Weimar-Nord – Wikipedia

Weimar-Nord
Stadt Weimar
Koordinaten: 51° 0′ N, 11° 19′ OKoordinaten: 50° 59′ 47″ N, 11° 19′ 7″ O
Fläche: 1,83 km²
Einwohner: 5808 (31. Dez. 2018)
Bevölkerungsdichte: 3.174 Einwohner/km²
Postleitzahl: 99427
Vorwahl: 03643

Weimar-Nord ist seit 2001 ein eigenständiger Stadtteil von Weimar im Bundesland Freistaat Thüringen, dessen Ursprünge als Wohngebiet zu Anfang der 1960er Jahre geschaffen wurden. Er liegt an der nordwestlichen Peripherie am Fuße des Ettersberg und wurde als Plattenbausiedlung erbaut. Im Süden grenzt er an Weimar-West; die Bahnlinie Weimar–Erfurt bildet die Grenze zwischen den beiden Stadtteilen. Östlich von Weimar-West liegt südlich von Weimar-Nord die Nordvorstadt. Die trennende Straße im Bahnhofsbereich ist die Schopenhauerstraße.

Anfänge als Industriegebiet

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lange Zeit war Weimar-Nord lediglich Durchfahrtgebiet nach Weimar aus Richtung Ettersburg. Im 19. Jahrhundert entwickelten sich mehrere Gewerbebereiche nördlich des Güterbahnhofs und entlang der Ettersburger Straße. 1885 wurde die Gegend Sitz des Zimmerer-Unternehmens Hetzer (später Aktiengesellschaft Otto Hetzer Holzbau- und Holzpflege AG)[1] des Großherzoglichen Hofzimmermeisters Otto Hetzer[2], das bis 1926 bestand und mit von Otto Hetzern entwickelten, patentierten Holzfachwerkbindern, mit denen sich kostengünstig großflächige, stützpfeilerlose Werks- und Lagerhallen, sog. Hetzerhallen, errichten ließen, ein Stück Industriegeschichte schrieb. Die bis Februar 2021 auf dem früheren Werksgelände erhaltenen Hetzerhallen stehen unter Denkmalschutz.[3] Auf dem Hetzergelände entstand 1926 die Viehauktionshalle, eine Auktionshalle für Zuchtvieh.[4]

Die Wehrmacht siedelte sich in den 1930er Jahren an und schuf die Lützendorfer Kasernen, von 1945 bis 1994 genutzt von der Roten Armee als Siegermacht.[5]

Plattenbaugebiet

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit der Grundsteinlegung des sogenannten Experimentalbaus 1962 in der heutigen Heldrunger Straße nahm das Tempo der Entwicklung zum Wohngebiet zu. Die meisten Wohnhäuser wurden zwischen 1972 und 1978 errichtet. Der für damalige Wohnverhältnisse attraktive Komfort einer Neubauwohnung – Fernheizung, warmes Wasser, Balkon –, die gemeinschaftlichen Freiflächen und die gute soziale und altersmäßige Mischung der Bewohner machten Weimar-Nord zu einem beliebten Wohngebiet Weimars. Dort waren viele Beschäftigte des Weimar-Werks und des Uhrenwerks Weimar mit ihren Familien zuhause. Zwischen 1965 und 1986 wurden in Weimar-Nord 2.734 Wohnungen unterschiedlicher Größe gebaut.[6]

1994 begannen umfangreiche Sanierungsmaßnahmen. Die westliche Umgehungsstraße entlastete ab 1998 die Verkehrssituation nachhaltig. 1999 folgte die Grundsteinlegung für ein Modellprojekt, das Wohnmöglichkeiten für mehrere Generationen mit entsprechenden Versorgungseinrichtungen anbietet. Für die Expo 2000 in Hannover war Weimar-Nord dezentraler Standort der Weltausstellung als Modell für die Revitalisierung von Wohngebieten der Block- und Plattenbauweise. Defizite der Freiraumgestaltung sowie der Anbindung an die Umgebung konnten minimiert werden.

