Südtiroler-Siedlung – Wikipedia
In Südtiroler-Siedlungen wurden Anfang der 1940er Jahre im Deutschen Reich (Deutschland und Österreich) Wohneinheiten in einheitlicher Bauweise für die zugezogenen Südtiroler errichtet.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Adolf Hitler und der italienische Faschistenführer Benito Mussolini schlossen 1939 ein Abkommen („Hitler-Mussolini-Abkommen“):
Es zwang die Südtiroler, sich zu entscheiden, ob sie
- unter den Bedingungen des italienischen Faschismus in Südtirol bleiben
- oder in das Deutsche Reich auswandern wollen.
In der Zeit zwischen 1939 und 1943 wird diese Wahlmöglichkeit als „Option in Südtirol“ bezeichnet, in welcher die nicht-italienischsprachigen Südtiroler (deutsch- und ladinischsprachig) nach Deutschland oder Österreich auswanderten („Optanten“) oder in Südtirol blieben („Dableiber“).[1]
80 Prozent (das waren 166.488 Südtiroler) entschieden sich für die Option – und bis Kriegsende wanderten etwa 75.000 von ihnen aus.[2] So wurden etwa 11.000 von ihnen in eilends errichteten Wohnsiedlungen in Vorarlberg untergebracht.
Diese Siedlungen stehen bis heute in den größeren Gemeinden und Städten Österreichs und sind als „Südtiroler-Siedlungen“ bekannt. Im Zusammenhang mit dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 wurde diese Bauentscheidung nur für die Ostmark getroffen. Die genaue Erforschung der Umstände steht noch aus.
Standorte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Liste der Orte mit Südtiroler-Siedlung soll einen Überblick zu den Standorten von Südtiroler-Siedlungen bieten.
Viele der Südtiroler-Siedlungen in Vorarlberg und Tirol wurden vom Stuttgarter Architekten Helmut Erdle (1906–1991) mitgeplant:
Beteiligung an Planung und Ausführung von Siedlungen für Südtiroler in Kematen, Landeck-Perjen, Landeck-Zams, Jenbach, Imst, Telfs, Schwaz, Kufstein, St. Johann, Reutte, Hall, Bregenz-Lochau, Götzis, Völs, Wattens, Brixlegg, Pfunds, Flirsch, Jochberg, Wörgl und Kramsach.
- 1938–39 tätig im Heimstättenamt in Wien
- 1939–43 tätig im Heimstättenamt in Innsbruck, Leiter der Planungsabteilung[3]
Das Reichsheimstättenamt war eine Organisation der Deutschen Arbeitsfront, siehe dazu der auch aus Stuttgart kommende Architekt Julius Schulte-Frohlinde, ab 1934 unter Albert Speer stellvertretender Leiter der Bauabteilung der DAF, ab 1936 der Leiter, und ihm sind auch die Planungsabteilungen des Reichsheimstättenamtes unterstellt.
Burgenland
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Niederösterreich
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Mistelbach (Vorläufer, weil im Ersten Weltkrieg errichtet und von 1916 bis 1918 für Flüchtlinge genutzt)[5]
- Mödling
Oberösterreich
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Salzburg
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Steiermark
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Bad Radkersburg am Südtirolerplatz zwischen der ehemaligen Augustiner-Eremiten-Kirche und dem Südostturm der mittelalterlichen Stadtbefestigung.
- Bruck an der Mur[8]
- Deutschlandsberg
- Fürstenfeld[9]
- Gleisdorf (Südtiroler Siedlung in der Neugasse)[10]
- Graz
- Gröbming (Südtiroler Siedlung erbaut 1941–1943, von Hans Jaksch und Siegfried Theiss)[11]
- Leibnitz
- Liezen
- Weiz[12]
Tirol
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Vorarlberg
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die 1939 neu gegründete Vorarlberger gemeinnützige Wohnungsbau- und Siedlungsgesellschaft m.b.H. Vogewosi wurde als Bauträger der sogenannten Südtiroler Volkswohnbauten im Land Vorarlberg beauftragt, wobei insgesamt 2300 Wohnungen geplant waren.[36]
- Bludenz (1942–1947 erbaut)[37]
- Bregenz (1939–1941)
- Dornbirn (1939–1941)[38]
- Götzis (1941 errichtet)[39]
- Hard
- Hohenems (1943)
- Levis (Feldkirch), Siechengut (erbaut 1940)[40]
- Lochau
- Lustenau, Heimkehrerstraße 1–9, 11, 13, 15, Bahnhofstraße 16, Hinterfeldstraße 6, 8, 12: Von 150 geplanten Wohnungen wurden 101 Wohnungen in der Bahnhofsstraße fertiggestellt und 1941 vom Bürgermeister mit der Bezeichnung Heimkehrerstraße betitelt, eine Bezeichnung, die die Wohnanlage noch immer trägt.[41]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Helmut Alexander, Adolf Leidlmair, Stefan Lechner: Heimatlos: die Umsiedlung der Südtiroler. Deuticke, Wien 1993, ISBN 3-216-07832-9.
