungen und politische Kultur (1922) (Digitalisat)
- Teil 2: Gewerbe, Zünfte, Welthandel und Bankwesen (1925) (Digitalisat)
- Teil 3: Kirchliches und Geistiges Leben, Kunst, Öffentliches und Häusliches Dasein (1927) (Digitalisat)
- Forschungen zur Geschichte von Florenz. 4 Bände. E. S. Mittler & Sohn, Berlin 1896–1908.
- Band 1: Forschungen zur älteren Geschichte von Florenz (1896) (Digitalisat)
- Band 2: Aus den Stadtbüchern und -Urkunden von San Gimignano (13. und 14. Jahrhundert) (1900) (Digitalisat)
- Band 3: (13. und 14. Jahrhundert) 1: Regesten unedierter Urkunden zur Geschichte von Handel, Gewerbe und Zunftwesen. 2. Die Schwarzen und die Weissen (1901) (Digitalisat)
- Band 4: 13. und 14. Jahrhundert (1908) (Digitalisat)
- Menschen, die ich kannte. Erinnerungen eines Achtzigjährigen. Hrsg. v. Martin Baumeister und Wiebke Fastenrath Vinattieri unter Mitarbeit von Wolfram Knäbich. (Deutsche Geschichtsquellen des 19. und 20. Jahrhunderts, Bd. 77). Duncker & Humblot, Berlin 2020, ISBN 978-3-428-15716-7 (Fachwissenschaftliche Rezension).
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Bernardino Barbadoro: Davidsohn, Robert. In: Enciclopedia Italiana, Bd. 12, S. 417 Rom 1931 (online); Appendice I, 1938 Nachtrag zum Todesdatum: 20. September 1937.
- Martin Baumeister: Historian between Two Fatherlands: Robert Davidsohn and World War I. In: Martin Baumeister u. a. (Hgg.): Rethinking the age of emancipation. Comparative and transnational perspectives on gender, family, and religion in Italy and Germany, 1800–1918, New York u. a.: Berghahn 2020, ISBN 978-1-78920-632-6, S. 263–285.
- Wiebke Fastenrath Vinattieri, Martina Ingendaay Rodio (Hrsg.): Robert Davidsohn (1853–1937). Uno spirito libero tra cronaca e storia. I. Atti della giornata di studio, II. Gli scritti inediti, III. Catalogo della biblioteca (= Biblioteca dell' „Archivum Romanicum“. Serie I; Bd. 309). Leo S. Olschki, Florenz 2003, ISBN 978-88-222-5219-7 (siehe auch Rezension von Markus Wesche bei sehepunkte)
- Perdita Ladwig: Das Renaissancebild deutscher Historiker 1890 bis 1933. Campus, Frankfurt 2004, S. 45 (Auszug bei Google Books)
- Hans Conrad Peyer: Davidsohn, Robert. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 3, Duncker & Humblot, Berlin 1957, ISBN 3-428-00184-2, S. 538 (Digitalisat).
- Ulrich Wyrwa (Hrsg.): Judentum und Historismus – Zur Entstehung der jüdischen Geschichtswissenschaft in Europa. Campus, Frankfurt 2003 (Auszug bei Google Books)
- Davidsohn, Robert. In: Lexikon deutsch-jüdischer Autoren. Band 5: Carmo–Donat. Hrsg. vom Archiv Bibliographia Judaica. Saur, München 1997, ISBN 3-598-22685-3, S. 324–329.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Robert Davidsohn im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Veröffentlichungen von und über Robert Davidsohn im Opac der Regesta Imperii
- Forschungsprojekt Robert Davidsohn, Ludwig-Maximilians-Universität, Neueste Geschichte – Zeitgeschichte
- Martina Ingendaay Rodio, Marco Pinzani (Hrsg.): Lascito Davidsohn, Biblioteca Comunale Centrale, 'Florenz
- http://www.storiadifirenze.org/?storici=davidsohn-robert
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Mitgliederliste der Crusca.
- ↑ Mitgliedseintrag von Robert Davidsohn bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 23. Januar 2017.
- ↑ Ludwig-Maximilians-Universität München, abgerufen am 18. Mai 2017.
- ↑ Martin Baumeister und Wiebke Fastenrath Vinattieri unter Mitarbeit von Wolfram Knäbich (Hrsg.), „Robert Davidsohn: Menschen, die ich kannte. Erinnerungen eines Achtzigjährigen“, Reihe: Deutsche Geschichtsquellen des 19. und 20. Jahrhunderts, Herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften durch Hans-Christof Kraus, Band 77, Verlag, Duncker & Humblot, Berlin, 2020, Digitalisat
Personendaten | |
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NAME | Davidsohn, Robert |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Historiker |
GEBURTSDATUM | 26. April 1853 |
GEBURTSORT | Danzig |
STERBEDATUM | 17. September 1937 |
STERBEORT | Florenz |