Susanne Charlotte Engelmann – Wikipedia

Susanne Charlotte Engelmann (* 26. September 1886 in Berlin; † 26. Juni 1963 ebenda) war eine deutsche protestantische Lehrerin jüdischer Herkunft und nach ihrer Auswanderung Professorin in den Vereinigten Staaten.

Engelmann schloss im Jahr 1900 ihre Schulbildung an einer Höheren Töchterschule in Berlin ab und besuchte anschließend das humanistische Privatgymnasium Helene Langes.[1] 1905 legte sie die externe Abiturprüfung ab und begann ein Studium in Berlin und Heidelberg. Engelmann befasste sich während ihres Studiums mit verschiedenen Fachbereichen, sowohl mit Germanistik und Anglistik als auch mit Psychologie und Pädagogik. Sie promovierte 1909 mit einer Dissertation zum Thema Der Einfluss des Volksliedes auf die Lyrik der Befreiungskriege, legte 1910 ihr erstes Staatsexamen ab und verbrachte im gleichen Jahr ihre Referendariatszeit an Berliner Mädchenschulen, bis sie 1912 eine preußische Lehrbefugnis für Höhere Schulen erhielt.

Von 1913 bis 1914 war Engelmann als deutsche Gastforscherin am Bryn Mawr College in Pennsylvania, USA. Dieser Aufenthalt erwies sich später als enorm hilfreich, da Engelmann aufgrund ihrer guten Landes- und Sprachkenntnisse sowie dank ihrer Verbindungen zu der American Association of University Women (AAUW) die Emigration in die USA gelang.[2]

Nach ihrem Aufenthalt in den USA arbeitete Engelmann für 12 Jahre als Studienrätin. Von 1925 bis 1928 war sie Direktorin des Margarethen-Lyzeums und anschließend in der gleichen Position bis zu ihrer Entlassung 1933 Direktorin am ersten Mädchengymnasium in Berlin, dem Viktoria-Oberlyzeum.[3]

Mit der Machtübernahme der NSDAP in Deutschland wurde die jüdische Lehrerin Engelmann zunehmend aus ihrem Beruf gedrängt. Nachdem sie zwangsweise in den Ruhestand versetzt worden war, wandte sich Engelmann an Esther Brunauer in Washington, in der Hoffnung, die Kontakte, welche sie bei ihrem USA-Aufenthalt 1912 gewonnen hatte, für eine Emigration nutzen zu können.[4] Seit ihrem Ausschluss aus der öffentlichen Arbeitswelt arbeitete sie als Privatdozentin für Literatur, Psychologie und Pädagogik. In dieser unzufriedenstellenden Situation empfand Engelmann das vorzeitige Ende ihrer Karriere als sehr belastend, wollte jedoch nur auswandern, sofern eine Position an einer Universität zu finden war.[5] Diese Bedingung begründete sich damit, dass Engelmann im Gegensatz zu anderen aus dem Beruf gedrängten Personen eine kleine Rente bezog und nicht ohne Absicherung einer neuen Anstellung emigrieren wollte. Zusätzlich lebte sie mit ihrer Mutter Martha Engelmann zusammen, welche auf ihre Unterstützung angewiesen war.[6] Ab 1935 war sie für zwei Jahre die Leiterin der Erwachsenenbildung für den Berliner Paulus-Bund. Diese Position wurde ihr eröffnet, da Engelmann überzeugte Protestantin und Mitglied von Martin Niemöllers Bekennender Kirche war.[7] Diese Stelle wurde ihr 1937 nach dem Beschluss der Nürnberger Gesetze und dem darauffolgenden Ausschluss aller als „volljüdisch“ definierten Mitglieder entzogen. Mit der Verschlechterung ihrer Lage wurden Engelmanns Hilferufe an die AAUW deutlicher.[8] Im Jahr 1939 gelang es ihr mithilfe ihres Bruders, welcher im türkischen Wirtschaftsministerium arbeitete, gemeinsam mit ihrer Mutter in die Türkei zu fliehen. Dort lebte Engelmann in Istanbul, wo sie einen Lehrauftrag für Erziehungspsychologie an einem amerikanischen Center für soziale Fürsorge („American Social Service Center“) ausführte[9] und die Kinder von Professoren, die ebenfalls im Exil lebten, in deutscher Literatur unterrichtete.[10]

