Salbei – Wikipedia

Salbei

Salvia africana-lutea

Systematik
Euasteriden I
Ordnung: Lippenblütlerartige (Lamiales)
Familie: Lippenblütler (Lamiaceae)
Unterfamilie: Nepetoideae
Tribus: Mentheae
Gattung: Salbei
Wissenschaftlicher Name
Salvia
L.
Illustration von Salvia albocaerulea
Salbei in Behbahan
Salbei in Behbahan

Salbei (Salvia) ist eine Pflanzengattung in der Familie der Lippenblütler (Lamiaceae). Sie ist fast weltweit auf allen Kontinenten außer Antarktika und Australien verbreitet. Mit 850 bis über 900 Arten ist es etwa die zwanzigste unter den artenreichsten Gattungen der Bedecktsamigen Pflanzen (Magnoliopsida, Angiospermen).[1] Viele Arten werden seit dem Altertum als Heilpflanzen genutzt, darunter der für Küche und Medizin wichtige Echte Salbei (Salvia officinalis)[2] und der Wiesensalbei (Salvia pratensis). Die Sorten einiger Arten werden als Zierpflanzen verwendet.

Salbei in Shiraz
Salbei in Shiraz

Der Name Salbei (mittelhochdeutsch salbeie, althochdeutsch salbeia, salveia; gelegentlich auch Salbey) ist über mittellateinisch salvegia entlehnt von lateinisch salvia. Dies ist eine Wortbildung zu lateinisch salvare ‚heilen‘ bzw. salvus ‚gesund‘.[3][4][5] Die Namensgebung bezieht sich vor allem auf den als Heilpflanze verwendeten Echten Salbei (Salvia officinalis), der auch als Heilsalbei oder Küchensalbei bezeichnet wird und seit dem frühen Mittelalter[6] im deutschsprachigen Raum nachweislich verwendet wird.

Beschreibung und Ökologie

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Makroaufnahme von frischen Salbeiblättern: das Indument ist gut erkennbar
Langhornbiene Eucera kullenbergi (Echte Bienen (Apidae)) als Bestäuber an Salvia dominica
Staubfaden (Filament) von Salvia patens; primary filament tip = primäre Filamentspitze; secondary = sekundäre Filamentspitze
Glatte Klausen des Mexikanischen Chia (Salvia hispanica)

Erscheinungsbild und Blätter

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Die Salbei-Arten sind selten ein-, manchmal zweijährige bis meist ausdauernde krautige Pflanzen, Halbsträucher oder Sträucher. Die Pflanzen duften oft aromatisch. Oft befinden sich an oberirdischen Pflanzenteilen einfache Haare und/oder Drüsenhaare (Indument). Die meist selbständig aufrechten Sprossachsen sind meist vierkantig.[7][8][9]

Die meist gegenständig angeordneten Laubblätter sind in einen sehr kurzen bis langen Blattstiel und eine Blattspreite gegliedert. Die Blattspreiten sind einfach mit glatten bis gekerbten oder gezähnten Blattrand oder tief gelappt bis fiederschnittig. Es sind keine Nebenblätter vorhanden.[7][8] Es liegt Fiedernervatur vor.[9]

Blütenstände, Blüten und Blütenökologie

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Die Blüten stehen seitenständig, selten einzeln, sondern meist zu wenigen bis vielen meist in Scheinquirlen zusammen, die in traubigen, ährigen oder rispigen Gesamtblütenständen mehr oder dicht bis weit auseinander übereinander stehen können. Die früh vergänglichen oder haltbaren Tragblätter unterscheiden sich je nach Art mehr oder weniger deutlich von den Laubblättern und können sehr dekorativ sein. Die Deckblätter sind meist winzig bis kaum erkennbar.[7][8] Es sind nur kurze bis kaum erkennbare Blütenstiele vorhanden.[9]

Die zwittrigen Blüten sind zygomorph und fünfzählig mit doppelter Blütenhülle (Perianth).

