Spielschwere – Wikipedia

Spielschwere (auch: Spielgewicht, Tastengewicht, Niedergewicht, Niederdruckschwere, Niederdruckgewicht) bezeichnet im Klavierbau die Gewichtskraft, die erforderlich ist, damit sich bei abgehobener Dämpfung (d. h. bei getretenem rechten Pedal) eine Taste langsam bis zur Überwindung des Auslösewiderstands abwärts bewegt und sich im statischen Gleichgewicht befindet. Die Spielschwere kann durch Ausbleien der Taste (d. h. durch das Austarieren mit Bleigewichten) verändert werden.

Bei elektronischen Tasteninstrumenten spricht man von gewichteten Tasten, sofern die klaviertypische Spielschwere durch kleine Gewichte („halbgewichtet“ bzw. „leichtgewichtet“) und/oder eine eigene Mechanik („vollgewichtet“) simuliert wird.

Spielschwere darf nicht mit Spielart oder gar Anschlag verwechselt werden. Der Begriff Spielschwere wird von manchen Klavierbauern abgelehnt (sie bevorzugen Niederdruckschwere), weil es primär nicht um das Spiel geht, sondern um das statische Gleichgewicht der Mechanik.[1] Die Spielschwere ist in der Regel für alle Tasten eines Instruments gleich.[2] Sie wird je nach Hersteller und Instrument zwischen 47 und 55 Gramm beziffert. Da es bei der Spielschwere eigentlich um eine Kraft geht, wird sie in neueren Fachbüchern in der Maßeinheit Newton (N) angegeben. Die ältere Literatur und zum Teil auch moderne praktisch orientierte Literatur verwendet der Einfachheit halber noch die Maßeinheit Gramm, womit eigentlich die Masse bezeichnet wird; 50 Gramm entsprechen im Schwerefeld der Erde etwa 0,5 N.

Neben diesem statischen Spielgewicht gibt es noch das dynamische Spielgewicht: Es bezeichnet neben den statischen auch die anderen Kräfte, die benötigt werden, um die verschiedenen Massen der Teile der Klaviermechanik zu beschleunigen, damit durch den Aufprall des Hammers auf die Saite Töne erzeugt werden. Je schneller beim Spiel die Taste bewegt wird, desto mehr spürt der Spieler die Trägheit der Masse. Beim Vergleich des Spiels einer schnellen Tonfolge (z. B. Triller) im Bass (schwerste Hämmer) und Diskant (leichteste Hämmer) sind die Unterschiede im dynamischen Spielgewicht für den Spieler ebenfalls klar spürbar.

Eine dritte Gewichtskraft ist das Aufgewicht[3] der Taste: Es ist die Kraft, die die Taste nach dem Anschlag wieder in ihre Ausgangslage (Ruhestellung) bringt. Diese Kraft ist etwa halb so groß wie das Spielgewicht, das die Taste nach unten bringt.


  • Josef Goebel: Grundzüge des modernen Klavierbaues. 4., neubearbeitete Auflage. Fachbuchverlag, Leipzig 1952.
  • Herbert Junghans: Der Piano- und Flügelbau (= Das Musikinstrument, Band 4), 7., verbesserte und wesentlich erweiterte Auflage, bearbeitet und ergänzt von H. K. Herzog. Mitarbeiter: Klaus Fenner, Otto Funke u. a. Verlag Erwin Bochinski, Frankfurt am Main 1991, ISBN 3-923639-90-2.
  • Klaus Fenner / Jan Großbach: Praktisches Handbuch der Klavierkonstruktion (= Das Musikinstrument, Band 75). Verlag Erwin Bochinsky, Frankfurt am Main 2000, ISBN 978-3-923639-39-7.
  • Hans-Jürgen Uchdorf: Praktisches Handbuch Klavier. Fachbuchverlag, Leipzig 1985.
  • Carl-Johan Forss: Die Regulierung von Piano- und Flügelmechaniken (= Das Musikinstrument, Band 85). PPVMedien, Edition Bochinski, Bergkirchen 2004, ISBN 3-932275-82-9.

Einzelnachweise

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  1. Walter Pfeiffer: Vom Hammer. Untersuchungen aus einem Teilgebiet des Flügel- und Klavierbaus. (= Das Musikinstrument, Band 9). Verlag Das Musikinstrument, Frankfurt am Main 1979, ISBN 3-920112-14-8. S. 131.
  2. Ausnahme: Die Firma Steinway & Sons verwendet bei den Flügelmodellen B-211, C-227 und D-274 in den einzelnen Sektionen (Chor 1–13, Chor 14–25, Chor 26–49, Chor 50–61, Chor 62–88) gestaffelte Spielschweren zwischen 52 und 47 Gramm. Siehe: Max Matthias: Steinway Service Manual. Leifaden zur Pflege eines Steinway (= Das Musikinstrument, Band 49). 2. überarbeitete und erweiterte Auflage. Verlag Erwin Bochinsky, Frankfurt am Main 1998, ISBN 3-923639-15-5. S. 28.
  3. Spielwerk von Flügeln und Klavieren 6. Abgerufen am 6. März 2019.