Sowjetisches Informationsbüro – Wikipedia

Letzter Kriegsbericht von Sowinform vom 15. Mai 1945
Meldung des Sowjetischen Informationsbüros über die Besetzung Dresdens am 8. Mai 1945
Die Truppen der 2. Weißrussischen Front haben die Zerschlagung der deutschen Truppengruppierung um Danzig abgeschlossen und nahmen am 30. März Stadt und Festung Gdańsk / Danzig im Sturm. Es handelt sich um den wichtigsten Hafen und eine Hauptmarinebasis der Deutschen in der Ostsee. 30. März 1945

Das Sowjetische Informationsbüro oder kurz Sowinform (russisch Советское информационное бюро Sowetskoje Informazionnoje bjuro, SIB, kurz Совинформбюро Sowinformbjuro) war eine Einrichtung in der UdSSR, die von 1941 bis etwa 1961 Informationen über den Kriegsverlauf und nach 1945 Propaganda an in- und ausländische Agenturen verbreitete.

Gründung und Zweck des SIB

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Das SIB wurde am 24. Juni 1941 durch den Beschluss des ZK der Kommunistischen Partei und des Rates der Volkskommissare der UdSSR über die Gründung und Aufgaben des sowjetischen Informationsbüros eingerichtet. Das SIB arbeitete vom 14. Oktober 1941 bis zum 3. März 1942 in Kuibyschew[1], danach in der deutschen Botschaft in Moskau. Der Zweck des SIB sollte darin bestehen, eine Konzentration der Leitung über die Darstellung der internationalen und nationalen Ereignisse in der UdSSR sowie der Kriegsereignisse herbeizuführen.[2] Die politische Leitung über das SIB lag beim ZK der KPdSU.[3]

Aufgabenstellung und Leitung

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Die Aufgabenstellung des SIB umfasste drei Schwerpunkte, die in dem oben erwähnten Beschluss lauteten:[4]

  • die Leitung der Darstellung der internationalen Ereignisse und des inneren Lebens der Sowjetunion in Presse und Rundfunk
  • die Organisation der Gegenpropaganda gegen die deutsche und die andere Feindpropaganda
  • die Darstellung der Ereignisse und kriegerischen Vorkommnisse an den Fronten, die Abfassung und Veröffentlichung der Kriegsberichte anhand des Materials des Oberkommandos

Bei der Aufgabenstellung konnte sich auf die Erfahrungen der ROSTA aus dem Russischen Bürgerkrieg gestützt werden.[5] In dem Beschluss wurden auch sechs Personen genannt, die vorerst die Zusammensetzung des SIB bilden sollten:

Von 1941 bis 1949 war Michail Borodin Chefredakteur des SIB. Die Publikation des SIB kam als Bericht heraus und trug den Namen Sowka (Plural: Sowki). Die eigentliche Führung des SIB lag bei Losowski. Er veranstaltete auch Pressekonferenzen für ausländische Pressevertreter, wobei er auch manchmal nicht offiziell herausgegebene Informationen mitteilte, die der Bevölkerung vorenthalten wurden.[10] Ilja Ehrenburg schilderte jedoch in seinen Erinnerungen, dass Losowski von Schtscherbakow und Wjatscheslaw Molotow bezüglich der Informationen abhängig gewesen sei und nicht selbständig handeln konnte.[11] Einige Schriftsteller wie Ehrenburg, Nikolai Tichonow (1896–1979) und Alexei Surkow (1899–1983) schrieben für das SIB.

Stellung zur Agentur TASS

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Bezüglich der Berichterstattung über die Ereignisse an den Fronten war das SIB führend. Ein Erlass, der die Arbeitsweise von Korrespondenten an den Fronten behandelte, nannte das SIB noch vor der TASS, was auf eine Rangordnung hinwies. Das zeigte sich auch in den sowjetischen Veröffentlichungen der Frontberichte, die sich vorwiegend auf Berichte des SIB stützten.[12] Erst nach der Niederlage der Wehrmacht 1943 bei Stalingrad, als Chawinson als Leiter bei TASS durch Nikolai Palgunow abgelöst wurde, kam es zu einer größeren Rolle der TASS in der Kriegsberichterstattung.[13]

Frontberichte und Propaganda

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Das SIB sammelte Informationen von den Fronten, aus dem Hinterland und von den Partisanen. Es gab Berichte an die Presse und an den Rundfunk weiter, der bis zum Ende des Krieges 2373 Berichte des SIB sendete.[14] Wie Selesnew[15] berichtete, fertigte das SIB auch Flugblätter mit Fotos von Kriegsgefangenen und anderen Texten für die deutschen und ihren verbündeten Truppen, um auf ihre Kampfmoral einzuwirken. Schtscherbakow wirkte auch politisch auf die deutschen Gefangenen von Stalingrad ein,[16] und zwar über das Nationalkomitee Freies Deutschland und den Bund deutscher Offiziere. Diese Aktionen führten wiederum dazu, dass sich die deutsche Gegenpropaganda mit den Meldungen des SIB befasste.[17]