- Anja Manfredi: Die Südtiroler Siedlung oder Das Gedächtnis der Häuser, der Pflanzen und der Vögel. Fotografien/Photographs. Mit Beiträgen von Hannes Obermair und Maren Lübbke-Tidow. Schleebrügge Editor, Wien 2021, ISBN 978-3-903172-74-6.
- Wittfrida Mitterer (Hrsg.): Südtiroler Siedlungen: Condominium in mind. Weger, Brixen 2023, ISBN 978-88-6563-341-0.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 23. Juni 1939: Die Vereinbarung über die Umsiedlung, Besprechung der Südtirol-Frage in Berlin.
- Südtiroler Siedlungen, aus der Reihe Hundert Häuser – Die Republik Österreich im Spiegel ihrer Architektur, Radio Ö1, 17. September 2018.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Vorarlberg-Leitfaden. Was Staatsbürgerschaftswerber über unser Land wissen sollten ( vom 15. Dezember 2007 im Internet Archive), Bregenz 2006. Seite 11 (PDF).
- ↑ STANDARD-Wohnsymposium
- ↑ Helmut Erdle ( vom 22. Februar 2014 im Internet Archive) (PDF; 689 kB)
- ↑ Bernd Zimmermann: Die Südtiroler Siedlung in Oberwart, in: Österreich in Geschichte und Literatur, 35. Jg. 1991, Heft 5b–6, S. 430.
- ↑ Alfred Englisch, Günter Hollaus und Karl Kleibl: 90 Jahre Südtirolersiedlung in Mistelbach. (PDF) 1916–2006. In: Heimatkundliche Beilage Südtirolersiedlung. 20. September 2006, archiviert vom am 29. September 2007; abgerufen am 12. September 2013.
- ↑ Onlineauftritt Pongauer Nachrichten Südtiroler Trachtengruppe St. Johann Herzjesufest 2007
- ↑ Schwarzach im Pongau
- ↑ Der Freiraumplan für Bruck/Mur – Soziale Vorrangflächen – Freiraumplanung im Interesse der Jugendlichen. Endbericht 2001 ( vom 4. März 2016 im Internet Archive)
- ↑ Adolf Leidlmair: Die Bevölkerungsentwicklung und ethnische Struktur Südtirols seit 1918, in: Österreich in Geschichte und Literatur, 34. Jg. 1990, Heft 5b–6, S. 352 ff.
- ↑ Siegbert Rosenberger in: Zehnteilige Serie zu Hundert Jahre Stadt Gleisdorf (1920–2020), 2020, Folge 10.
- ↑ Architektenlexikon
- ↑ Südtirolersiedlung auf der Homepage der Stadtgemeinde Weiz
- ↑ Hall in Tirol – Südtiroler Siedlung Rudolfstraße. In: Tiroler Kunstkataster. Abgerufen am 1. Oktober 2017.
- ↑ Hall in Tirol – Südtiroler Siedlung Schönegg. In: Tiroler Kunstkataster. Abgerufen am 1. Oktober 2017.
- ↑ Hopfgarten im Brixental – Südtiroler Siedlung. In: Tiroler Kunstkataster. Abgerufen am 1. Oktober 2017.
- ↑ Imst – Südtiroler Siedlung Franz-Xaver-Renn-Straße. In: Tiroler Kunstkataster. Abgerufen am 1. Oktober 2017.
- ↑ Imst – Südtiroler Siedlung Am Grettert. In: Tiroler Kunstkataster. Abgerufen am 1. Oktober 2017.
- ↑ Onlineauftritt Universität Innsbruck ( vom 4. März 2016 im Internet Archive) Innsbruck: Kennen Sie diese Gebäude? Die „Sondermaßnahme S“
- ↑ Jenbach – Südtiroler Siedlung (Tratzbergsiedlung). In: Tiroler Kunstkataster. Abgerufen am 1. Oktober 2017.