Nachdem Engelmanns Mutter im Juni 1940 verstorben war, zog Engelmann, mittlerweile 54 Jahre alt, über Russland, Sibirien, die Mandschurei und Japan weiter in die USA und erhielt 1942/43 mit Hilfe der American Association of University Women einen Posten als Refugee Scholar am Wilson College in Pennsylvania.[11] In den Jahren darauf arbeitete Engelmann in mehreren akademischen Positionen in verschiedenen Bundesstaaten, bis sie 1947 ihre erste Stelle als Professorin am Mary Washington College in Fredericksburg im Bundesstaat Virginia erhielt und diese bis zu ihrer Pensionierung 1952 innehielt.[12] Nachdem Engelmann 1948 die amerikanische Staatsbürgerschaft erhalten hatte, kehrte sie 1952 zurück nach Berlin und wurde für den 1933 entzogenen Pensionsanspruch entschädigt.[13] Es wird angenommen, dass ihre Remigration nach Berlin, die als solche eher selten vorkam, in engem Zusammenhang mit ihrer Verbindung zu der Dahlemer Kirchengemeinde stand.[14] Des Weiteren ist überliefert, dass Engelmann sich für die Rekonstruktion des deutschen Schulwesens interessierte.

Während der Zeit der Weimarer Republik war Engelmann als bedeutende Pädagogin im Bereich der Mädchenerziehung und Autorin von einflussreichen wissenschaftlichen Arbeiten bekannt.[15] Mit der Machtübernahme der NSDAP ging ihre Karriere als Erzieherin in Deutschland zu Ende und Engelmann war gezwungen, diese erst in der Türkei und dann in den USA fortzuführen. Der Themenbereich ihrer wissenschaftlichen Arbeiten befasste sich nach 1940 zunehmend mit den Veränderungen in der deutschen Schulbildung in den 1930ern und vor allem mit der Methodik der Nationalsozialisten im Hinblick auf Indoktrination.[16]

Veröffentlichungen

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  • Der Einfluss des Volksliedes auf die Lyrik der Befreiungskriege, Dissertation 1909.
  • Die Krise der heutigen Mädchenerziehung, Quelle & Meyer, Leipzig 1928.
  • Die Erziehung des Mädchens. Quelle & Meyer, Leipzig 1929.
  • Methodik des deutschen Unterrichts, 1933.
  • German Education and Re-Education, 1945.
  • Christine von Oertzen: Rückblick aus der Emigration: Die Akademikerinnen Erna Barschak (1888-1958), Susanne Engelmann (1885–1963?) und Lucie Adelsberger (1895–1971). In: Angelika Schaser (Hrsg.): Erinnerungskartelle. Zur Konstruktion von Autobiographien nach 1945.Winkler, Bochum 2003, S. ?-?.

Einzelnachweise

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  1. Christine von Oertzen, Strategie Verständigung – Zur transnationalen Vernetzung von Akademikerinnen 1917 bis 1955, Göttingen 2012, biografischer Anhang. Auch das Folgende.
  2. Oertzen, Strategie Verständigung, S. 325.
  3. Oertzen, Strategie Verständigung, S. 303.
  4. Oertzen, Strategie Verständigung, S. 303.
  5. Oertzen, Strategie Verständigung, S. 304.
  6. Oertzen, Strategie Verständigung, S. 304.
  7. Oertzen, Strategie Verständigung, S. 310.
  8. Oertzen, Strategie Verständigung, S. 311. Auch das Folgende.
  9. Oertzen, Strategie Verständigung, biografischer Anhang.
  10. Oertzen, Strategie Verständigung, S. 311.
  11. Oertzen, Strategie Verständigung, S. 292.
  12. Oertzen, Strategie Verständigung, S. 334.
  13. Oertzen, Strategie Verständigung, biografischer Anhang.
  14. Oertzen, Strategie Verständigung, S. 338ff.
  15. Renate Heuer, Bibliographia Judaica – Verzeichnis jüdischer Autoren deutscher Sprache, Bd. 1, München 1981, S. 385.
  16. Heuer, Bibliographia Judaica, S. 385.