Teuthonista (Lautschrift) – Wikipedia

Teuthonista ist die Bezeichnung für eine Lautschrift, die in der deutschen Dialektologie breite Anwendung findet. Eng verwandt ist das besonders in der romanischen Dialektologie verwendete Böhmer-Ascoli-System.

Der Name Teuthonista geht auf die Zeitschrift Teuthonista zurück, durch die die Schrift 1924/25 bekannt wurde. Die Grundlagen entstanden jedoch schon im 19. Jahrhundert. Entwürfe für eine Lautschrift speziell für die Dialektologie wurden beispielsweise von Johann Andreas Schmeller, Oskar Brenner oder Otto Bremer vorgelegt. In der Folge entwickelte der Mundartforscher Philipp Lenz ein Lautschriftsystem, welches im Jahr 1900 in der Zeitschrift für hochdeutsche Mundarten vorgestellt und in den Jahren 1924/25 in geringfügig veränderter Form von Hermann Teuchert in der dialektologischen Zeitschrift Teuthonista unter dem Titel „Lautschrift des Teuthonista“ präsentiert wurde.[1]

Parallel dazu präsentierte der Begründer der italienischen Dialektologie, Graziadio Isaia Ascoli, 1873 ein diakritisches Umschriftsystem, das er auf der 1855 vom Ägyptologen Karl Richard Lepsius entworfenen Lautschrift aufbaute. Diese Basis wurde von Eduard Böhmer weiterentwickelt, sodass man heute vom Böhmer-Ascoli-System spricht. Unter anderem orientierten sich die Schweizer Romanisten Karl Jaberg und Jakob Jud bei der Erstellung des Sprach- und Sachatlasses Italiens und der Südschweiz (publiziert ab 1928) sowie die Germanisten Rudolf Hotzenköcherle und Heinrich Baumgartner im Sprachatlas der deutschen Schweiz (erschienen ab 1962) an dieser Umschrift.

Die Systeme von Teuthonista und Böhmer-Ascoli sind einander sehr ähnlich. Beide verwenden als Basis das lateinische Alphabet und drücken die einzelnen Lautvarianten mit Diakritika aus. Heute sind die verschiedenen Unterarten praktisch zusammengefallen. Tatsächlich kann die Teuthonista somit auf eine romanistische wie auch auf eine germanistische Linie zurückgeführt werden.

Die Schrift basiert vorwiegend auf lateinischen Buchstaben. Die verschiedenen Abstufungen der Laute werden durch Diakritika ausgedrückt. Durch die große Zahl dieser Diakritika lässt die Schrift einige Flexibilität beim Transkribieren zu. Teuthonista beziehungsweise Böhmer-Ascoli fanden sowohl in der deutschen als auch in der französischen und der italienischen Dialektologie breite Anwendung und werden noch heute für die Transkription und Dokumentation der jeweiligen Mundarten verwendet.

Beispiel Lautschrift Vokale
Anwendungsbeispiel (Handbuch SMF-Teuthonista) – Liste der Diakritika für Vokale

Im Bereich der Vokale verfolgt die Teuthonista eine eher diakritische Strategie. Die Grundzeichen entstammen größtenteils dem lateinischen Alphabet und werden mit Diakritika über oder unter dem Grundzeichen modifiziert. Haken unter einem Grundzeichen symbolisieren eine offene, Punkte eine geschlossene Artikulation. Viele Teuthonista-Versionen können auch Zentralisierungen durch Aufstriche vor dem Grundzeichen kennzeichnen. Quantitäten werden durch Striche, Bögen oder Dächer über dem Zeichen markiert. Auch für Nasalierung, Lippenrundung sowie Haupt- und Nebenakzente gibt es Diakritika, welche auch kombiniert auftreten können.

Beispiel Lautschrift Laterale
Anwendungsbeispiel (Handbuch SMF-Teuthonista) – Liste der Laterale (SMF-Version)

Bei den Konsonanten ist die Teuthonista eher monotyp. Das heißt, es gibt jeweils ein Zeichen (viele aus dem lateinischen Alphabet) für einen Laut. Jedoch können auch diese Grundzeichen – wie auch die Vokale – durch Diakritika modifiziert werden. So steht beispielsweise ein Kringel unter einem Konsonanten, wenn er Silbenträger ist.

Teuthonista wird heute unter anderem von folgenden Projekten verwendet:

Teuthonista und ihre Varianten wird in fast allen großlandschaftlichen Wörterbüchern der deutschen Sprache verwendet, darunter:

Eine gewichtige Ausnahme stellt das Schweizerische Idiotikon dar, dessen Publikation schon 1881 angefangen hat und deshalb auf ältere Lautschriften zurückgreift.

Ortsgrammatiken

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Teuthonista wird auch in den meisten, in der Regel als Dissertation erarbeiteten Ortsgrammatiken verwendet.

  • Hermann Teuchert: Lautschrift des Teuthonista. In: Teuthonista 1 (1924/25), 5.
  • Peter Wiesinger: Das phonetische Transkriptionssystem der Zeitschrift „Teuthonista“. Eine Studie zu seiner Entstehung und Anwendbarkeit in der deutschen Dialektologie mit einem Überblick über die Geschichte der phonetischen Transkription im Deutschen bis 1924. In: Zeitschrift für Mundartforschung 31 (1964), 1–20.

Einzelnachweise

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  1. Teuthonista Goes Unicode (TGU): Die Lautschrift Teuthonista. Institut für Corpuslinguistik und Texttechnologie (ICLTT) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 23. März 2009, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 8. Juni 2014.@1@2Vorlage:Toter Link/www.oeaw.ac.at (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.