Der 1,83 km² große Stadtteil Weimar-Nord ist hauptsächlich geprägt von mittlerweile komplett sanierten Plattenbau-Mehrfamilienhäusern aus der DDR-Zeit sowie nach 1990 erbauten Mehrfamilienhäusern mit insgesamt etwa 2600 Wohnungen.

Ab 1990 gab es einen Rückgang der Einwohnerzahl. Mittlerweile ist die Einwohnerzahl konstant, es gibt nahezu keinen Leerstand. Eine große Anzahl der Wohnungen wird von der kommunalen Weimarer Wohnstätte GmbH und der gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft Weimar e.G. bewirtschaftet.

Inzwischen weist der Stadtteil eine umfangreiche Infrastruktur auf. Sein Zentrum liegt mit zahlreichen Einkaufsmärkten westlich der Kreuzung Marcel-Paul-Straße und Allstedter Straße am WohnenPlus-Haus[7], wo drei zwischen 1966 und 1967 errichtete, zehngeschossige Hochhäuser des Typs Erfurt 1[8] das Ortsbild prägen.[9]

Ab den 2010er Jahren verlor der Ortsteil einen Großteil seiner historischen Bausubstanz: 2012 wurde die „Grüne Villa“, einst Industriellenvilla von Otto Hetzer, in ruinösem Zustand abgerissen,[4] im April 2015 brannte die denkmalgeschützte Viehauktionshalle nieder[10] und im Februar 2021 stürzte die größere der beiden Hetzerhallen infolge Schneelast ein.[3]

Bevölkerungsentwicklung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bevölkerungsentwicklung[11]
Jahr Einwohnerzahl
31.12.1989 5.979[12]
31.12.1993 4.932[13]
31.12.2005 5.477
31.12.2008 5.326
31.12.2010 5.448
31.12.2011 5.422
31.12.2018 5.808

Persönlichkeiten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Günter Seifert, Ortsteilbürgermeister 2001–2017 († 11. März 2018; 81 Jahre)[14][15]
  • Jan Peter Wiegand, Ortsteilbürgermeister 2017–2019
  • Olaf Merzenich, amtierender Ortsteilbürgermeister (Stand: August 2021)[16]

Eine Stadtbuslinie sorgt für direkte Verbindung zu Hauptbahnhof und Stadtzentrum.

  • Verein Bürgertreff Weimar-Nord e.V. in Zusammenarbeit mit dem Ortsteilrat Weimar-Nord (Hrsg.): Weimar-Nord – Chronik eines Ortsteiles der Stadt Weimar (online abrufbar). Weimar 2020 (224 S., weimar-nord.de [PDF; 38,6 MB]).
  • Manfred Dieck und Peter Zeh: Weimar-Nord – Chronik eines Ortsteiles der Stadt Weimar 1900–2008. Hrsg.: Ortschaftsrat Weimar-Nord. Weimar 2009 (57 S.).
  • Ortschaftsrat Weimar-Nord (Hrsg.): Weimar-Nord Informationsblatt. Weimar 2020 (weimar-nord.de).
  • Gitta Günther u. a. (Hrsg.): Weimar. Lexikon zur Stadtgeschichte. Böhlau, Weimar 1998, ISBN 3-7400-0807-5.
  • Gerhard Jung: Betreutes Wohnen in Weimar-Nord – Dokumentation der Ergebnisse der Begleitforschung. Wüstenrot-Stiftung (Hrsg.). IfS, Institut für Stadtforschung und Strukturpolitik. Ludwigsburg 2000, Umfang 206 S., ISBN 978-3-933249-47-0
  • Neues Wohnen in Weimar-Nord – städtebaulicher Ideenwettbewerb mit baulicher Vertiefung. Hrsg. Wüstenrot-Stiftung Deutscher Eigenheimverein e.V. Stuttgart und Zürich 1997, Umfang 63 S., ISBN 978-3-7828-0213-0
  • Katrin Zapf: Mieterstudie Weimar-Nord 1994. Hrsg. Institut für Stadtforschung und Strukturpolitik GmbH, Auftraggeber: Wüstenrot Stiftung Deutscher Eigenheimverein e.V. Ludwigsburg. Stuttgart 1995, Umfang 222 S., ISBN 978-3-8167-4099-5

