St. Stephan (Würzburg) – Wikipedia

St. Stephan, Evangelische Dekanatskirche, Rückseite

St. Stephan, auch Stephanskirche genannt, ist seit 1803 die erste länger bestehende evangelische Kirche Würzburgs. Sie geht auf die Klosterkirche eines Benediktinerkonvents St. Stephan zurück, der durch die Säkularisation aufgelöst wurde. Einige Jahre zuvor war 1788/89 der Altbau der Klosterkirche weitgehend abgerissen und ein Neubau nach Plänen von Johann Philipp Geigel errichtet worden. Der Altbau mit den dazugehörigen Klostergebäuden reicht bis ins Jahr 1014 zurück, nämlich auf ein ehemaliges Kollegiatstift St. Peter und Paul, das schon 1057 durch Bischof Adalbero in ein Benediktinerkloster umgewandelt wurde. Nach der Überführung von Reliquien des Heiligen Stephanus wurde es nur noch nach diesem benannt, während der Name St. Peter und Paul auf die neue Pfarrkirche übertragen wurde. Die Klostergebäude wurden nach 1803 profan genutzt, 1945 total zerstört und abgetragen. Neubauten nahmen die Regierung von Unterfranken auf. Die Kirche wurde 1949–1955 als flach gedeckter Saalbau wiederaufgebaut, 1952 eingeweiht und ist heute die Dekanatskirche von Würzburg. Um die Kirche entstanden neben dem bereits bestehenden CVJM ab 1963 Einrichtungen wie das Rudolf-Alexander-Schröder-Haus, eine evangelische Buchhandlung und eine Beratungsstelle der Diakonie, was den Ort zum evangelischen Zentrum[1] Würzburgs machte.

St. Stephan wurde durch Bischof Heinrich I. von Würzburg (996–1018) als Chorherrenstift gegründet. Der Übergang zum Kloster St. Stephan erfolgte unter Bischof Adalbero (Bischof von 1045–1077/90) im Jahre 1057; die Kirche war seitdem Abteikirche. Die Kanoniker siedelten in diesem Jahr in das neu gegründete Kollegiatstift Neumünster über. Die erstmalige Erwähnung des heiligen Stephan als Klosterpatron erfolgte in der Schenkungsurkunde aus dem Jahr 1108. In den ersten Jahren war das Kloster ein Doppelkloster. Die Existenz des Frauenkonvents in St. Stephan sowie des Klosters St. Afra ist schon vor 1151 nachweisbar. Dem Kloster St. Stephan war eine Klause frommer Frauen angegliedert, die 1239 erstmals Erwähnung fand und sie am Südende der heutigen Augustinerstraße neben dem Georgstor (genannt auch Jörgentor) bei der Georgskapelle befand (Später wurde die Georgskapelle in das Augustinerkloster St. Georg integriert).[2] Die Übersiedlung der Nonnen aus St. Stephan nach St. Afra erfolgte Ende des 12. Jahrhunderts (Zum Afrakloster vgl. auch Kilianeum). Bemühungen des Klosters um Reichsfreiheit Anfang des 15. Jahrhunderts scheiterten. Der wirtschaftlichen Krise des Klosters in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts folgte eine rasche Konsolidierung bis Anfang des 17. Jahrhunderts. Das Kloster wurde 1803 im Zuge der Säkularisation aufgelöst.

