St. Ägidien (Rautheim) – Wikipedia

St. Ägidien

St. Ägidien
Blick von Westen

Konfession: evangelisch-lutherisch
Patrozinium: Heiliger Ägidius
Weihejahr: 1158
Pfarrgemeinde: Rautheim
Anschrift: Am Kirchberg 2
38126 Braunschweig

Koordinaten: 52° 14′ 25,8″ N, 10° 35′ 3,3″ O

St. Ägidien ist eine Saalkirche aus dem 12. Jahrhundert in romanischer Bauweise im Braunschweiger Stadtteil Rautheim. Die Pfarrkirche gehört zum Pfarrverband Braunschweiger Süden der Propstei Braunschweig in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig. Der zugehörige Friedhof befindet sich im Südwesten der Ortschaft.

Im Jahre 1150 erhielt die Ortschaft Rautheim eine eigene Kirche, diese wurde durch den Abt Goswin[1] von St. Ägidien ursprünglich wohl als Filialkirche von St. Magni in Braunschweig gegründet. Nach der Fertigstellung wurde sie von Bischof Ulrich von Halberstadt geweiht und erhielt 1158 durch den Abt Heinrich zu St. Ägidien das Tauf- und Begräbnisrecht, wodurch sie sich von der Mutterkirche löste. Das braunschweigische Kloster St. Ägidien war von Gertrud der Jüngeren von Braunschweig gestiftet und am 1. September 1115, am Tag des Heiligen Ägidius, des Schutzpatrons des Klosters, der Jungfrau Maria geweiht worden. 1179 wurden die Besitzrechte des Aegidienklosters zu Braunschweig über einen Klosterhof und eine Kirche zu Rautheim durch Papst Alexander III. bestätigt.[2]

Da Rautheim sich östlich der Oker befindet, gehörte die Kirche zu jener Zeit zum Bistum Halberstadt.

Baubeschreibung

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Der Gebäudekomplex besteht aus einem rechteckigen Turm, der quer zum Langhaus mit dem Chor angeordnet ist. Der älteste Bestandteil ist der Turm, der nach Hahne und Wilhelm Bornstedt vormals als Wehrturm diente, denn Rautheim befand sich bis um das Jahr 1400 nahe der so genannten Braunschweiger Landwehr.[3] Die Kirche wurde auf einer Anhöhe auf dem Ackerberg errichtet, das nordwestliche Gelände gehörte zu einem Außenhof des Klosters St. Ägidien. Papst Alexander III. bestätigte im Jahre 1179 dem Aegidienkloster den Besitz an der Kirche und dem dazugehörigen Grund und Boden, wodurch es zu einem herzoglichen Kirchenpatronat wurde. Später wurde an der Südseite des Langhauses eine Vorhalle angebaut, die bis ins 20. Jahrhundert als Leichenhaus genutzt wurde. Jeder Gebäudeteil besitzt ein Satteldach, das mit roten Ziegeln gedeckt ist.

1413 wurden die Mauern des Kirchenschiffs nach Osten hin verlängert, das dreifache Spitzbogenfenster an der Ostwand stammt vermutlich aus dieser Zeit, während die übrigen Fenster erst später hinzukamen. 1962 bis 1964 wurden umfangreiche Renovierungsarbeiten durchgeführt.[2]

Der Turm weist nach Süden hin eine romanisch doppelte rundbogige Schallöffnung auf, der Zugang zur Kirche erfolgt durch die Vorhalle. Im Innenraum ist das Kirchenschiff durch einen großen Bogen vom Chor und durch eine Mauer mit Spitzbogen vom Turm getrennt.

Im linken Bereich des Chorbogens befindet sich die hölzerne Kanzel, die mit Schnitzereien verziert und durch ionische Säulen unterteilt ist. Darauf befinden sich farbige Ölbilder der vier Evangelisten; Matthäus mit dem geflügelten Menschen, Markus mit seinem Löwen, Lukas mit dem Stier und Johannes mit dem Adler.

Der Altar besitzt einen barocken Aufsatz, der wie die Kanzel aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts stammt und aus reich verzierten farbigen Holzschnitzereien besteht. An ihm befinden sich sechs Figuren: Oben auf der Brüstung Johannes der Täufer und Jesus, zwischen ihnen Aaron und Mose, die jeweils durch zwei kleine Säulen eingerahmt sind, und unten Petrus und Paulus. In der Oberstaffel befindet sich ein Ölgemälde, das Jesus am Ölberg kniend, einen Engel und die drei schlafenden Jünger Petrus, Jakobus und Johannes zeigt.