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Manfred Dieck und Peter Zeh: Weimar-Nord – Chronik eines Ortsteiles der Stadt Weimar 1900–2008. Hrsg.: Ortschaftsrat Weimar-Nord. Weimar 2009, S. 35.
  2. http://otto-hetzer.de/biografie.html, abgerufen am 14. Oktober 2019
  3. a b Schneemassen bringen Hetzer-Halle in Weimar zum Einsturz. In: MDR Thüringen. 18. Februar 2021, abgerufen am 21. Februar 2021.
  4. a b Chronik der Hallen, weimar-nord.de, aufgerufen am 5. März 2021
  5. Manfred Hartung: Die Ansiedlung von Militär in Weimar-Nord, pdf (8 Seiten) vom März 2017, abgerufen am 12. Oktober 2019
  6. Manfred Dieck und Peter Zeh: Weimar-Nord – Chronik eines Ortsteiles der Stadt Weimar 1900–2008. Hrsg.: Ortschaftsrat Weimar-Nord. Weimar 2009, S. 10.
  7. https://www.stiftung-wohnen-plus.de/Wohnen/WE-Nord/, abgerufen am 13. Oktober 2019
  8. Jedes der drei Hochhäuser hatte ursprünglich zehn Ein-Zimmer- und zwei 2-Zimmer-Wohnungen pro Stockwerk, also 120 Wohnungen insgesamt. Zwischen 1996 und 1998 wurden die drei Häuser umgebaut und saniert: Während beim genossenschaftlichen Haus Allstedter Straße 3 die originale Wohnungsstruktur erhalten blieb, wurden die Häuser Allstedter Straße 1 (private Eigentümergemeinschaft) und 5 (Weimarer Wohnstätten GmbH) grundlegend verändert, in dem mehrere 1-Zimmer-Wohnungen umgebaut wurden zu 2- und 3-Zimmer-Wohnungen. So entstanden in der Allstedter Straße 5 nun zehn 1-Zimmer-, zehn 1,5-Zimmer-, 40 2-Zimmer- und zehn 3-Zimmer-Wohnungen. - Quelle: Informationstafeln zur Stadtteilgeschichte von Weimar-Nord auf der Wiese westlich der Kreuzung Marcel-Paul-Straße und Bonhoefferstraße
  9. https://www.weimar-nord.de/zweitindex.php?ue_1=ortsteil&ue_2=wohnen, abgerufen am 12. Oktober 2019
  10. Feuer in historischer Viehauktionshalle: Drei Männer gestehen Brandstiftung in Weimar. In: Mitteldeutsche Zeitung. 23. April 2015, abgerufen am 21. Juni 2021.
  11. Weimar-Nord auf Weimar.de
  12. Manfred Dieck und Peter Zeh: Weimar-Nord – Chronik eines Ortsteiles der Stadt Weimar 1900–2008. Hrsg.: Ortschaftsrat Weimar-Nord. Weimar 2009, S. 10.
  13. Manfred Dieck und Peter Zeh: Weimar-Nord – Chronik eines Ortsteiles der Stadt Weimar 1900–2008. Hrsg.: Ortschaftsrat Weimar-Nord. Weimar 2009, S. 24.
  14. https://www.radiolotte.de/weimar/ehemaliger-ortsteilbuergermeister-guenter-seifert-verstorben-28290.html?campaign=RSS, abgerufen am 17. August 2021
  15. https://stadt.weimar.de/fileadmin/redaktion/user_upload/CHR-18-03.pdf, abgerufen am 17. August 2021
  16. https://www.weimar-nord.de/zweitindex.php?ue_1=otrat&ue_2=grund, abgerufen am 17. August 2021