Umspannanlage Osterath – Wikipedia

Umspannwerk Osterath
Hauptgebäude mit Elektrothek

Hauptgebäude mit Elektrothek

Daten
Ort Meerbusch-Osterath
Bauherr Rheinisch-Westfälisches Elektrizitätswerk
Baujahr 1911
Koordinaten 51° 15′ 36,9″ N, 6° 37′ 33,5″ OKoordinaten: 51° 15′ 36,9″ N, 6° 37′ 33,5″ O
Umspannwerk Osterath (Nordrhein-Westfalen)
Umspannwerk Osterath (Nordrhein-Westfalen)
Freigelände mit Schaltanlage

Die Umspannanlage Osterath (auch Umspannwerk Osterath oder Umspannstation Osterath genannt) ist eine Umspann- und Schaltanlage des Übertragungsnetzbetreibers Amprion am südlichen Rand des Meerbuscher Stadtteils Osterath.

Die Station, die sowohl in das Höchstspannungs-Übertragungsnetz als auch in das Hochspannungs-Verteilnetz eingebunden ist, gehört bereits jetzt zu den größten derartigen Werken in Nordrhein-Westfalen. Im Rahmen der deutschen Energiewende und dem damit verbundenen Stromnetzausbau wird die Anlage um eine HGÜ-Konverterstation erweitert und zu einer der größten Anlagen in Europa ausgebaut werden.[1]

Einen Nebenbereich der Anlage hat Amprion für ein elektrotechnisches Museum, die Elektrothek, zur Verfügung gestellt.

Entstehung und Ausbau

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ehem. Elektrizitätswerk Osterath, Maschinen- und Kesselhaus
(51° 16′ 19,4″ N, 6° 37′ 19,7″ O)

Die Anlage geht zurück auf das Jahr 1911, also die Frühzeit der Elektrifizierung in Deutschland. Damals errichtete das Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerk (RWE) die Umspannstation als 25-Kilovolt-Anlage[2][3] zusammen mit einem kleinen Elektrizitätswerk (siehe Bild) nahe dem Bahnhof von Osterath.[4]

Einige Jahre später, 1917, wurde die Station von 25 kV auf eine Spannung von 110 kV aufgerüstet[2] und zu einem Knotenpunkt im ersten Verbundnetz Deutschlands ausgebaut. Dieses Netz zog sich als Ring vom Rheinischen Braunkohlerevier (über Brauweiler und Erftwerk Grevenbroich, Kraftwerk Berggeist, Vorgebirgszentrale …), das Bergische Land (über Kraftwerk Reisholz), das Ruhrgebiet (über Duisburg-Lintorf, RWE-Zentrale Essen, Heizkraftwerk Hamborn, Kraftwerk Bonifatius, Gemeinschaftskraftwerk Hattingen …), die Region Niederrhein (Kraftwerk Niederrhein, Wesel) und über Osterath zurück ins Rheinische Revier.[5][6][7]

2003 ging die Anlage zusammen mit dem gesamten Übertragungsnetz der RWE an die Tochtergesellschaft RWE Transportnetz Strom GmbH über, aus der 2009 die eigenständige Amprion wurde.

Bis 2012 speiste das Kraftwerk Frimmersdorf mit den Blöcken E und F in Osterath ein. Das Kraftwerk Neurath wird voraussichtlich bis zur Stilllegung des Blocks A am 31. Dezember 2021[veraltet] dort noch auf 220-kV-Ebene einspeisen.

Ab 2008 wurde das Werk um eine 380-kV-Anlage erweitert, die westlich des Gruttorfer Weges entstand.[8]

Erweiterungspläne

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Osterath als Knotenpunkt beim Leitungsausbau gemäß EnLAG
Osterath als Knotenpunkt beim Leitungsausbau gemäß BBPlG

Die Umspannanlage Osterath ist ein wichtiger Knotenpunkt im Übertragungsnetz der Amprion. Die Anlage im Rhein-Ruhr-Ballungsraum wird für vier gesetzlich festgestellte Leitungsvorhaben erweitert und ausgebaut:

Konverterstation

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für die HGÜ-Leitungsvorhaben A-Nord und Ultranet ist der Bau einer Konverterstation in Osterath mit Verbindung zum Wechselstromnetz vorgesehen.[9] Die Standortentscheidung für den etwa 10 Hektar großen Doppelkonverter, der im Nahbereich der bestehenden Umspannanlage liegen muss, war lange Zeit unter breiter Anteilnahme der Bevölkerung umstritten, eine Vorentscheidung ist im September 2018 gefallen. Zunächst wurden von Amprion sechs mögliche Standorte untersucht,[10] in der späteren Auswahl waren nur noch Standorte in Dormagen, Kaarst und Meerbusch, wobei an allen Standorten großer Widerstand der Bevölkerung auftrat.[11][12][13] Nachdem zuvor bereits der Standort in Dormagen nicht mehr favorisiert wurde, hat der Netzbetreiber Amprion im September 2018 mitgeteilt, dass seine Entscheidung zu Gunsten des Standortes in Meerbusch-Osterath gefallen ist, und dass er seine diesbezügliche Entscheidung der Bundesnetzagentur zur finalen Entscheidung vorgelegt hat.[14][15]

Amprion hat die Unterlagen zur Genehmigung nach Bundes-Immissionsschutzgesetz Anfang 2020 bei der zuständigen Genehmigungsbehörde beim Rhein-Kreis Neuss eingereicht.[16] Mit Bescheid vom 23. November 2022 wurden die Errichtung und der Betrieb der Konverterstation genehmigt.[17] Baubeginn war Anfang 2023. Generalunternehmer ist Siemens Energy.

Kritiker befürchten durch die neue Station eine verstärkte Belastung der Anwohner durch Lärm, Verkehr, Ozon und „Elektrosmog[1][18] sowie eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch die hohe Konverterhalle[1] und zusätzliche Freileitungsmasten. Sie stellen die Notwendigkeit der neuen Station in Frage und bezweifeln, dass sie primär der Weiterleitung von Strom aus Erneuerbaren Energien dienen soll. Sie vermuten, dass stattdessen vorwiegend Strom aus Kohlekraftwerken eingespeist werden soll und fordern deshalb, für die Station einen Standort in der Nähe des Rheinischen Braunkohlereviers zu wählen.[19][1] Weiterhin sollten die Zu- und Ableitungen nicht als Freileitung, sondern als Erdkabel ausgeführt werden.[20]

Gegen die Erweiterung der Anlage hat sich aus den vorgenannten Gründen eine Bürgerinitiative gebildet. Bürger und Lokalpolitiker aller im Stadtrat vertretenen Parteien bemängeln die ihrer Ansicht nach zu geringe Transparenz und Bürgerbeteiligung bei der Planung. Sie fordern von Amprion, von der Bundesnetzagentur (als zuständige Planungs- und Aufsichtsbehörde) und von der Bundesregierung mehr Informationen, eine stärkere Berücksichtigung lokaler Belange und eine Überprüfung des Planes bis hin zu einem völligen Stopp des Bauvorhabens.

Die Stadt Meerbusch lehnt den Standort für die Konverterstation in Osterath ab. Sie hat 2013 Verfassungsbeschwerde gegen die gesetzliche Festlegung des Netzverknüpfungspunkts eingelegt[21] und dem Genehmigungsantrag für den Konverterbau das Einvernehmen versagt.[22]

Technischer Aufbau

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Anlage laufen eine Vielzahl von Hochspannungstrassen auf den Spannungsebenen 110, 220 und 380 Kilovolt zusammen.[23]

Die 220- und 380-kV-Anlagen fallen unter die Kontrolle von Amprion, die 110-kV-Anlagen unter die des Verteilnetzbetreibers Westnetz.

