Villa Beer – Wikipedia

Straßenansicht
Gartenseite

Villa Beer (auch: Haus Beer) ist ein viergeschoßiges Villengebäude in der Wenzgasse 12 im 13. Wiener Gemeindebezirk, Hietzing, mit rund 650 m² Wohnfläche.[1][2][3] Das von Josef Frank und Oskar Wlach von Oktober 1929 bis 1931 errichtete Gebäude gilt als wichtiger architektonischer Vertreter der Moderne in Wien.

Das Haus wurde von Julius Beer, Co-Inhaber der Berson Kautschuk Gummisohlenfabrik, und seiner Frau Margarete (geb. Blitz) – beide Liebhaber der musikalischen Kultur der Stadt – in Auftrag gegeben, um einen für die Bewirtung von Gästen und Geschäftspartnern und für musikalische Soireen geeigneten Ort zu schaffen.[4][5] Bereits 1925 hatte der drei Jahre ältere Bruder von Julius Beer, Robert, Frank damit beauftragt, dessen Wohnung in der Wiener Innenstadt einzurichten.[3] Nach Aufgabe der Rolle als Hauptgeschäftsführer und Streitigkeiten mit den Berson-Hauptgesellschaftern 1931, vermieteten Julius Beer und seine Familie ab 1932 das Haus aufgrund daraus resultierender finanzieller Schwierigkeiten.[3][6] Die jüdische Familie Beer mit den Kindern Helene, Hans und Elisabeth bewohnte das Haus lediglich ein Jahr lang.[3][7] Zwischenmieter des Hauses waren – während ihrer Aufenthalte in Wien – unter anderem Richard Tauber, Jan Kiepura mit Marcel Prawy sowie Marta Eggerth.[1][6] 1935 leitete die hypothekenfinanzierende Versicherung Allianz und Giselaverein Versicherungs AG ein Versteigerungsverfahren ein, bei dem sie 1936 die zwei unbebauten, an der Lainzer Straße gelegenen Parzellen erwarb. 1937 wurde für die restliche Liegenschaft das Versteigerungsverfahren eröffnet, wobei die Versicherung 1938 den Zuschlag für das Haus samt mitverpfändeter, von „Haus und Garten“ stammender Einrichtung bekam. 1941 kaufte der Textilunternehmer Harry Pöschmann gemeinsam mit seiner Frau Herta das Haus von der Versicherung.[6]

Das Haus steht seit 1987 unter Denkmalschutz (Listeneintrag).[8] Laut Bundesdenkmalamt (BDA) stellt es einen Höhepunkt in der Entwicklung der modernen Architektur in Österreich dar und ist ein Vorzeigebauwerk.[9] Es stehe somit laut der Kunsthistorikerin Maria Welzig und dem BDA in einer Reihe mit dem Haus Müller von Adolf Loos in Prag, der Villa Tugendhat Mies van der Rohes in Brünn und Le Corbusiers Villa Savoye in Poissy bei Paris.[10][9] Friedrich Achleitner nannte das Haus „das wohl bedeutendste Beispiel Wiener Wohnkultur der Zwischenkriegszeit“.[11] Wolfgang Born zählte das Haus bereits 1931 zu „jenen Meisterwerken der Architektur […], in denen über die Lösung einer speziellen Aufgabe hinaus ein künstlerisches Bekenntnis seinen vollkommenen Ausdruck gefunden hat.“[12]

2016 forderte die ÖGFA in einer Petition die „Entwicklung eines Konzepts zur öffentlichen Nutzung unter Einbeziehung aller rechtlich Beteiligten und der kompetentesten Persönlichkeiten und Institutionen der Fachwelt, sowie die Einleitung eines Restaurierungsprozesses für das Haus und den Garten“.[13][14] 2021 hat die Villa Beer Foundation unter Lothar Trierenberg das Haus erworben.[15][1][16] Nach einer Sanierung, die in Absprache mit dem Bundesdenkmalamt und Fachleuten erfolgt, soll die Villa Beer ein Hausmuseum und somit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.[17]

Im Frühling 2022 organisierte die ÖGFA gemeinsam mit Docomomo Austria und der Villa Beer Foundation ein internationales Symposium zur Zukunft der Villa Beer: Offene Moderne, Zur Zukunft der Villa Beer.

Commons: Haus Beer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c Josef Franks Villa Beer in Wien. Abgerufen am 30. Juli 2021.
  2. cz: Architektur-Juwel "Haus Beer" um 5,3 Mio. Euro zu haben. Abgerufen am 30. Juli 2021.
  3. a b c d Marlene Ott-Wodni: Josef Frank 1885-1967. Hrsg.: Eine Publikationsreihe MMD der Museen des Mobiliendepots. Band 33. Böhlau Verlag, Wien 2015, ISBN 978-3-205-79647-3, S. 208 (google.de).
  4. Maria Welzig, Josef Frank: Josef Frank (1885–1967): Das architektonische Werk. Böhlau Verlag Wien, Wien 1998, ISBN 3-205-98407-2.
  5. Christopher Long: The New Space: Movement and Experience in Viennese Modern Architecture. Yale University Press, 2016, ISBN 978-0-300-22392-7 (google.com [abgerufen am 29. Juli 2021]).
  6. a b c Tano Bojankin: Das Haus Beer und seine Bewohner. In: Iris Meder (Hrsg.): Josef Frank. Eine Moderne der Unordnung. Pustet, Salzburg und Wien, ISBN 978-3-7025-0581-3, S. 101–107 (ipts.at [PDF]).
  7. Marlene Ott: „Josef Frank (1885-1967) – Möbel und Raumgestaltung“. Hrsg.: Universität Wien. Wien 2009 (univie.ac.at [PDF]).
  8. nina.schedlmayer: Architektur: Moderne Gebäude sind massiv bedroht. 21. Juli 2016, abgerufen am 29. Juli 2021.
  9. a b Wahrnehmungsbericht des Denkmalbeirates. In: Bundesdenkmalamt. Denkmalbeirat beim Bundesdenkmalamt, abgerufen am 21. Juli 2021.
  10. nextroom-architektur im netz: Haus Beer, Josef Frank, Oskar Wlach - Wien (A) - 1931. Abgerufen am 29. Juli 2021.
  11. Stadt Wien überlegt Ankauf der Hietzinger Villa Beer. Abgerufen am 29. Juli 2021 (österreichisches Deutsch).
  12. Wolfgang Born: Ein Haus in Wien-Hietzing. In: Innen-Dekoration. Nr. 10/1931 (XLII. Jahrgang). Koch, Darmstadt 1931, S. 363–398. – Volltext online (PDF; 10 MB).
  13. Haus Beer in Gefahr — Österreichische Gesellschaft für Architektur. Abgerufen am 2. August 2021.
  14. Condé Nast: ARQUITECTURA EN EXTINCIÓN: Una casa de Josef Frank, salvada. 21. Juli 2021, abgerufen am 2. August 2021 (europäisches Spanisch).
  15. IDM_admin: Haus Beer (Wien): Architekturjuwel von Josef Frank wird Museum. In: Initiative Denkmalschutz. 15. Juni 2021, abgerufen am 29. Juli 2021 (deutsch).
  16. Josef Frank's Villa Beer is ripe for renovation. In: The Spaces. 17. April 2020, abgerufen am 6. August 2021 (amerikanisches Englisch).
  17. Sanierung von Villa Beer gestartet. In: wien.orf.at. 20. April 2024, abgerufen am 21. April 2024.
  18. Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst (31.1932). Abgerufen am 3. September 2021.

Koordinaten: 48° 11′ 6,1″ N, 16° 17′ 35,4″ O