Trockener Kahlkopf – Wikipedia

Trockener Kahlkopf

Trockener Kahlkopf (Deconica montana)

Systematik
Klasse: Agaricomycetes
Unterklasse: Agaricomycetidae
Ordnung: Champignonartige (Agaricales)
Familie: Träuschlingsverwandte (Strophariaceae)
Gattung: Deconica
Art: Trockener Kahlkopf
Wissenschaftlicher Name
Deconica montana
(Pers. : Fr.) P.D. Orton

Der Trockene Kahlkopf oder Heide-Kahlkopf (Deconica montana, syn. Psilocybe montana, Psilocybe atrorufa) ist ein Ständerpilz aus der Familie der Träuschlingsverwandten (Strophariaceae). Er bildet sehr kleine bis kleine Fruchtkörper.

Sein gängiges Synonym ist Psilocybe atrorufa. Weitere, veraltete Synonyme der Art sind P. muscorum und P. physaloides. Galt früher die Einordnung in den Subtyp Deconica und P. montana als die Typusart der Kahlköpfe, so wird die Art heute der Gattung Deconica zugerechnet.[1]

Hutunterseite mit den Lamellen

Makroskopische Merkmale

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Der kräftig (rot)braun bis dunkelbraun gefärbte Hut ist anfangs kugelig, dann polsterartig geformt und verflacht mit zunehmendem Alter schirmförmig. Der Durchmesser beträgt 5–25 mm. Zudem ist er stark hygrophan,[2] was den einzelnen Exemplaren Variabilität in der Farbe, hin zu dunkleren Tönen verleiht, welche während des Eintrocknens unter Umständen wieder verblassen. Die Huthaut ist glatt, unter schwülen Verhältnissen feucht-klebrig und lässt sich abziehen. Von der Hutmitte gehen radiale Riefen aus. Der Hutrand verläuft glatt, später gerieft und bisweilen wellig.

Die Lamellen sind bauchig, fast dreieckig, gerade und kurz herablaufend angewachsen. Sie stehen normal bis mäßig weit 2 mm auseinander und sind mit bis zu 3 Lamelletten untermischt. Die Farbe ist erst cremefarben, dann ocker-braun und schließlich kräftig braun-violettartig. Die Kanten sind fein umsäumt. Das Sporenpulver hat eine lila-bräunliche oder grau-braune Farbe.

Der spröde Stiel ist glatt, 1,5–4 cm lang, 1–2 mm dick und in der Farbe dem dunklen Hut sehr ähnlich. Seine Textur ist längsfaserig. Die Form ist entweder gerade oder gewunden, mit höchstens leicht verdickter Stielbasis. Die Spitze ist bereift. Ältere Exemplare haben hohle Stiele.

Das Fleisch ist im Hut dünn, klebrig und bräunlich, im Stiel zäh, elastisch. Es riecht schwach mehlig und schmeckt leicht bitter.

Mikroskopische Merkmale

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Die Sporen messen etwa 7,0–9,5 × 4,5–6,0 µm. Sie sind oval bis mandelförmig sowie glatt- und dickwandig. Sie besitzen jeweils einen apikalen Keimporus und ein unauffällig hiläres Anhängsel. Die 4-sporigen Basidien sind 12–23 × 4–9 µm groß.

Eine hohe Verwechslungsgefahr geht von kleinsporigen Kahlköpfen, etwa dem Moos-Kahlkopf (Psilocybe muscorum) oder dem Heide-Kahlkopf (Psilocybe physaloides) aus. Die beiden Taxa werden in aktueller Bestimmungsliteratur jedoch als Synonym aufgeführt und gelten dadurch nicht mehr als eigene Arten. Ein weiterer Doppelgänger ist der Feingeriefte Kahlkopf, der einen nur unscheinbar gerieften Hutrand besitzt, dessen Textur bei Feuchtigkeit deutlicher erkennbar ist.

Psilocybe montana zählt zu den Saprobionten, ernährt sich aber möglicherweise auch parasitär. Die Art wird oft zwischen Moosen aufgefunden.[3] Dazu zählen vor allem die Widertonmoose (Polytrichum),[4] Schönschnabelmoose (Eurhynchium) und Kegelmoose (Brachythecium). Der Pilz wächst in exponierten Habitaten wie Dünen, Heide, baumloser Tundra und lichten Nadelwäldern, meist auf sauren, nährstoffarmen Böden. Von der Beschaffenheit können diese sandig und gut wasserdurchlässig sein. Auch Wegränder und Magerrasen zählen zu seinem Lebensraum,[5] das Vorhandensein von Dung ist wachstumsfördernd. Diesen besiedelt er jedoch nicht direkt.

Das Artepitheton montana deutet auf Vorkommen in bergigen Lagen hin, die zum Teil bis über die Baumgrenze gehen. Die Wachstumszeit beginnt im März und erstreckt sich bis November, in frostfreien Wintermonaten auch über das ganze Jahr.