Die fünf grünen bis purpurfarbenen Kelchblätter sind röhren-, trichter- bis glockenförmig verwachsen. Der Kelchschlund kann innen behaart sein. Die Kelchröhren enden zweilippig, wobei die Oberlippen einfach, zwei- oder dreizähnig und die Unterlippen immer zweizähnig enden. Die 10- bis 15-nervigen Kelche vergrößern sich mehr oder weniger stark bei einigen Arten bis zur Fruchtreife.[8][9]

Die fünf Kronblätter sind zu zygomorphen Blütenkronen verwachsen, die primär den familientypischen zweilippigen Aufbau der „Lippenblüten“ aufweisen, aber die Unterlippe ist bei vielen Arten reduziert. Wenn die Unterlippe voll ausgebildet ist, dann ist sie ausgebreitet dreilappig, wobei der mittlere Lappen am breitesten und konkav ist und die seitlichen Lappen ausgebreitet oder zurückgebogen sind. Die ganzrandige oder zweispaltige Oberlippe ist gefaltet, gerade oder sichelförmig. Die fünf Kronblätter sind röhrig verwachsen. Die Kronröhre ist gerade, horizontal, nach oben gebogen oder oben geweitet und kann innen Haare besitzen. In der Kronröhre können kleine Schuppen (Squamula), zwei bis vier Papillae oder ein Haarkranz oberhalb des Fruchtknotens vorhanden sein.[7][8][9]

Die Farben der Blütenkronblätter reichen von Weiß bis Gelb sowie von Rot über Rosafarben bis Violett und Blau.[9] Rotblühende Arten ohne Gelenkmechanismus sind üblicherweise vogelbestäubt, je nach geografischer Verbreitung zum Beispiel in Südamerika von Kolibris. Blau- und violettblühende Arten mit Gelenkmechanismus sind meist bienen- oder hummelbestäubt. Übergänge und Ausnahmen sind jedoch möglich.

Zwei der vier Staubblätter sind zu sehr kleinen Staminodien reduziert; manchmal fehlen Staminodien. Der Aufbau der Staubblätter weicht stark von dem aller anderen Gattungen der Familie Lamiaceae ab.[8] Die zwei freien, fertilen Staubblätter besitzen kurze, horizontale oder aufrechte Staubfäden.[7] Bei vielen Arten, vor allem bei den von Bienen und Hummeln bestäubten, haben die Staubblätter ein Gelenk ausgebildet, das den Pollen auf den Insektenkörper platziert. Dabei bleibt im Wachstum die primäre Spitze des Filaments dünn und wird von umliegendem Gewebe umwachsen, sodass sich eine sekundäre Filamentspitze bildet. Das Konnektiv wächst aus und trennt die beiden Theken räumlich. Die jeweils untere der Theken ist oftmals kleiner bis zu einer sterilen Platte reduziert (monothekat), sodass der Pollen nur noch von den Theken am Blüteneingang gebildet wird. Bei vogelbestäubten Arten ist dieses Gelenk meist nicht (mehr) vorhanden.[8] Die sekundäre Filamentspitze ist teilweise reduziert und das Gelenk somit destabilisiert oder die Filament-Konnektiv-Verbindung ist nicht mehr so gestaltet, dass eine Drehung möglich ist.

Salbei in Behbahan
Salbei in Behbahan

Der Diskus ist im vorderen Bereich leicht verdickt oder ringförmig. Zwei Fruchtblätter sind zu einem oberständigen Fruchtknoten verwachsen; er ist durch falsche Scheidewände in vier Kammern gegliedert. Der lange, dünne Griffel ist zweigabelig und endet im Querschnitt abgeflachten oder stielrunden, im Umriss pfriemlichen, linealischen oder kreisförmigen Lappen; sie können beide gleich sein oder der vordere ist länger und der hintere kann reduziert sein.[7][8][9]

Die Klausenfrüchte zerfallen in vier glatte, kahle, ellipsoide bis mehr oder weniger kugelige, länglich-eiförmige oder dreikantige, oft braune, einsamige Teilfrüchte (Klausen) mit oder ohne Nerven auf der Oberfläche, die meist bei Feuchtigkeit schleimig sind.[8][9][7]

Systematik und Verbreitung

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Der Gattungsname Salvia wurde 1753 von Carl von Linné in dessen Werk Species Plantarum, 1. Auflage, Band 1, S. 23–27[10] erstveröffentlicht. Als Lektotypusart wurde 1913 Salvia officinalis L. durch Nathaniel Lord Britton und Addison Brown in An illustrated flora of the northern United States, Canada and the British possessions: …, 2. Auflage, 3. Band, S. 128 festgelegt.[11]

