Ulrike von Levetzow – Wikipedia

Ulrike von Levetzow. Anonymes Pastellgemälde, 1821

Theodore Ulrike Sophie von Levetzow (* 4. Februar 1804 in Leipzig[1]; † 13. November 1899 auf Schloss Trziblitz (Třebívlice)) war eine deutsche Aristokratin und Gutsherrin. Sie gilt als letzte Liebe des deutschen Dichters Johann Wolfgang von Goethe.

Eltern und Geschwister

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Ulrike und Bertha von Levetzow. Aquarell von Marie Krafft, Goethe-Nationalmuseum Weimar, 1832

Ulrike von Levetzow war die älteste Tochter des mecklenburg-schwerinschen Kammerherrn und späteren Hofmarschalls Joachim Otto Ulrich von Levetzow und dessen Ehefrau Amalie, geb. von Brösigke. Sie wurde nach früher Scheidung der Eltern (1806) und Wiederverheiratung der Mutter im Juni 1807 mit Friedrich Carl Ulrich von Levetzow, einem jüngeren Cousin von Ulrikes Vater, in einem französischen Mädchenpensionat in Straßburg erzogen. Ihr folgten die Schwestern Amélie (1806–1831) und, aus der zweiten Ehe der Mutter, Bertha (1808–1839) sowie ein Halbbruder (* 1810), der als Säugling starb. Friedrich Carl Ulrich fiel als Offizier in der Schlacht bei Waterloo. In dritter Ehe heiratete Ulrikes Mutter den österreichischen Hofkammerpräsidenten (Finanzminister) Franz Josef Graf von Klebelsberg-Thumburg, dem das nordböhmische Gut Trziblitz (Třebívlice) mit dem zugehörigen Schloss gehörte.

Begegnung mit Goethe

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Denkmal von Goethe und Ulrike am Marienbader Goethewanderweg

Der damals 72-jährige Johann Wolfgang von Goethe verliebte sich im Jahr 1821 während eines längeren Kuraufenthaltes in Marienbad in die siebzehnjährige Ulrike. Er soll daraufhin beim dritten Zusammentreffen 1823 den Großherzog Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach veranlasst haben, in seinem Namen um die Neunzehnjährige zu werben. Aktenmäßig belegt ist es nicht, die Quelle ist der mehr als 60 Jahre später festgehaltene Bericht Ulrikes.
Darin beschreibt sie den durch den Großherzog übermittelten Antrag Goethes wie folgt: „Ich sagte schon, daß der Großherzog sehr befreundet mit meinen Großeltern und meiner Mutter war, auch uns hatte er schon als Kinder öfters gesehen; er war mit uns Allen sehr freundlich und gnädig, und er war es, welcher meinen Eltern und auch mir sagte, daß ich Goethe heiraten möchte; erst nahmen wir es für Scherz und meinten, daß Goethe sicher nicht daran denke, was er widersprach, und oft wiederholte, ja selbst mir es von der lockendsten Seite schilderte, wie ich die erste Dame am Hof in Weimar sein würde, wie sehr er, der Fürst, mich auszeichnen wolle, er würde meinen Eltern gleich ein Haus in Weimar einrichten und übergeben, damit sie nicht von mir getrennt lebten, für meine Zukunft wolle er in jeder Weise sorgen (...).“[2]

Ulrike von Levetzow gab in ihren kurzen Erinnerungen an Goethe an, dass sie „gar keine Lust zu heiraten“ verspürt habe, und tatsächlich blieb sie bis zu ihrem Lebensende unverheiratet. Dass ihr ein Liebesverhältnis zu Goethe nachgesagt wurde, ärgerte sie, und sie wies es deutlich zurück. Demnach habe sie Goethe bloß „wie einen Vater“ lieb gehabt. Noch im Alter schrieb sie in einer autobiografischen Skizze eine Art Gegendarstellung, um „all die falschen, oft fabelhaften Geschichten, welche darüber gedruckt wurden“ zu widerlegen und klarzustellen: „keine Liebschaft war es nicht“ (im Sinne einer damals üblichen Bekräftigung durch doppelte Verneinung).

