Wolframcarbid – Wikipedia

Kristallstruktur
Strukturformel von Wolframcarbid
_ W4+ 0 _ C4−
Allgemeines
Name Wolframcarbid
Andere Namen

Wolframmonocarbid

Verhältnisformel WC
Kurzbeschreibung

graue, metallisch glänzende, sehr harte, geruchlose Kristalle[1][2]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 12070-12-1
EG-Nummer 235-123-0
ECHA-InfoCard 100.031.918
PubChem 2724274
ChemSpider 2006424
Wikidata Q423265
Eigenschaften
Molare Masse 195,86 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

15,63 g·cm−3 (20 °C)[2]

Schmelzpunkt

2785 °C[2]

Siedepunkt

6000 °C[2]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze[2]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Unter Wolframcarbid versteht man meist das Mono-Wolframcarbid WC sowie die daraus gefertigte Nichtoxidkeramik. Es ist eine intermediäre Kristallphase und ein Carbid.

Wolframcarbid ist ein Hartstoff und Bestandteil sogenannter Hartmetalle, die als Werkzeuge dienen (Schneiden von Bohrern, Drehmeißeln, Fräsern usw.).

Als natürliche Bildung ist Wolframcarbid seit 1986 bekannt[4] und seit 2007 als eigenständiges Mineral unter dem Namen Qusongit anerkannt.[5] Das Mineral wird nicht gefördert, da es einfacher industriell aus Wolfram und Kohlenstoff hergestellt wird.

Gewinnung und Darstellung

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Wolframcarbidpulver wird durch direkte Aufkohlung von Wolfram mit Kohlenstoff hergestellt. Dazu werden Gemische des Metalls mit Ruß oder Graphit bei einer Temperatur von 1400 bis 2000 °C im Vakuum oder unter Wasserstoff erhitzt.[6]

Beim Erhitzen eines Wolfram-Kohlenstoff-Gemisches in einem Kohlenstoffrohr oder Hochfrequenzofen auf ca. 2800 °C erhält man Wolframcarbidblöcke.[7]

Die Produktion beginnt typischerweise mit Wolframerz, Wolframschrott, Scheelit, Wolframsäure oder Ammoniumparawolframat. Für die Herstellung der technischen Wolframcarbidpulver gibt es mehrere Verfahren. Zum Beispiel wird Wolframsäurepulver bei 750 °C durch Wasserstoff zu Wolfram reduziert. Die Metallpartikel werden bei 1400 °C aufgekohlt. Diese Methode wird bei feinen Pulvern mit einer mittleren Korngröße von 1 µm angewendet.[7]

Wolframoxide, Wolframsäure, Ammoniumparawolframat und Scheelit können auch direkt aufgekohlt werden:[7]

Wolfram oder Wolframoxid kann auch durch Gase wie Kohlenstoffmonoxid oder Methan aufgekohlt werden.[7]

Sehr feines Wolframcarbid kann auch durch Reaktion von Wolframerz oder Wolframschrott mit Chlor und anschließender Gasphasenreduktion mit Wasserstoff und Aufkohlung gewonnen werden:[7]

Bei Wolframcarbid handelt es sich um Einlagerungsmischkristalle. Dabei lagern sich durch Aufkohlen Kohlenstoffatome zwischen die Gitterplätze des Wolframs ein. Die Reaktion verläuft über W2C, das Diwolframcarbid, zu WC.

Wolframcarbid entsteht stets bei Reduktion von Wolframoxiden mit Kohlenstoff. Aus diesem Grund muss zur Herstellung von Wolfram aus dessen Oxiden Wasserstoff als Reduktionsmittel verwendet werden.[8]

Produktion und Handel

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Die folgende Tabelle zeigt die Produktionszahlen für 2004 in Tonnen pro Jahr:[8]

Region Westeuropa Osteuropa USA Japan China Andere
Produktion 13000 1600 5800 4500 13000 1170

Deutschland importierte zwischen 2007 und 2010 folgende Mengen an Wolframcarbid (in Tonnen):[8]

Jahr 2007 2008 2009 2010
Import 2997 3215 1374 2544

Der Verbrauch von Wolfram für die Hartmetallherstellung in Tonnen:[8]

Jahr China USA Europa Japan Andere
2005 12500 6500 6000 4500 3000
2007 13900 4600 9800 4500 700
2010 18800 6100 6300 4900 2800

