Vielteilchentheorie – Wikipedia

In der statistischen Mechanik, der Atom- und Kernphysik, und der Festkörperphysik ist die Vielteilchentheorie (englisch many-body theory oder englisch many-body physics) eine quantenmechanische Beschreibung einer großen Zahl miteinander wechselwirkender "Mikroteilchen" (z. B. Protonen und Neutronen; Elektronen; Bosonen und Fermionen) und ihres kollektiven Verhaltens.

Ein solches System unterscheidet sich in seinen physikalischen Eigenschaften wesentlich von einem isolierten (freien) Teilchen. Das grundlegende Problem besteht dabei nicht in der Anzahl beteiligter Teilchen, sondern in der Berücksichtigung ihrer Wechselwirkung und Abhängigkeiten.

Die Vielteilchentheorie berücksichtigt im Gegensatz zum Mehrkörperproblem der klassischen Mechanik auch Quanteneffekte wie die Ununterscheidbarkeit von Quantenteilchen, die "Teilchencharakterierung" über den Spin und benutzt Methoden der Quantenfeldtheorie, z. B. wie die Feldquantisierung. Deren Übertragung auf Probleme der Festkörperphysik in den 1950er Jahren (David Pines, Philippe Nozières, Alexei Alexejewitsch Abrikossow, Lew Landau, Arkadi Migdal, David Bohm, Murray Gell-Mann, Julian Schwinger, Joaquin Mazdak Luttinger u. a.) führte zur Entstehung der Vielteilchentheorie.

Die quantenmechanische Beschreibung des Vielteilchenproblems wird vor allem durch die mathematische Form der gesuchte Vielteilchen-Wellenfunktion bzw. des Vielteilchen-Feldoperators erschwert, der in irgendeiner Form von allen Teilchenpositionen und allen Spinzuständen abhängt (enthält also beliebig viele, beliebig komplizierte Mischterme). Durch Zerlegung in Einteilchen-Zuständen, welche je durch eine Position bzw. Spin charakterisiert sind, aber unter Berücksichtigung der Ununterscheidbarkeit der Teilchen durch die Slater-Determinante kann die Konstruktion eines antisymmetrischen Mehrteilchen-Zustandes, wenn auch a-posteriori, aus mehreren Einteilchen-Zuständen erfolgen. Die Einteilchen-Zuständen bewegen sich dabei als unabhängige Teilchen in einen gemittelten Potential, wodurch die Theorie auch als mean field theory bezeichnet wird. Die Hartree-Fock-Methode als ein Vertreter dieser Theorie verfolgt genau diesen Ansatz, was zum Auftreten der nicht klassisch erklärbaren Austauschwechselwirkung führt. Die Hartree-Fock-Methode liefert in erster Näherung relativ gute Ergebnisse für physikalische Eigenschaften betrachteter Vielteilchensysteme (eine qualitative Erklärung hierfür wird durch die Fermi-Flüssigkeits-Theorie begründet), dennoch treten teilweise signifikante Abweichungen zu experimentellen Daten auf. Beispielsweise wird die Größe der Bandlücke unterschätzt, sodass Isolatoren als Metalle vorhergesagt werden und umgekehrt[1]. Für einen realistischen Abgleich zwischen Theorie und Experiment sind Vielteilchen-Korrekturterme höherer Ordnung – Quantenkorrelation – notwendig, welche die Methode nicht liefern kann. Hier genau greifen die Methoden der Vielteilchentheorie an. Eine mögliche physikalische Beschreibung geschieht hier durch:

Da mit ihr nicht nur Festkörper (Metalle, Halbleiter, Dielektrika, Magnetismus und andere), sondern auch Flüssigkeiten, Supraflüssigkeiten, Supraleitung, Plasmen u. a. behandelt werden, also Materie in allen möglichen Phasen, steht diese Entwicklung auch für den Übergang von der theoretischen Festkörperphysik zur Physik der kondensierten Materie.

Vielteilchen-Phänomene

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  • Piers Coleman: Many Body Physics: Unfinished Revolution. In: Annales Henri Poincaré. Band 4, S2, Dezember 2003, S. 559–580, doi:10.1007/s00023-003-0943-9 (englisch).

Moderne Fachbücher

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Ältere Werke oder Klassiker

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Einzelnachweise

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  1. Richard M. Martin, Lucia Reining, David M. Ceperley: Interacting Electrons: Theory and Computational Approaches. 1. Auflage. Cambridge University Press, 2016, ISBN 978-0-521-87150-1, doi:10.1017/cbo9781139050807 (englisch, cambridge.org [abgerufen am 13. Mai 2024]).