Den Schmerz über den Abschied von Ulrike, von der polnischen Pianistin Maria Szymanowska und anderen Freundinnen des glücklichen Sommers 1823 drückte Goethe in seiner Marienbader Elegie aus, mit deren Niederschrift er bereits im September 1823 während der Abreise von Böhmen nach Thüringen begann und von deren Existenz Ulrike von Levetzow erst nach Goethes Tod erfuhr. Goethe trug in sein Tagebuch am 19. September 1823 ein: „Die Abschrift des Gedichts vollendet.“ Der Elegie stellte er das dem Tasso entlehnte Motto voran: „Und wenn der Mensch in seiner Qual verstummt / Gab mir ein Gott zu sagen was ich leide.“

Guts- und Schlossherrin in Trziblitz (Třebívlice)

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Schloss Trziblitz mit Nepomuk-Kapelle

Seit 1835 war Ulrike von Levetzow Ehrenstiftsdame des evangelischen Klosters Stift zum Heiligengrabe in Brandenburg, ohne jemals das Kloster besucht zu haben. Sie starb im hohen Alter von fünfundneunzig Jahren auf ihrem großen Gut Trziblitz, das sie von ihrem Stiefvater Graf Klebelsberg geerbt hatte.[3] Die Literaturwissenschaftlerin Dagmar von Gersdorff vermerkt in ihrem Buch „Goethes späte Liebe“ hierzu: „Am 13. November 1899 meldete ein Kärtchen des Kammerdieners Josef Konrad, daß Frau Baronin heute früh 3/4 6 ruhig und ohne Schmerzen entschlafen sei.“[4] Auf Ulrike von Levetzows Sarg „legte man einen aus Weimar geschickten Kranz. Er bestand aus Herbstblumen, die in Goethes Garten gewachsen waren.“[4]

Ulrike von Levetzow vererbte Schloss und Gut Trziblitz an ihren Neffen, den k.u.k. Oberst a. D. Adalbert von Rauch (1829–1907). Adalbert von Rauch veräußerte Trziblitz 1901 an die Stadt Most (deutsch Brüx).

Die erste öffentliche Rezeption der Begegnung erfolgte kurz nach dem Tod Ulrike von Levetzows am 13. November 1899, als Bernhard Suphan im Goethe-Jahrbuch die Korrespondenz Goethes mit Ulrike veröffentlichte und kommentierte. Durch August Sauer wurde dann 1919 erstmals der Bericht von Ulrike über die Marienbader Goethe-Episode herausgegeben. Im Jahre 1925 veröffentlichte Hedda Sauer das erste Sachbuch, das die Begegnung der beiden zum Thema hatte.[5]

Gedenkstein am vermeintlichen Geburtshaus im sächsischen Löbnitz

Die Begegnung von Levetzow und Goethe wurde im Laufe des 20. Jahrhunderts auch zum Gegenstand zahlreicher literarischer Bearbeitungen. Der erste sogenannte Ulrike-Roman war 1925 Toni Schwabes Ulrike - Ein Roman von Goethes letzter Liebe, der ausgesprochen erfolgreich war und bis 1948 93.000 Exemplare verkaufte. Ihm folgten 1937 Hans Francks Letzte Liebe: Goethe und Ulrike sowie Eduard P. Danszkys Des Herrn Geheimrats letzte Liebe: Goethe und Ulrike, 1982 Joachim Fernaus War es schön in Marienbad: Goethes letzte Liebe, 2004 Friedemann Bedürftigs Die lieblichste der lieblichsten Gestalten: Ulrike von Levetzow und Goethe sowie 2008 Martin Walsers Ein liebender Mann. Stefan Zweig hat die Geschichte 1931 darüber hinaus in einem Kapitel der Sternstunden der Menschheit bearbeitet und 1937 veröffentlichte Sigmund Graff die Komödie Begegnung mit Ulrike.[5] Eine szenische Fassung des Walser-Romans hatte 2010 in einer Inszenierung von Ansgar Haag am Meininger Theater im Beisein des Autors ihre Uraufführung.[6]

Seit 1999 besteht im Gartenhaus von Schloss Třebívlice (Trziblitz) eine Ausstellung zu Ulrike von Levetzow[7] und das Regionalmuseum von Most zeigt in seiner Dauerausstellung den Salon Ulrike von Levetzows aus Trziblitz mit Teilen der Originalausstattung. Gemälde, Stiche und Originalfotos informieren außerdem über Ulrike von Levetzows Verwandtenkreis Levetzow-Rauch.[8] In Marienbad erinnert ein Goethe-Wanderweg an die Begegnung zwischen Goethe und von Levetzow.[9]