Für folgende sowjetische Organisationen bereitete das SIB Informationen vor:[1]

  • Antifaschistisches Komitee der Sowjetfrauen
  • Antifaschistisches Komitee der Sowjetjugend
  • Gesamtslawisches Komitee
  • Jüdisches Antifaschistisches Komitee
  • Antifaschistisches Komitee der sowjetischen Wissenschaftler

In den Zeiten, in denen die Rote Armee den Rückzug antreten musste, wurden die Berichte der SIB sehr zurückhaltend formuliert. Erst nach der Schlacht um Moskau gab das SIB am 13. Dezember 1941 eine Meldung heraus, dass es den sowjetischen Streitkräften gelungen sei, eine Einkreisung Moskaus durch die Kräfte der Wehrmacht zu verhindern und eine Gegenoffensive eingeleitet worden sei. Die Veröffentlichungen über Verluste der deutschen und sowjetischen Streitkräfte dienten in den Anfangsjahren des Krieges eher der Propaganda. So wurden am 22. Juni 1942 so hohe deutsche Verluste angegeben, dass diese wegen ihrer mangelnden Substanz nach dem Kriege von sowjetischen Veröffentlichungen nie mehr zitiert wurden. Erst mit dem eindeutigen Vormarsch der Roten Armee brachte das SIB Einzelheiten über jede eroberte Siedlung und Stadt heraus.[18] Der letzte Kriegsbericht der SIB wurde in der Prawda am 16. Mai 1945 veröffentlicht.[19]

Abteilung für Auslandspropaganda

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Ab 1944 wurde innerhalb des SIB eine besondere Abteilung aufgebaut, die sich mit der Propaganda für das Ausland beschäftigte. Insgesamt lieferte das SIB an 23 Länder Informationen, wobei an mehr als 1000 Zeitungen, 500 Zeitschriften und 18 Rundfunksender Unterlagen geliefert wurden. Dabei wurden auch Materialien an viele Organisationen dieser Länder geliefert.[1] Nachdem Schtscherbakow kurz nach dem Kriege gestorben war, übernahm Losowski bis 1948 die Leitung des SIB, das inzwischen in Moskau in der Schdanowstraße 21[20] seinen Sitz hatte, nachdem die DDR ihre Botschaft im alten deutschen Botschaftsgebäude eingerichtet hatte.

Nachkriegsarbeit und Agentur Nowosti

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Als Boris Ponomarjow 1948 die Leitung des SIB bis 1949 übernahm, wurde das SIB dem Ministerrat der Sowjetunion unterstellt, wie aus einem Lebenslauf von Ponomarjow abgeleitet werden kann.[21] Im Jahre 1957 wurde das staatliche Komitee für die kulturellen Beziehungen zum Ausland gegründet, das in Moskau seinen Sitz auf dem Kalinin-Prospekt 9 hatte.[22] Peschler berichtete, dass dieses Komitee in Koordination mit der Abteilung Agitation und Propaganda des ZK der KPdSU die Richtlinien u. a. für das SIB bestimmte. Wer nach 1949 die Leitung des SIB übernahm, ist ungeklärt. Aber die offizielle Web-Seite der RIA Nowosti nennt Plokarkow auch als Leiter des SIB, was für die Zeit nach 1949 zutreffen könnte. Jedenfalls übernahm Nowosti ab 1961 die Aufgaben und auch Teile der Organisation des SIB als Presseagentur. So wechselten die in Indien herausgegebene Zeitschrift Soviet Land vom SIB zu Nowosti als Herausgeber. Ebenso wurde Sowjetunion heute, die in Bonn erschien, ab 1964 von Nowosti herausgegeben.[23]

Wann das SIB seine Tätigkeit einstellte, ist bisher nicht nachgewiesen. Das Komitee für kulturelle Beziehungen zum Ausland wurde letztmals im Jahre 1967 in der Großen Sowjetenzyklopädie aufgeführt.[24] Vermutlich beendete das SIB mit diesem Komitee seine Tätigkeit.