Im selben Jahr wurde St. Stephan, die seinerzeit modernste Kirche der Stadt Würzburg, die erste evangelische Pfarrkirche in Würzburg. Im 3. November 1803 fiel bereits der Beschluss „In der Kirche der vormaligen Benediktinerabtey zu St. Stephan soll für die Universität sowohl, als das Militär und die übrigen protestantischen Einwohner der Stadt ein eigener protestantischer Gottesdienst eingerichtet werden“.[3] Im Dezember wurde die Kirche durch kurfürstliches Dekret bestätigt dem Pfarrer Karl Heinrich Fuchs und seiner Gemeinde überlassen, der bereits 1802 evangelische Feldgottesdienst und im April 1803 in der Kapelle des ehemaligen Kartäuserkloster beim heutigen Mainfrankentheater evangelische Gemeindegottesdienste abgehalten hatte (Im Nebenamt wirkte er als außerordentlicher Professor für evangelische Theologie).[4] In den Klostergebäuden wurden die Pfarrei und eine Schule untergebracht, 1816 außerdem das orthopädische Institut von Johann Georg Heine, später umbenannt in Karolinen-Institut (auch Carolinen-Institut[5]). Die evangelische Gemeinde, die von 1811 bis 1816 der erneuerten Kartäuserklosterkirche zugewiesen war, erhielt mit Erlass vom 26. Juni 1816 wieder die Stephanskirche übereignet.[6] Zu den bekanntesten Gemeindemitgliedern zählt die Namensgeberin der Oktoberfest-Wiese Therese von Sachsen-Hildburghausen.

Während der Renovierungsarbeiten im Jahr 1875 wurde der evangelischen Gemeinde von der Universität die Neubaukirche zur Verfügung gestellt. Wegen des dadurch erregten Aufsehens bei den Katholiken wurde der erste Gottesdienst darin unter Militärschutz durchgeführt.[7]

1789 ersetzten die Mönche unter Abt Gerhard III. von Winterstein die romanische Basilika durch einen klassizistischen Neubau, erbaut durch Johann Philipp Geigel.

Beim Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945 wurde die Kirche vollkommen zerstört und nach dem Richtfest am 30. Mai 1951 bis 1956 unter Dekan und Oberkirchenrat Wilhelm Schwinn (1905–1974) wieder aufgebaut. 1952 wurde die Stephanskirche, für deren Gemeinde 1949 die Martin-Luther-Kirche im Frauenland errichtet worden war, dann geweiht.[8] Außen wurde sie original rekonstruiert, innen wurden die kunstvoll mit Stuck dekorierten Säulen von Materno Bossi und das Gesims über den Fenstern wiederhergestellt, der Altarraum mit einem Chorgestühl gestaltet, die Krypta und die Michaelskapelle wieder aufgebaut. 1840 wurden Teile der Gebäude Sitz der Regierung von Unterfranken. Seit 1954 bildet die Kreuzigungsgruppe des Münchner Künstlers Helmut Ammann das Zentrum des Chorraums.

Blick zur Orgel
Empore mit Orgel

Die große Orgel wurde 1982 von dem Orgelbauer Orgelbau Friedrich Weigle erbaut. Das Instrument wurde 1982 nur teilweise fertiggestellt. In den Jahren 2014 bis 2015 wurde die Orgel durch die Orgelbaufirma Richard Rensch (Lauffen) saniert und die noch fehlenden Teile fertiggestellt. Die Spieltrakturen sind mechanisch, die Registertrakturen mechanisch und elektrisch. „Im Jahr 2021 machte eine großzügige Einzelspende den Einbau einer Celesta der Firma Schiedmayer durch die Orgelbaufirma Schindler möglich“. Seitdem besitzt die Weigle-Rensch-Orgel 52 klingende Register mit insgesamt 3427 Pfeifen auf drei Manualen und Pedal.[9]

I Hauptwerk C–g3
1. Pommer 16′
2. Principal 8′
3. Spitzflöte 8′
4. Violflöte 8′
5. Octave 4′
6. Koppelflöte 4′
7. Quinte 223
8. Oktave 2′
9. Cornet V 8′
10. Mixtur V 2′
11. Zimbel III 12
12. Trompete 8′
II Brustwerk C–g3
13. Koppelgedackt 8′
14. Quintade 8′
15. Prinzipal 4′
16. Blockflöte 4′
17. Sesquialter II 223
18. Oktave 2′
19. Sifflöte 113
20. Scharff IV 23
21. Rankett 16′
22. Krummhorn 8′
Tremulant
III Schwellwerk C–g3
23. Burdon 16′
24. Geigenprincipal 8′
25. Harmonieflöte 8′
26. Gedackt 8′
27. Salicional 8′
28. Vox celeste ab c° 8′
29. Prestant 4′
30. Flöte 4′
31. Nasat 223
32. Flautino 2′
33. Terz 135
34. Mixtur III/V 223
35. Fagott 16′
36. Trompete harmonique 8′
37. Oboe 8′
Tremulant
Pedalwerk C–f1
38. Untersatz 32′
39. Principal 16′
40. Subbaß 16′
41. Quintbaß 1023
42. Oktavbaß 8′
43. Gedackt 8′
44. Großterz 625
45. Choralbaß 4′
46. Baßflöte 4′
47. Octave 2′
48. Mixtur V 223
49. Posaune 16′
50. Trompete 8′
51. Klarine 4′
  • Koppeln: Koppeln: II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P

