Synagoge (Oerlinghausen) – Wikipedia
Die heute noch vorhandene Synagoge in Oerlinghausen, einer lippischen Stadt im Nordosten Nordrhein-Westfalens, wurde 1894[1] errichtet und befindet sich in der Tönsbergstraße 4. Die Synagoge ist mit der Nummer 33 als Baudenkmal in die städtische Denkmalliste eingetragen.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Jüdisches Leben in Oerlinghausen ist seit Mitte des 17. Jahrhunderts dokumentiert. Bereits 1802/03 wurde eine Synagoge – vermutlich weitestgehend aus Holz – am Hang des Tönsberges unweit des jüdischen Friedhofs erbaut. Davon zeugt eine 1803 veröffentlichte Synagogenordnung der Oerlinghauser Gemeinde. Zuvor fand der Gottesdienst im Betsaal einer Privatwohnung statt. Das Gebäude war bereits nach drei Jahrzehnten baufällig und wurde durch einen Steinbau ersetzt.[2] Bedingt durch die Lage am Berg zeigten sich Anfang der 1890er Jahre Risse im Gemäuer, die zu einem Neubau führten, der 1894 fertiggestellt wurde.[3]
Die Synagoge ist ein schlichter, durch kräftige Lisenen gegliederter Bruchsteinbau. Bemerkenswert sind die Okuli und die Rundbogenfenster. Die Synagoge wurde im Juli 1938 vor den Novemberpogromen im Jahr 1938 von der jüdischen Gemeinde Oerlinghausen verkauft und entging der Zerstörung durch die Nazis. Allerdings wurde nach dem Pogrom der Holzturm mit Kuppel und Davidstern entfernt.[4] Die Synagogengemeinde Oerlinghausen wurde mit Beschluss des Gemeindetages vom 21. August 1938 zum September 1938 in die Synagogengemeinde Detmold aufgenommen.[5] Laut Beschluss im Findbuch beim Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland.[6] Von der ehemaligen Synagogengemeinde Oerlinghausen wurden die Unterlagen erst zwischen September und dem 9. November 1938 an den lippischen Landesverband der Synagogengemeinden geschickt, so dass einige Oerlinghausener Unterlagen erhalten geblieben sind, zum Beispiel das Kassenbuch von 1866 bis 1938.[7] Sie ist eine der wenigen alten Synagogen im Gebiet von Ostwestfalen-Lippe, die weitgehend originalgetreu erhalten geblieben sind. Die ehemalige Synagoge dient heute dem Oerlinghauser Kunstverein als Ausstellungsraum für zeitgenössische Malerei und Plastik. Im Jahr 1985 wurde das Gebäude umfassend renoviert, wobei es zum Verlust der Ornamente an den Fenstergewändern kam.
Heutige Nutzung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Gebäude wird vom Kunstverein Oerlinghausen für Ausstellungen genutzt.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Stadt Oerlinghausen (Hrsg.): Die Geschichte der Oerlinghauser Synagoge von 1803 bis 1988. Oerlinghausen 1988.
- Jürgen Hartmann: Landesverband der Synagogengemeinden in Lippe – Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland (PDF; 1,1 MB), in der E-Publikation Rosenland Lippe 9/2009, S. 15–19.
- Jürgen Hartmann: Die Denkschrift des Detmolder Lehrers und Predigers Moritz Rülf über die Synagogen und Friedhöfe in Lippe 1936/37. (PDF; 1,1 MB), in der E-Publikation Rosenland Lippe 9/2009, S. 20–38.
- Katharina Korell: Zeitsprünge-Oerlinghausen. Sutton Verlag, Erfurt 2011, ISBN 978-3-86680-928-4.
- Heike Plass: Ortsartikel Oerlinghausen, in: Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinschaften in Westfalen und Lippe. Die Ortschaften und Territorien im heutigen Regierungsbezirk Detmold, hg. von Karl Hengst in Zusammenarbeit mit Ursula Olschewski, Münster 2013, S. 566–573 Online-Fassung der Historischen Kommission für Westfalen.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Umfangreiches Padlet von Jürgen Hartmann zur Geschichte der Synagoge in Oerlinghausen
- Zur Synagoge Oerlinghausen (www.lipperland.de)
- Kunstverein Oerlinghausen e.V. in der ehemaligen Synagoge
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Jürgen Hartmann: Die Denkschrift des Detmolder Lehrers und Predigers Moritz Rülf über die Synagogen und Friedhöfe in Lippe 1936/37. 2009, abgerufen am 26. Mai 2022.
- ↑ Die Geschichte der Oerlinghauser Synagoge von 1803 bis 1988. Hrsg. von der Stadt Oerlinghausen. Oerlinghausen 1988
- ↑ Zentralarchiv für die Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland, B. 1/34 Nr. 860.
- ↑ Jürgen Hartmann: Von den Nationalsozialisten während des Pogroms 1938 beschlagnahmte Akten und Kultgegenstände jüdischer Gemeinden in Lippe. Zum Hintergrund eines fast 50 Jahre verschollenen Aktenbestandes. In: Rosenland, Nr. 1, 2005, S. 24. 2009, abgerufen am 26. Mai 2022.
- ↑ Jürgen Hartmann: Die Denkschrift des Detmolder Lehrers und Predigers Moritz Rülf über die Synagogen und Friedhöfe in Lippe 1936/37. 2009, abgerufen am 26. Mai 2022.
- ↑ uni-heidelberg.de ( vom 27. Juli 2010 im Internet Archive)
- ↑ Jürgen Hartmann: Landesverband der Synagogengemeinden in Lippe - Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland ( des vom 12. November 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 1,1 MB), in der E-Publikation Rosenland Lippe 9/2009, S. 17
Koordinaten: 51° 57′ 33,5″ N, 8° 39′ 34,7″ O