Synonyme für Salvia L. sind: Aethiopis (Benth.) Opiz, Aethyopys (Benth.) Opiz, Aitopsis Raf., Arischrada Pobed., Audibertia Benth. nom. illeg., Audibertiella Briq., Belospis Raf., Calosphace Raf., Codanthera Raf., Covola Medik., Crolocos Raf., Dorystaechas Boiss. & Heldr. ex Benth., Drymosphace Opiz, Elelis Raf., Enipea Raf., Epiadena Raf., Euriples Raf., Fenixanthes Raf., Flipanta Raf., Gallitrichum Fourr., Glutinaria Raf., Hematodes Raf., Hemisphace Opiz, Hemistegia Raf., Horminum Mill. nom. illeg., Jungia Heist. ex Fabr., Jungia Heist. ex Moench nom. illeg., Kiosmina Raf., Larnastyra Raf., Leonia Cerv., Leonura Usteri ex Steud., Lesemia Raf., Megyathus Raf., Melinum Medik., Melligo Raf., Meriandra Benth., Oboskon Raf., Ormiastis Raf., Ormilis Raf., Perovskia Kar., Piaradena Raf., Plethiosphace Opiz, Polakia Stapf, Pycnosphace Rydb., Ramona Greene, Rhodochlamys S.Schauer, Rhodormis Raf., Rosmarinus L., Salviastrum Scheele, Schraderia Medik. nom. rej., Sclarea Mill., Sobiso Raf., Sphacopsis Briq., Stenarrhena D.Don, Stiefia Medik., Terepis Raf., Zhumeria Rech. f. & Wendelbo.[12][13]

Illustration von Salvia korolkovii Regel & Schmalh. auf einer Briefmarke aus Usbekistan

Die Gattung Salvia ist fast weltweit verbreitet von tropischen bis in gemäßigte Gebiete.[7] Von Zentral- bis Südamerika kommen etwa 500 Arten vor, vom Mittelmeerraum bis Zentralasien gibt es etwa 250 Arten und in Ostasien sind etwa 90 Arten beheimatet.[14] In Peru kommen etwa 94 Arten vor.[15] In der Flora of China werden 84 Arten gelistet.[7] 34 Arten gibt es in Bolivien.[16] 16 Arten sind in Pakistan beheimatet.[8] 13 Arten sind in Nicaragua beheimatet.[17] In Panama gibt es zehn Arten.[9] In Madagaskar sind sechs Arten beheimatet und zwei Arten sind dort Neophyten.[18]

Äußere Systematik

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Die Gattung Salvia gehört zur Tribus Mentheae in der Unterfamilie Nepetoideae innerhalb der Familie der Lamiaceae.[12] Walker und Sytsma 2007 stellten die Frage auf, ob innerhalb der Tribus Mentheae die Gattung Salvia tatsächlich polyphyletisch oder nur paraphyletisch ist.[19] Um die Gattung Salvia monophyletisch zu machen, würde die Eingliederung von 13 Arten der Gattungen Rosmarinus, Perovskia, Dorystaechas, Meriandra und Zhumeria erforderlich sein. Diese 13 Arten, die noch nicht zur Gattung Salvia gehören, weisen die so typischen Staubblatt-Hebelmechanismen nicht auf.[19] Der Umfang der Gattung Salvia wird noch immer kontrovers diskutiert.

Innere Systematik

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In Bezug auf den Bestäubungsmechanismus mit dem besonderen Aufbau der Staubblätter, der nur einmal aus einem Vorfahren entwickelt wurde, erscheint die Gattung Salvia als monophyletisch. Die Vielfalt der Salvia-Arten im Aufbau der Staubblätter, der vegetative Habitus und die Blütenmorphologie führten zur anhaltenden Diskussion über die infragenerische Klassifikation. Durch DNA-Sequenzierung wurde gezeigt, dass die Gattung Salvia nicht monophyletisch, sondern aus drei unabhängigen Kladen (Salvia-Klade I-III) besteht, die jeweils eine andere Schwestergruppe aufweisen.[14] Es wurde auch gezeigt, dass der Staubblatt-Hebelmechanismus dreimal zu mindestens zwei unterschiedlichen Zeitpunkten, durch parallele, konvergente Evolution entstanden ist.[14] Die unterschiedlichen Staubblatt-Hebelmechanismen gehören eindeutig zu den drei Kladen.[19]

In der Gattung Salvia gibt es 850 bis über 900 (je nach Autor 800 bis 1100) Arten:[1][7][12][13]