  • Robert Steiger, Angelika Reimann: Goethes Leben von Tag zu Tag. Zürich, 1982–1996, 8 Bde.
  • Friedemann Bedürftig: Die lieblichste der lieblichsten Gestalten. Ulrike von Levetzow und Goethe (= Rororo 23849). Rowohlt-Taschenbuch-Verlag, Reinbek bei Hamburg 2005, ISBN 3-499-23849-7.
  • Beate Borowka-Clausberg: Damals in Marienbad ... Goethe, Kafka & Co. – die vornehme Welt kuriert sich. Edition Ebersbach, Berlin 2009, ISBN 978-3-938740-87-3.
  • Siegfried Carl: Goethe liebt... – Die intime Lebensbeichte des Geheimen Rathes Johann Wolfgang von Goethe [eine Textkompilation]. Norderstedt 2021, ISBN 978-3-7557-0004-3.
  • Joachim Fernau: War es schön in Marienbad. Goethes letzte Liebe. F. A. Herbig, München u. a. 1982, ISBN 3-7766-1220-7.
  • Dagmar von Gersdorff: Goethes späte Liebe. Die Geschichte der Ulrike von Levetzow (= Insel-Bücherei. Nr. 1265). Insel Verlag, Frankfurt am Main u. a. 2005, ISBN 3-458-19265-4.
  • Johann Wolfgang v. Goethe, Ulrike von Levetzow: „… Keine Liebschaft war es nicht“. Eine Textsammlung. Herausgegeben von Jochen Klauß. Manesse-Verlag, Zürich 1997, ISBN 3-7175-8224-0.
  • Bruno W. Reimann: Goethes Amouren. Liebesfuror und Liebeswahn. Eckhaus-Verlag, Weimar 2019, ISBN 978-3-945294-25-3.
  • Maria Schierling: Levetzow, Ulrike. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 14, Duncker & Humblot, Berlin 1985, ISBN 3-428-00195-8, S. 392 f. (Digitalisat).
  • Sylk Schneider: Ulrike von Levetzow – Die Brasilianische Suleika. In: Sylk Schneider: Goethes Reise nach Brasilien, Gedankenreise eines Genies. wtv, Weimar 2008, ISBN 978-3-937939-69-8, S. 138–146.
  • Astrid Seele: Frauen um Goethe (= Rororo 50636 Rowohlts Monographien). Überarbeitete Neuausgabe. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2000, ISBN 3-499-50636-X.
  • Peter Uhrbach: Goethes Fräulein in Böhmen. Ulrike von Levetzow. Eine Leipzigerin von altpreußischer Herkunft. Lebenszeugnisse und Lebensumstände. Sax-Verlag, Beucha 2009, ISBN 978-3-86729-050-0.
  • Johannes Urzidil: Goethe in Böhmen. Artemis-Verlag, Zürich/Stuttgart 1962, vor allem S. 155–178.
  • Martin Walser: Ein liebender Mann. Roman. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2008, ISBN 978-3-498-07363-3.
  • Klaus Hansel: Die Ehrenstiftsdamen vom Kloster Heiligengrabe, In: Der HEROLD Heft 11/1992, S. 303–309.
Commons: Ulrike von Levetzow – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Zur Frage des Geburtsortes siehe Diskussion.
  2. zitiert in: Dagmar von Gersdorff: Goethes späte Liebe; Die Geschichte der Ulrike von Levetzow, Frankfurt am Main und Leipzig: Insel Verlag 2005, S. 62
  3. Adolf Kirschner: Erinnerungen an Goethes Ulrike und an die Familie von Levetzow-Rauch. Kommissions-Verlag von August Grohmann, Aussig 1904, S. 5–10.
  4. a b Dagmar von Gersdorff: Goethes späte Liebe; Die Geschichte der Ulrike von Levetzow, Frankfurt am Main und Leipzig: Insel Verlag 2005, S. 110
  5. a b Jens Kruse: Walsers Trilogie der Leidenschaft: Eine Analyse seines Goethe-Romans Ein liebender Mann im Kontext der Tradition der Ulrike-Romane. In: Goethe Yearbook. Band 18, Nr. 1, 2011, ISSN 1940-9087, S. 259–284, doi:10.1353/gyr.2011.0487.
  6. Schwäbische Zeitung - Ausgabe vom 2. Oktober 2010
  7. Willkommen bei Ulrike von Levetzow - Museum in Třebívlice / Trieblitz. 27. April 2012, abgerufen am 13. März 2022.
  8. Regionalmuseum Most (abgerufen am 11. August 2017)
  9. NewLogic Studio- www.newlogic.cz: Detail produktu. Abgerufen am 13. März 2022.