Sententiae (Petrus Lombardus) – Wikipedia
Sententiae in quatuor libris distinctae (Vier Bücher der Sentenzen)[1] ist ein theologisches Werk von Petrus Lombardus in Form eines Kommentars, verfasst in der Mitte des 12. Jahrhunderts.[2] Die Sententiae (Sentenzen) waren bis zum 16. Jahrhundert das grundlegende Lehrbuch der katholischen Theologie.[3]
Einführung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Werk von Petrus Lombardus ist Ausdruck der Bemühungen des 12. Jahrhunderts um eine Systematisierung der Theologie. Es sammelt thematisch, vergleicht und kommentiert Fragmente patristischer Schriften, insbesondere des heiligen Ambrosius, Hilarius von Poitiers und des heiligen Augustinus. Petrus Lombardus versucht, verschiedene Fragmente miteinander in Einklang zu bringen und Zweifel auszuräumen. Die vorsichtige und versöhnliche Haltung des Autors trug wesentlich zu seiner Popularität bei. Einige seiner Kommentare stießen jedoch auf Kritik und heftige Diskussionen.[4] Im Jahr 1222 übernahm Alexander von Hales die Sententiae als grundlegendes Lehrbuch für den Theologieunterricht an der Universität Paris und ergänzte damit das Studium der Heiligen Schrift. Eine ähnliche Entscheidung wurde 1245 von dem Dominikaner und theologisch-philosophischen Schriftsteller[5] Richard Fishacre[6] (ca. 1200–1248) an der Universität Oxford getroffen. Nach und nach wurden die Sententiae zum grundlegenden Lehrbuch an mittelalterlichen Universitäten, und ihr Einfluss auf die katholische Theologie blieb bis zum 16. Jahrhundert erheblich, wo sie als Grundlagenwerk durch die Summa theologiae des Thomas von Aquin ersetzt wurden. Der Erwerb eines Magister-Abschlusses in Theologie erforderte die Fähigkeit, die Sententiae, die Bibel und Peter Comestors Historia scholastica zu kommentieren.[7] Alle großen Scholastiker, einschließlich Thomas von Aquin, Wilhelm von Ockham, der heilige Bonaventura und Johannes Duns Scotus, verfassten Kommentare zu den Sententiae.[8] Noch Martin Luther (1483–1546) nahm eine ausführliche Kommentierung der Sententiae vor.
Auf dem Vierten Laterankonzil – dem bedeutendsten Konzil des Mittelalters – wurde die Trinitätslehre des Petrus Lombardus gegen den Vorwurf des Joachim von Fiore (gest. 1202) verteidigt, Petrus Lombardus habe neben die drei göttlichen Personen Vater, Sohn und Heiligen Geist deren gemeinsames Wesen als eine vierte Größe einführen wollen.
Die Sententiae bestehen aus vier Büchern, die folgenden Themen gewidmet sind:
- Gott und Heilige Dreifaltigkeit;
- Engel, Erschaffung der Welt, Sünde und Gnade;
- Inkarnation, Erlösung und Tugenden;
- Sakramente und letzte Dinge.
Dem Petrus-Lombardus-Projekt der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zufolge entstanden „insgesamt etwa 1400 Sentenzenkommentare“, deren Bedeutung für die Erforschung der mittelalterlichen Theologie und Philosophie kaum überschätzt werden könne.[9]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Textus Sententiarum (PL 192, 521–962)
- Petrus Lombardus: Sententiae in quatuor libris distinctae – Vier Bücher der Sentenzen. 2 Bände: Lateinisch – deutsch. Herder 2024, ISBN 3-451-32943-3, ISBN 978-3-451-32943-2
- John T. Slotemaker: „Peter Lombard“. In: Encyclopedia of Medieval Philosophy. Philosophy between 500 and 1500. Henrik Lagerlund (red.). Dordrecht – Heidelberg – London – New York: Springer, 2011, S. 950–952. ISBN 978-1-4020-9728-7 (in Teilansicht).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Libri quattuor sententiarum – Text (lateinisch)
- Scriptum super sententiis – Kommentar zu den „Sententiae“ des Thomas von Aquin (lateinisch)
- Edition von Kommentaren zu den Sentenzen des Petrus Lombardus (BADW)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Titelangabe nach der neuen zweisprachigen Ausgabe (lateinisch-deutsch). - Andere sind laut DNB: Sententiae, Die Sentenzenbücher, Sententiarum libri quattuor, Sententiarum libri IV, Libri IV sententiarum, Die vier Sentenzenbücher.
- ↑ „Eine erste, nicht mehr erhaltene Fassung ist nicht vor 1142 entstanden, die erhaltene zweite wurde 1158 beendet.“ (Verlagstext - Herder)
- ↑ Slotemaker 2011, S. 951.
- ↑ Slotemaker 2011, S. 951.
- ↑ Konrad Goehl, Johannes Gottfried Mayer: Deus in cogitatione existens. Der Appendix zum „Proslogion“ des Anselm von Canterbury – oder: Kann Gaunilos Nicht-Sein gedacht werden? In: Konrad Goehl, Johannes Gottfried Mayer (Hrsg.): Editionen und Studien zur lateinischen und deutschen Fachprosa des Mittelalters. Festgabe für Gundolf Keil zum 65. Geburtstag. Königshausen & Neumann, Würzburg 2000 (= Texte und Wissen. Band 3), ISBN 3-8260-1851-6, S. 339–402, hier: S. 350 (dort „Richard Fischaere“).
- ↑ vgl. Richard Fishacre (BADW)
- ↑ Slotemaker 2011, S. 951–952.
- ↑ vgl. Philipp W. Rosemann: The Story of a Great Medieval Book: Peter Lombard's "Sentences". University of Toronto Press, Toronto 2007
- ↑ petruslombardus.badw.de: Edition von Kommentaren zu den Sentenzen des Petrus Lombardus