- ↑ Jochberg – Südtiroler Siedlung. In: Tiroler Kunstkataster. Abgerufen am 1. Oktober 2017.
- ↑ Kematen in Tirol – Südtiroler Siedlung. In: Tiroler Kunstkataster. Abgerufen am 1. Oktober 2017.
- ↑ Messerschmittwerk ( vom 5. Januar 2009 im Internet Archive)
- ↑ Onlineauftritt fraunhofer Informationszentrum Raum und Bau Hans Glaser: Neue Dorfstruktur – Weiterentwicklung einer bewährten Wohnform, Selbstverlag Aldrans 2004
- ↑ Kitzbühel – Südtiroler Siedlung. In: Tiroler Kunstkataster. Abgerufen am 1. Oktober 2017.
- ↑ — ( vom 22. Februar 2014 im Internet Archive) Notizen aus dem Südwestdeutschen Archiv für Architektur und Ingenieurbau an der Universität Karlsruhe (Seite 6)
- ↑ Kufstein – Südtiroler Siedlung. In: Tiroler Kunstkataster. Abgerufen am 1. Oktober 2017.
- ↑ Lienz – Südtiroler Siedlung. In: Tiroler Kunstkataster. Abgerufen am 1. Oktober 2017.
- ↑ Stadtgemeinde Lienz (Seite 4/4) ( vom 23. September 2015 im Internet Archive)
- ↑ Ausführliche Dokumentation in: Anja Manfredi: Die Südtiroler Siedlung oder Das Gedächtnis der Häuser, der Pflanzen und der Vögel. Fotografien/Photographs. Mit Beiträgen von Hannes Obermair und Maren Lübbke-Tidow. Schleebrügge Editor, Wien 2021, ISBN 978-3-903172-74-6.
- ↑ Reutte – Südtiroler Siedlung. In: Tiroler Kunstkataster. Abgerufen am 1. Oktober 2017.
- ↑ Wernher Freiherr von Braun (1912–1977) ( vom 18. Februar 2008 im Internet Archive) in der Hand der US-Streitkräfte: mit eingegipstem Arm in der Südtiroler-Siedlung in Reutte, Foto Mai 1945
- ↑ St. Johann in Tirol – Südtiroler Siedlung Bozner Straße. In: Tiroler Kunstkataster. Abgerufen am 1. Oktober 2017.
- ↑ St. Johann in Tirol – Südtiroler Siedlung Meraner Straße. In: Tiroler Kunstkataster. Abgerufen am 1. Oktober 2017.
- ↑ Telfs – Südtiroler Siedlung. In: Tiroler Kunstkataster. Abgerufen am 1. Oktober 2017.
- ↑ Onlineauftritt Der Standard Hannes Schlosser: Mut zum Abriss und zur Dichte – Die Südtiroler Siedlung in Telfs, 28. Juni 2006
- ↑ Wolfgang Scheffknecht: 100 Jahre Marktgemeinde Lustenau 1902 bis 2002. Eine Chronik, S. 240, Marktgemeinde Lustenau 2003, ISBN 3-900954-06-2.
- ↑ Günther Rau: Bodensee-Bibliographie 1998 PDF Seite 117 Peter Bußjäger, Josef Concin, Karl Gerstgrasser: Die Bludenzer Südtiroler-Siedlung und ihre Bewohner. Zur Entstehung und Sozialgeschichte eines Stadtteils, Geschichtsverein Region Bludenz 1998, Bludenzer Geschichtsblätter 43/45.
- ↑ Lexikon Dornbirn ( vom 25. Oktober 2010 im Internet Archive): Südtirolersiedlungen Sala, Kehlen, Egeten und Rüttenersch
- ↑ Götzis ( vom 27. Februar 2005 im Internet Archive) Im Juli 1941 treffen 200 Südtiroler Umsiedler in Götzis ein, die Südtiroler Siedlung wird errichtet.
- ↑ Levis – Stadtteil mit reicher Geschichte ( vom 4. März 2016 im Internet Archive) (von Stadtarchivar Mag. Christoph Volaucnik; PDF, 1,5 MB)
- ↑ Vogewosi (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Dezember 2018. Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Wohnanlage 818 / Lustenau / Heimkehrerstraße