Die Glocken von St. Stephan sind durch ihren Wohlklang sehr gerühmt.

Glocken 2 und 3 sind schlesische Leihglocken, die Glocke 4 wurde im Zweiten Weltkrieg in der Deutschhauskirche aufgehängt und überstand ihn so.

Die beiden mittleren hängen im Südturm (rechts), die große und die kleine im Nordturm.[10]

Name Gießer Gussjahr Gewicht
(kg)
Durchmesser
(mm)
Schlagton
(116)
Inschrift
1 Große Glocke Czudnochowsky/Erding 1951 2290 1600 h0 −3 „Nach der Zerstörung der Stephanuskirche in Würzburg am 16. März 1945 wurde ich im Jahre 1951 neu gegossen. Ehre sei Gott in der Höhe!“
2 Zweite Glocke A.Geittner/Söhne Breslau 1924 1727 1420 cis1 −3 „Heilig, Heilig, Heilig! Zu seinem Heiligtum, mit großen Gnadengaben, lässt dich der ew`ge Gott durch seine Stimme laden. Vernimm o Mensch, neig ihm dein Herz und streb auf Erden himmelwärts.“
3 Vaterunserglocke Christian L.Pühler/Gnadenberger Glockengießerei 1835 862 1180 e1 −1 „Liebe soll euch regieren/Die Freude wie den Kummer spricht meine Stimme aus/Sie tönt den letzten Schlummer/Sie ruft ins Gotteshaus/Tristitiam leniens funera vestra sequor“
4 Taufglocke unbezeichnet 13. Jhdt. 1152 1170 gis1 +4