Der Trockene Kahlkopf ist weltweit, in einer Vielzahl von Regionen und Klimazonen verbreitet, am dichtesten kommt er in Europa, bzw. Deutschland, Großbritannien,[6] Norwegen[7] und den voralpinen Gebieten der Schweiz[8] vor. Auch in Nordamerika, darunter Kalifornien,[9] Kolumbien[10] und Mexiko wurde die Art nachgewiesen.[11] In Südamerika (Venezuela)[12] ist er an feuchten Standorten anzutreffen. Dazu kommen weite Teile Asiens, hauptsächlich Russland,[13] China[14] und selten Japan, wo er im Hochgebirge wächst. In Mitteleuropa kommt die Art, in Anbetracht der passenden ökologischen Bedingungen, weit verbreitet aber zerstreut vor.

Systematik und Taxonomie

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Psilocybe montana war früher die Typusart der Gattung Psilocybe.[15] Weil die Fruchtkörper aber keine halluzinogenen Tryptamin-Derivate wie Psilocybin oder Psilocin enthalten,[16][17] werden die Fruchtkörper beim Berühren auch nicht blaufleckig, wie es für die halluzinogenen Vertreter der Gattung typisch ist. Molekulare Studien in den späten 2000er Jahren zeigten, dass die Gattung Psilocybe polyphyletisch war und aus zwei deutlich getrennten Abstammungslinien bestand, mit blauenden Arten in einem Ast und nicht blauenden Arten im anderen.[18][19][20] Dennoch war ein Aufteilen der Gattung nicht unproblematisch, da der Name Psilocybe mit der Typusart Psilocybe montana verbunden war und somit die Abstammungslinien mit den nicht blauenden Arten den Namen hätte behalten müssen, während man dem Ast mit den halluzinogenen, blauenden Arten einen neuen Gattungsnamen hätte geben müssen. Da der Name Psilocybe aber allgemein mit halluzinogenen Pilzen assoziiert wurde, wurde der Vorschlag gemacht, entgegen den Richtlinien der botanischen Nomenklatur, den Namen für den halluzinogenen Abstammungsast zu konservieren und Psilocybe semilanceata zur neuen Typusart der Gattung zu machen. Die nicht blauenden Arten sollten stattdessen den Namen Deconica bekommen.[21] Im Jahr 2009 wurde dieser Vorschlag vom Nomenklatur-Ausschuss für Pilze einstimmig angenommen.[22]

Die Kahlköpfe sind generell keine Speisepilze und geschmacklich unangenehm. Die meisten sind als ungenießbar beschrieben, manche Arten als nicht minder giftig. Der Trockene Kahlkopf ist als giftig eingestuft, seine Pharmakologie jedoch kaum erforscht. Es wurden bisher keine psychoaktiven Stoffe wie die Indolalkaloide Psilocybin, Baeocystin oder Psilocin nachgewiesen, die von anderen Vertretern der Gattung Psilocybe bekannt sind.[23][24]

  • Gastón Guzmán: The Genus Psilocybe. J. Cramer, New York 1983, ISBN 3-7682-5474-7.
  • Roy Watling, Norma M. Gregory: British Fungus Flora: Agarics and Boleti. Vol 5: Strophariaceae & Coprinaceae p.p.: Hypholoma, Melanotus, Psilocybe, Stropharia, Lacymaria, & Panaeolus. Royal Botanic Garden, Edinburgh 1987, ISBN 0-9504270-4-7.
  • E. Horak: Röhrlinge und Blätterpilze in Europa, Bestimmungsbuch. Elsevier, Spektrum Akademischer Verlag 2005, ISBN 3-8274-1478-4.
  • M. E. Noordeloos, Th. W. Kuyper (Hrsg.): Flora agaricina neerlandica. Vol. 4: critical monographs on families of agarics and boleti occurring in the Netherlands. Taylor & Francis, 1999, ISBN 90-5410-493-7.
  • Trockener Kahlkopf (Psilocybe montana). In: natur-in-nrw.de. Abgerufen am 16. April 2012.
  • Psilocybe montana. In: mycobank.org. Abgerufen am 16. April 2012 (englisch).