  • Ortwin Buchbender: Das tönende Erz. Deutsche Propaganda gegen die Rote Armee im Zweiten Weltkrieg (= Schriftenreihe der Studiengesellschaft für Zeitprobleme e.V. Militärpolitik. Bd. 13). Seewald, Stuttgart 1978, ISBN 3-512-00473-3 (Zugleich: Hamburg, Universität, Dissertation, 1978: Deutsche Propaganda gegen die Rote Armee im Zweiten Weltkrieg.).
  • Ilja Ehrenburg: Menschen, Jahre, Leben. Autobiographie. Band 2. Kindler, München 1965.
  • Vladimir Ya. Eiderman, Mikhail V. Samokhin (Hrsg.): Selected topics in complex analysis. The S. Ya. Khavinson memorial volume (= Operator Theory. Bd. 158). Birkhäuser, Basel u. a. 2005, ISBN 3-7643-7251-6.
  • Alexander Fischer: Sowjetische Deutschlandpolitik im Zweiten Weltkrieg 1941–1945 (= Studien zur Zeitgeschichte. Bd. 8). Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1975, ISBN 3-421-01739-5 (Zugleich: Frankfurt am Main, Universität, Habilitations-Schrift, 1972: Antifaschismus und Demokratie.).
  • Jan Foitzik: Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD). 1945–1949. Struktur und Funktion (= Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte. Bd. 44). Akademie Verlag, Berlin 1999, ISBN 3-05-002680-4.
  • Wladislaw Hedeler: Chronik der Moskauer Schauprozesse 1936, 1937 und 1938. Planung, Inszenierung und Wirkung. Akademie-Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-05-003869-1.
  • Wladislaw Hedeler, Nadja Rosenblum: 1940 – Stalins glückliches Jahr. Basisdruck, Berlin 2001, ISBN 3-86163-108-3.
  • Eric A. Peschler: Privat in Moskau. Begegnungen mit Kunst und Künstlern. Econ-Verlag, Düsseldorf u. a. 1966.
  • Paul Roth: Die kommandierte öffentliche Meinung. Sowjetische Medienpolitik (= Schriftenreihe der Studiengesellschaft für Zeitprobleme e.V. Zeitpolitik. Bd. 25). Seewald, Stuttgart-Degerloch 1982, ISBN 3-512-00643-4.
  • Paul Roth: Die sowjetische Agentur Nowosti (APN). Funktion, Bedeutung, Vorläufer. In: Osteuropa. Bd. 29, Heft 3, 1979, ISSN 0030-6428, S. 203–219.
  • Paul Roth: Sow-Inform. Nachrichtenwesen und Informationspolitik der Sowjetunion (= Journalismus. NF Bd. 14). Droste, Düsseldorf 1980, ISBN 3-7700-4034-1.
  • Michael Voslensky: Nomenklatura. Die herrschende Klasse der Sowjetunion in Geschichte und Gegenwart. Molden, Wien u. a. 1980, ISBN 3-217-00564-3.

Einzelnachweise

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  1. a b c RIA Novosti: „Über die Agentur“ (Memento vom 3. Februar 2009 im Internet Archive)
  2. Roth: Die kommandierte öffentliche Meinung. 1982, S. 136.
  3. Roth: Sow-Inform. 1980, S. 138.
  4. Roth: Die kommandierte öffentliche Meinung. 1982, S. 137.
  5. Roth: Sow-Inform. 1980, S. 129.
  6. Hedeler: Chronik der Moskauer Schauprozesse 1936, 1937 und 1938. 2003, S. 572.
  7. Eiderman, Samokhin: Selected topics in complex analysis. 2005, S. 1.
  8. Hedeler, Rosenblum: 1940 – Stalins Glückliches Jahr. 2001, S. 228.
  9. Foitzik: Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD). 1999, S. 36.
  10. Roth: Sow-Inform. 1980, S. 135.
  11. Ehrenburg: Menschen, Jahre, Leben. Autobiographie. Band 2. 1965, S. 588.
  12. Roth: Sow-Inform. 1980, S. 135.
  13. Roth: Die sowjetische Agentur Nowosti (APN). In: Osteuropa. Bd. 29, 1979, S. 205.
  14. Paul Roth: Sow-Inform. 1980, S. 130.
  15. Ivan A. Seleznev: Krieg und ideologischer Kampf. Militärverlag des Verteidigungsministeriums der UdSSR, Moskau 1964, S. 170 (russ.).
  16. Fischer: Sowjetische Deutschlandpolitik im zweiten Weltkrieg 1941–1945. 1975, S. 189.
  17. Buchbender: Das tönende Erz. 1978, S. 119.
  18. http://kriegsende.aktuell.ru/sowinform/
  19. Paul Roth: Sow-Inform. 1980, S. 148.
  20. Voslensky: Nomenklatura. 1980, S. 321.
  21. Roth: Die sowjetische Agentur Nowosti. S. 205.
  22. Peschler: Privat in Moskau. 1966, S. 57.
  23. Roth: Sow-Inform. 1980, S. 182.
  24. Roth: Die sowjetische Agentur Nowosti (APN). In: Osteuropa. Bd. 29, 1979, S. 208.