Äbte von St. Stephan

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Name Amtszeit
Ekbert[A 1]
Rupert[A 2]
Fridericus[A 2]
Ezzo 1094–1124/1125
Heinrich I. 1125, 1127
Beringer de Foro 1131–1144
Raphold 1144–1165/1166
Heinrich II. 1166–1179/1180
Herold 1188–1199
Iring[A 3]
Heinrich III. 1212–1217
Gotfried 1217–1219
Heinrich IV. 1219, 1224
Friedrich I. 1227, 1259[11]
Dietrich von Brünnstadt 1259
Heinrich V. Heubner 1261–1271, † nach 1288
Hermann I. von Rottenbauer 1271–1297
Konrad I. von Retzstadt 1298, 1304
Name Amtszeit
Hartmud 1306–1312
Hartung[A 4] 1306–1312
Friedrich II. aus Wipfeld 1313–1335
Heinrich VI. aus Waltershausen 1336, 1341
Ludwig I. von Thüngen 1343–1344
Hermann II. 1344–1357
Friedrich III. von Münster 1361, 1378
Friedrich IV. von Salzburg 1381, 1382
Otto Truchseß 1387, 1394
Hermann III. 1395
Gerhard I. Klinkhart 1404–1432
Berthold Gunther 1432–1465
Konrad II. aus Lengerit 1465–1473
Georg Salzkästner 1473–1496
Konrad III. Herloch aus Külsheim 1496–1519
Petrus [Pius] Faut aus Miltenberg 1519–1525
Michael I. Leyser aus Mergentheim 1525–1548
Jodocus Zimmermann aus Schweinfurt 1548–1560
Name Amtszeit
Michael II. Bernhart aus Mellrichstadt 1560–1581
Kilian I. Lantz aus Würzburg 1581–1590
Johannes Burkard[A 5] 1590–1598
Kilian I. Lantz aus Würzburg 1598–1606
Kilian II. Gullemann aus Heidingsfeld 1609–1615
Erhard Irthel aus Saal 1615–1619
Johannes Baunach aus Gerolzhofen 1615–1627
Andreas Streublein aus Frickenhausen 1627–1645
Maurus Faber aus Dettelbach 1646–1661
Benedikt Gerhard aus Stetten 1661–1667
Eucharius Weiner aus Kissingen 1667–1701
Gerhard II. Dietmayer aus Würzburg 1701–1704
Hyacinth Baumbach aus Fladungen 1704–1713
Alberich Ebenhöch aus Eibelstadt 1713–1727
Romanus Remscheid aus Freudenberg 1727–1762
Justus Philippi aus Mittelstreu 1762[A 6]
Maternus Bauermees aus Würzburg 1762–1787
Gerhard III. Winterstein aus Kissingen 1787–1803 († 1805)
  1. Abt von Münsterschwarzach seit 1047, für St. Stephan urkundlich nicht belegt
  2. a b Urkundlich nicht belegt
  3. Urkundlich nicht nachgewiesen, jedoch 1198 und 1202 als Prior erwähnt
  4. Urkundlich nicht belegt, evtl. Verwechslung mit dem Cellerar Hartung aus Greßhausen
  5. Abt von Banz und Schwarzach, Administrator
  6. 15. April–9. Juli 1762
  • Franz Joseph Bendel, Georg Schrötter: Urkundenbuch der Benediktiner-Abtei St. Stephan in Würzburg. 2 Bände. Leipzig/Würzburg 1912–1932 und Ergänzungsheft, hrsg. von J. Widemann, Erlangen 1938.
  • Rainer Leng (Hrsg.): Das Benediktinerkloster St. Stephan in Würzburg (= Historische Studien der Universität Würzburg. Band 4). VML Verlag Marie Leidorf, Rahden 2006, ISBN 3-89646-836-7.
  • Martin Elze: Die Evangelisch-Lutherische Kirche. In: Ulrich Wagner (Hrsg.): Geschichte der Stadt Würzburg. 4 Bände, Band I-III/2, Theiss, Stuttgart 2001–2007; III/1–2: Vom Übergang an Bayern bis zum 21. Jahrhundert. 2007, ISBN 978-3-8062-1478-9, S. 482–494 und 1305 f.
Commons: St. Stephan (Würzburg) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Martin Elze (2007), S. 492 f.
  2. Peter Kolb: Das Spital- und Gesundheitswesen. In: Ulrich Wagner (Hrsg.): Geschichte der Stadt Würzburg. 4 Bände, Band I-III/2 (I: Von den Anfängen bis zum Ausbruch des Bauernkriegs. 2001, ISBN 3-8062-1465-4; II: Vom Bauernkrieg 1525 bis zum Übergang an das Königreich Bayern 1814. 2004, ISBN 3-8062-1477-8; III/1–2: Vom Übergang an Bayern bis zum 21. Jahrhundert. 2007, ISBN 978-3-8062-1478-9), Theiss, Stuttgart 2001–2007, Band 1, 2001, S. 386–409 und 647–653, hier: S. 399.
  3. Franz Xaver von Wegele: Geschichte der Universität Wirzburg. Teil 2: Urkundenbuch. Würzburg 1882; Neudruck Aalen 1969, Band 2, S. 478.
  4. Martin Elze (2007), S. 482–483.
  5. Vgl. Johann Georg Heine: Verzeichnis des systematischen Bestandes des Modellen-Kabinettes im Carolinen-Institut zu Würzburg oder Systematische Darstellung aller orthopädischen Krankheitsformen an besonderen Kunstfiguren mit den entsprechenden Heilungsapparaten […]. Stahel, Würzburg 1827.
  6. Martin Elze (2007), S. 485–486.
  7. Martin Elze (2007), S. 490.
  8. Martin Elze (2007), S. 492 f.
  9. Informationen zur Orgel auf der Website der Gemeinde
  10. Glocken von St.Stephan Würzburg. glockenzeit, abgerufen am 16. Juli 2016.
  11. Zugleich Vogt von Veitshöchheim.

Koordinaten: 49° 47′ 22,2″ N, 9° 56′ 5,4″ O