Netzbetreiber Spannung Name des Stromkreises Trasse
(Bauleit-
nummer)
Zielort/-station Baujahr Himmels-
richtung
380 kV Knechtsteden West 4588 GohrpunktStation Rommerskirchen 1971 Süd
Meerbusch West 4123 Selbeck + Rath Nordwest
Toeppersee West Utfort
220 kV Fichtenhain West 2388 Edelstahl Krefeld
Fichtenhain Ost Dülken + Utfort
Neurath 1a 4588 Gohrpunkt → Kraftwerk Neurath 1971 Süd
Osterath West Gohrpunkt
Frixheim Nord Gohrpunkt → Rommerskirchen
Gellep West 2364 Gellep Ost
Stratum Ost Mündelheim + Rheinhausen
110 kV
Krefeld West 2388 Edelstahl Krefeld Nordwest
Krefeld Ost St. Tönis
Lank West 2364 Lank → Mündelheim Ost
Lank Ost
Willich Nord 0929 Willich West
Büttgen West Mönchengladbach
Kaarst West 4588 Gohrpunkt Süd
Büderich Nord Büderich
Commons: Umspannanlage Osterath – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b c d Jan Popp-Sewing: Konverter bedroht Osterath. In: Rheinische Post (Ausgabe Düsseldorf-Meerbusch). 8. Oktober 2012 (Volltext. rp-online.de, Online-Archiv der Rheinischen Post).
  2. a b Annika Barth: Meilensteine der Elektrizität. Umspannungsanlage und Elektrothek feiern Jubiläum. Westdeutsche Zeitung (Onlineausgabe wz-newsline.de), 16. Oktober 2011, abgerufen am 10. Oktober 2012.
  3. Bernd Schuhkecht: Jubilare unter Strom. In: Rheinische Post (Ausgabe Düsseldorf-Meerbusch). 15. Oktober 2011 (Volltext. rp-online.de, Online-Archiv der Rheinischen Post).
  4. Esther Mai: Ehemaliges RWE-Gebäude. In: Rheinische Post (Ausgabe Düsseldorf-Meerbusch). 3. August 2012 (Volltext. rp-online.de, Online-Archiv der Rheinischen Post).
  5. Walther Beyer: Krefeld (= Deutschlands Städtebau). 2. Auflage. Dari-Verlag, 1928, S. 112.
  6. Wasserwirtschaftsverband der österreichischen Industrie, Deutscher Wasserwirtschaftsverband in der Tschechoslowakischen Republik, Verein für Fluss- und Kanalschiffahrt (Hrsg.): Wasserwirtschaft und -technik. Band 24. Wien 1931, S. 48.
  7. Turbinentechnische Gesellschaft Berlin (Hrsg.): Zeitschrift für das gesamte Turbinenwesen: in Verbindung mit Wasser- und Wärmewirtschaft. Band 17. Oldenbourg, 1920, S. 142.
  8. Beatrix Van Vlodrop: Höchstspannung zieht durch Osterath. In: Westdeutsche Zeitung. 21. August 2008 (Volltext. wz-newsline.de, Online-Archiv der Westdeutschen Zeitung).
  9. Konverter. Amprion, abgerufen am 5. Mai 2020.
  10. Gohr fast ideal. In: Westdeutsche Zeitung, 17. Juni 2014
  11. Konverter: Kaarst ist erste, Gohr zweite Wahl. In: Rheinische Post, 4. Dezember 2014.
  12. 4700 Unterschriften gegen den Stromkonverter. In: Rheinischen Post, 15. September 2014
  13. 1800 bilden eine Menschenkette gegen Konverterbau. In: Westdeutsche Zeitung, 3. März 2013.
  14. Netzbetreiber Amprion favorisiert Osterath als Standort In: Rheinische Post, 21. September 2018, abgerufen am 23. September 2018
  15. Kaarst bleibt der Konverter wohl erspart In: Rheinische Post. 21. September 2018, abgerufen am 23. September 2018
  16. Konverterstandort. Amprion, abgerufen am 5. Mai 2020.
  17. Öffentliche Bekanntmachung des Genehmigungsbescheides der Firma Amprion GmbH für eine 01472 Konverterstation Meerbusch im Bereich der Stadt Meerbusch, Greit, Gemarkung Osterath, Flur 14, Flurstücke 30, 31, 32, 35, 36, 37, 39, 53. Rhein-Kreis Neuss, 26. November 2022, abgerufen am 30. November 2022.
  18. Angelika Kirchholtes: Umspannwerk: Energiewende in Osterath. In: Westdeutsche Zeitung. 5. September 2012 (archive.org).
  19. Jan Popp-Sewing: Strom-Station für 390 Millionen. In: Rheinische Post (Ausgabe Düsseldorf-Meerbusch). 7. September 2012 (Volltext. rp-online.de, Online-Archiv der Rheinischen Post).
  20. Willkommen. Bürgerinitiative Pro Erdkabel Neuss-Reuschenberg, abgerufen am 12. Oktober 2012.
  21. Verfassungsbeschwerde - neues Kapitel im Konverter-Krimi. In: Rheinische Post. 27. Juli 2013, abgerufen am 5. Mai 2020.
  22. Stadt lehnt Amprions Antrag ab. In: Rheinische Post. 2. April 2020, abgerufen am 5. Mai 2020.
  23. Powerland: Hochspannungsleitungen in Deutschland. André Joost, abgerufen am 12. Oktober 2012.