Einzelnachweise

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  1. M. E. Noordeloos: Die Gattung Deconica in Europa: neue Kombinationen. In: Österreichische Zeitschrift f. Pilzkunde. Band 18, 2009, S. 207–211.
  2. Steve Trudell, Joe Ammirati: Mushrooms of the Pacific Northwest. Timber Press 2009, ISBN 978-0-88192-935-5, S. 208.
  3. Orlando Petrini, Egon Horak: Taxonomic monographs of Agaricales. Band 1, J. Cramer 1995, ISBN 3-443-59061-6.
  4. Verhandlungen der Zoologisch-Botanischen Gesellschaft in Wien. Bände 115–120, Zoologisch-Botanische Gesellschaft Wien, 1976.
  5. Wissenschaftliche Zeitschrift: Mathematisch-naturwissenschaftliche Reihe. Bände 18–19, Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, 2009.
  6. A. F. Parker-Rhodes: The Basidiomycetes of Thetford Chase. I. Correlation with age of plantation. In: New Phytologist. Band 52, Nr. 1, 1953, S. 65–70.
  7. K. Hoiland: The genus Psilocybe in Norway. In: Nordic Journal of Botany. Band 25, Nr. 2, 1978, S. 111–122.
  8. J. Favre: Catalogue descriptif des champignons supérieurs de la zone subalpine du Parc National Suisse. Vol. 6, Druck Ludin AG, Liestal, Switzerland 1960, S. 323–610.
  9. California Fungi: Psilocybe. In: mykoweb.com. Abgerufen am 16. April 2012 (englisch).
  10. A. M. Nieves-Rivera, Santos Flores, C. Betancourt: Notes on the Agaricales of the high plains of Guasca, Cundinamarca Department, Colombia. In: Caldasia. Band 19, Nr. 1–2, 1997, S. 349–351.
  11. G. Guzman, L. Varela, J. P. Ortiz: The known non-hallucinogenic species of Psilocybe in Mexico. In: Boletin de la Sociedad Mexicana de Micologia. Band 11, 1977, S. 23–24.
  12. F. Salazar, V. Marcano, F. Castellano, L. Martinez, A. Morales: Chemical and microstructural study of the genus Psilocybe (Agaricales) in the Venezuelan Andes: Part I. Psilocybe montana (Pers. ex Fr.) Kummer. In: Ernstia. Band 4, Nr. 1–2, S. 11–19 1994.
  13. V. A. Urbonas: The taxonomy and range of fungi of the family Strophariaceae in the USSR. Part 3. The genus Psilocybe. In: Lietuvos TSR Mokslu Akademijos Darbai Serija C Biologijos Mokslai. Band 1, 1978, S. 9–18.
  14. M. Zang, Y. Xia: Notes on the fungi from Western Kunlun Mountains China. In: Acta Botanica Yunnanica. Band 11, Nr. 4, 1989, S. 397–406.
  15. R. Singer: The Agaricales in Modern Taxonomy. J. Cramer, Vaduz 1975, ISBN 3-7682-0143-0, S. 912.
  16. F. Salazar, V. Marcano, F. Castellano, L. Martinez, A. Morales: Chemical and microstructural study of the genus Psilocybe (Agaricales) in the Venezuelan Andes: Part I. Psilocybe montana (Pers. ex Fr.) Kummer. In: Ernstia. Band 4, Nr. 1–2, 1994, S. 11–19.
  17. V. Marcano, A. Morales Méndez, F. Castellano, F. J. Salazar, L. Martinez: Occurrence of psilocybin and psilocin in Psilocybe pseudobullacea (Petch) Pegler from the Venezuelan Andes. In: Journal of Ethnopharmacology. Band 43, Nr. 2, Juli 1994, S. 157–159, doi:10.1016/0378-8741(94)90013-2, PMID 7967656.
  18. J. M. Moncalvo, R. Vilgalys, S. A. Redhead, u. a.: One hundred and seventeen clades of euagarics. In: Molecular Phylogenetics and Evolution. Band 23, Nr. 3, 2002, S. 357–400, doi:10.1016/S1055-7903(02)00027-1, PMID 12099793.
  19. K. G. Nugent, B. J. Saville: Forensic analysis of hallucinogenic fungi: a DNA-based approach. In: Forensic Science International. Band 140, Nr. 2–3, 2004, S. 147–57, doi:10.1016/j.forsciint.2003.11.022, PMID 15036436.
  20. P. B. Matheny, J. M. Curtis, V. Hofstetter, u. a.: Major clades of Agaricales: a multilocus phylogenetic overview. In: Mycologia. Band 98, Nr. 6, 2006, S. 982–995, doi:10.3852/mycologia.98.6.982, PMID 17486974 (mycologia.org [PDF]).
  21. S. A. Redhead, J.-M. Moncalvo, R. Vilgalys, P. B. Matheny, L. Guzmán-Dávalos, G. Guzmán: (1757) Proposal to conserve the name Psilocybe (Basidiomycota) with a conserved type. In: Taxon. Band 56, Nr. 1, 2005, S. 255–57, JSTOR:25065762.
  22. L. Norvell: Report of the Nomenclature Committee for Fungi: 15. In: Mycotaxon. Band 110, 2009, S. 487–492 (ima-mycology.org (Memento vom 31. März 2012 im Internet Archive) [PDF; abgerufen am 2. Mai 2012]).
  23. Michael W. Beug: The Genus Psilocybe in North America. In: Fungi. Vol. 4, No. 3, 2011, S. 6–17 (fungimag.com (Memento vom 31. März 2012 im Internet Archive) (PDF-Datei; 3,17 MB)).
  24. Michael W. Beug: Psilocybin - History, Personal Stories and Potential Future. In: Fungi. Vol. 4, No. 3, 2011, S. 31–41 (fungimag.com (Memento vom 31. März 2012 im Internet Archive) (PDF-Datei; 3,17 MB)).
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