Arten
Salvia absconditiflora
Salvia aegyptiaca
Blütenstand des Ungarn-Salbeis (Salvia aethiopis)
Blütenstand von Salvia algeriensis
Ausschnitt eines Blütenstandes von Salvia atropatana
Salvia azurea
Blütenstand von Salvia ballotiflora
Die Sorte Salvia blepharophylla 'Diablo'
Blütenstand von Salvia bracteata
Blütenstand von Salvia brandegeei
Blütenstand von Salvia broussonetii
Salvia buchananii
Salvia cacaliifolia
Salvia caespitosa
Kanaren-Salbei (Salvia canariensis)
Habitus und Blütenstände des Grauen Salbeis (Salvia canescens)
Habitus und Blütenstände vom Distel-Salbei (Salvia carduacea)
Blütenstand von Salvia caymanensis
Blütenstände von Salvia chamaedryoides
Salvia chamelaeagnea
Salvia chiapensis
Blütenstände von Salvia clevelandii
Habitus und Blütenstände von Salvia coahuilensis
Habitus und Blütenstände von Salvia columbariae
Habitus, Laubblätter und Blütenstände von Salvia corrugata
Habitus, Laubblätter und Blütenstände von Salvia darcyi
Zweig mit Laubblättern und Blütenstand von Salvia decumbens
Laubblätter und Blütenstand von Salvia desoleana
Azteken-Salbei (Salvia divinorum)
Zygomorphe Blüten von Salvia dolomitica
Habitus und Laubblätter von Salvia dominica
Habitus, Laubblätter und Blütenstände von Salvia dorrii var. dorrii
Laubblätter und Blütenstand des Honigmelonen-Salbeis (Salvia elegans)
Habitus, Laubblätter und Blütenstände des Mehligen Salbeis (Salvia farinacea)
Habitus, Laubblätter und Blütenstände von Salvia flocculosa
Zygomorphe Blüte des Balkan-Salbeis (Salvia forsskaolei)
Blütenstand von Salvia funerea
Laubblätter und Blütenstand von Salvia gesneriiflora
Habitus, Laubblätter und Blütenstand von Salvia glabrescens
Zygomorphe Blüte der Sorte Salvia greggii ‚Navajo White‘
Laubblätter und Blütenstand von Salvia guaranitica
Blütenstand der Sorte Salvia guaranitica ‚Black & Blue‘
Habitus, Laubblätter und Blütenstand des Johannisbeer-Salbeis (Salvia microphylla)
Habitus, Laubblätter und Blütenstand von Salvia hians
Blütenstand von Salvia hierosolymitana
Blütenstand von Salvia holwayi
Blütenstand von Salvia indica
Zygomorphe Blüte von Salvia interrupta
Habitus, Laubblätter und Blütenstände von Salvia involucrata, in Hawaii als invasive Pflanze
Zweige mit Laubblättern und Blütenständen von Salvia iodantha
Habitus, Laubblätter und Blütenstände von Salvia isensis
Blütenstand von Salvia japonica var. formosana
Blütenstand von Salvia ×jamensis 'Sierra San Antonio Gold'
Habitus, Laubblätter und Blütenstände von Salvia judaica
Ausschnitt eines Blütenstandes von Salvia karwinskii
Habitus, Laubblätter und Blütenstand des Wolligen Salbeis (Salvia lanigera)
Salvia lanceolata
Habitus, Laubblätter und Blütenstände von Salvia leucantha
Ausschnitt eines Blütenstandes von Salvia leucophylla
Habitus, Laubblätter und Blütenstand von Salvia lyrata
Blütenstand von Salvia macrophylla
Blütenstand von Salvia macrosiphon
Habitus von Salvia melissodora
Ausschnitt eines Blütenstandes von Salvia mellifera
Habitus, Laubblätter und Blütenstände der Sorte Salvia mexicana 'Limelight'
Zygomorphe Blüte von Salvia microphylla var. microphylla
Habitus, Laubblätter und Blütenstände von Salvia miltiorrhiza
Habitus von Salvia mohavensis im Habitat
Habitus, Laubblätter und Blütenstände von Salvia muelleri
Zygomorphe Blüte von Salvia muirii
Blütenstand von Salvia munzii
Salvia nemorosa subsp. pseudosylvestris
Habitus, Laubblätter und Blütenstände von Salvia nipponica
Habitus, Laubblätter und Blütenstände des Nickenden Salbeis (Salvia nutans)
Habitus, Laubblätter und Blütenstand des Spanischen Salbeis (Salvia officinalis subsp. oxyodon)
Blütenstand von Salvia omeiana
Habitus und Laubblätter von Salvia palaestina
Blütenstände von Salvia pansamalensis
Salvia reflexa
Rosmarin (Salvia rosmarinus)
Salvia spathacea
Buntschopf-Salbei (Salvia viridis)