In der Kirche befindet sich eine Grabplatte des Pfarrers Paul Gering (1620–1655). Eine weitere Grabplatte des Pastors Johann Rudolf Friedrich Krüger befindet sich in der Leichenhalle.[4]

Glocken und Orgel

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Die erste Glocke, die 1681 Erwähnung findet, wurde von der Glockengießerei Heiso Meyer in Wolfenbüttel hergestellt. Der Turm hat insgesamt zwei Glocken. Die Glocken aus dem Jahr 1894 wurden teilweise in beiden Weltkriegen eingeschmolzen. 1960/61 wurde durch die Kirchengemeinde Geld für eine zweite große Glocke gesammelt, die am 4. Advent 1962 eingeweiht wurde.

Schon im Jahre 1749 wurde der Wunsch nach einer Orgel geäußert, jedoch wurde sie erst 1885/86 von der Fa. Gustav Sander aus Braunschweig angefertigt. Diese Orgel befand sich bis 1935 im unteren Bereich des Kirchenschiffes und wurde nach dem Einbau der Empore an die westliche Turmwand verlegt.[2] Diese Orgel wurde nach der letzten Renovierung 1964 durch eine neue ersetzt. Bei der aktuellen Orgel handelt es sich um eine Orgel von Friedrich Weißenborn mit 13 Registern aus dem Jahr 1968.[5] Diese wurde von Mai 2010 bis Oktober 2011 generalüberholt und umdisponiert.

Die Pastoren der Kirchengemeinde Rautheim seit 1542[6]

Zeitraum Name
1542 Lüder Lüders
1568 Bernhard Kröggelkamp
1569–1587 Johann von der Brügge
1587–1614 Johann Olfe
1614–1619 Levin Olfe
1620–1655 Paul Gerding
1656–1688 Johann Lorenz Francke
1688–1727 Franz Hermann Francke
1727–1741 Philipp Ludwig Ziegenmeyer
1742–1756 Johann Rudolf Friedrich Krüger
1757–1766 Franz Heinrich Haase
1767–1786 Johann Paul Metzel
1787–1795 Johann Friedrich Warnecke
1795–1806 Georg Ludwig Heinrich Jenner
1806–1828 Johann Julius Janosch
1828–1877 Johann Ernst Friedrich Schreiber
Zeitraum Name
1877–1878 vakant
1878 Hermann Gustav Ludwig Emil Hausdörffer
1878–1880 vakant
1880–1884 Louis Wilhelm Ferdinand Albert Faber
1885–1890 Christian Dietrich Gustav Fischer
1890–1898 Hermann Christian Dietrich Hägerbäumer
1898–1930 Carl Heinrich Eberhard Ramke
1931–1970 Karl Georg Friedrich Wilhelm Martin Seebaß
1970–1992 Joachim Berger
1992–2000 Axel Lang
2001–2012 Tillmann Mischke
2013–2014 vakant
2014–2016 Andreas Widlowski
2016–2017 vakant
2017 Dorit Christ
  • 950 Jahre Rautheim: 1031–1981. Selbstverlag, Rautheim 1980, OCLC 46148831.
  • Uwe Pape: Die Orgeln des Landkreises Braunschweig (= Norddeutsche Orgeln. Band 4.) Selbstverlag, Wolfenbüttel 1968, OCLC 788270.
  • Michael Gläser: Romanische Kirchen im Braunschweiger Land. Sutton-Verlag, Erfurt 2011, ISBN 978-3-86680-854-6.
  • Uwe Pape, Jochen Weihmann: Braunschweig-Rautheim, Ev.-luth. Kirche St. Aegidien. In: Orgeln und Orgelbauer in Braunschweig. Pape Verlag, Berlin 2016, ISBN 978-3-921140-99-4, S. 438.

Einzelnachweise

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  1. Michael Gläser: Romanische Kirchen im Braunschweiger Land. Sutton, Erfurt 2011, ISBN 978-3-86680-854-6, S. 22–23 (books.google.de).
  2. a b c Historie: Ev.-luth. Kirchengemeinde Rautheim. kirche-rautheim.de, abgerufen am 16. März 2018.
  3. Rautheim auf braunschweig.de, abgerufen am 29. Oktober 2012.
  4. Paul Jonas Meier: Rautheim. In: Die Bau- und Kunstdenkmaler des Herzogthums Braunschweig. Band 2: Die Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Braunschweig mit Ausschluss der Stadt Braunschweig. Julius Zwissler, Wolfenbüttel 1896, S. 113–118 (Textarchiv – Internet Archive).
  5. Rautheim 1968 (PDF) orgelbewegung.net.
  6. Pfarrer: Ev.-luth. Kirchengemeinde Rautheim. In: kirche-rautheim.de. kirche-rautheim.de, abgerufen am 16. März 2018.