Aufgrund der wirtschaftlichen und strategischen Bedeutung von Wolframcarbid sind aktuelle Zahlen, aufgeschlüsselt nach Regionen, mit Vorsicht zu betrachten. Die weltweite Primärproduktion von Wolfram, also aus dem Abbau von Erz, betrug 2021 ca. 84.000 Tonnen Wolfram-Metall, mit einem Anteil von 84 % aus China. Der Anteil der Primärproduktion an der Gesamtproduktion von Wolfram beträgt ca. 65 % (Stand 2021). Der Anteil der Gesamtproduktion von Wolfram das zu Wolframcarbid weiterverarbeitet wird, beträgt ebenfalls ca. 65 % (Stand 2021). Damit ergibt sich aus der zu Wolframcarbid weiterverarbeiteten Masse von ca. 84.000 Tonnen Wolfram einer Weltjahresproduktion von Wolframcarbid im Bereich von ca. 89.000 Tonnen (Stand 2021).[9]

Wolframcarbid ist ein grauer geruchloser kristalliner Feststoff, der praktisch unlöslich in Wasser ist.[2]

Diwolframcarbid W2C ist sehr hart und hat eine Schmelztemperatur von 2750 °C. Wolframcarbid WC ist ebenfalls sehr hart und schmilzt bei 2785 °C. Eine eutektische Mischung[10] aus beiden schmilzt bei 2525 °C.

Weitere Eigenschaften von WC:

Ein Ring aus Wolframcarbid

Seit einigen Jahren wird Wolframcarbid zu Schmuck verarbeitet und oft als Wolframschmuck bezeichnet. Im Uhrenbau wird Wolframcarbid seit 1962 vom Schweizer Armbanduhrproduzenten Rado eingesetzt (erstmals für den Gehäusebau des Modells DiaStar).[11]

Seit dem Zweiten Weltkrieg wird Wolframcarbid wegen seiner Härte und gegenüber Stahl gut doppelten Dichte als Kernmaterial in panzerbrechenden Geschossen (Wuchtgeschossen) verwendet, wo es gehärteten Stahl verdrängte. So war Wolfram(carbid) Bestandteil der Panzergranate 40. Ab den 1960er Jahren wurde für diesen Zweck vor allem von den USA deutlich weicheres aber ebenso schweres abgereichertes Uran eingesetzt, dessen Verwendung aufgrund seiner Giftigkeit und Reststrahlung umstritten ist.[12][13]

Darüber hinaus kann Wolframcarbid als Neutronenreflektor in Kernwaffen eingesetzt werden, um die kritische Masse herabzusetzen.

Kleine Bohrer und Fräser aus massivem Wolframcarbid

Wolframcarbid ist Hauptbestandteil vieler Hartmetallsorten, die für Zerspanungswerkzeuge und als Werkstoff für hochbelastete Bauteile wie Druckstöcke oder Umformwerkzeuge benutzt werden. Hugo Lohmann entdeckte beginnend im Jahr 1914 die vielfältigen Möglichkeiten, die sich durch das pulvermetallurgische Einbinden von Wolframcarbid-Körnern in eine Matrix aus einem anderen Metall ergaben.[14] 1929 wurde ein Wolframcarbid-Kobalt-Hartmetall mit der Bezeichnung Pobedit in der UdSSR von der gleichnamigen Firma entwickelt.

Wolframcarbid zeichnet sich durch besondere Härte aus, die beinahe so hoch ist wie die von Diamant. Daher stammt der Markenname Widia („Wie Diamant“) für Hartmetallwerkzeug der Firma Krupp.[15]

Zum Einsatz als Hartmetall werden 4 bis 30 % Cobalt als Bindephase zugesetzt. Die Korngröße von WC-Hartmetallen mit 6 bis 10 % Cobalt als Bindemittel beträgt ungefähr 0,5 bis 1,2 µm. Die Verarbeitung von WC-Hartmetall erfolgt durch Mischen, Mahlen, Grünsintern, Brennen oder Heißisostatisches Pressen (HIPen) bei 1600 bar und 1600 °C.[16] Das Bearbeiten von WC-Hartmetallen ist durch Schleifen sowie mittels Draht- bzw. Funkenerosion möglich. In Spezialfällen werden Kugeln aus Hartmetall mittels Laser durchbohrt (Bohrungsdurchmesser kleiner als 0,25 mm).

Neben Werkzeugen bestehen auch Spikes von Winterreifen häufig aus Hartmetall. Auch die Kugeln von Kugelschreibern werden teils aus Hartmetall gefertigt.[17]

Formen aus Wolframcarbid werden zum Drahtziehen, Stanzen, Kaltstauch- und Kaltstanzformen, Formen für nicht magnetische Legierungen und Warmformformen verwendet. Neben Härte, Verschleißfestigkeit und Druckfestigkeit hat Wolframcarbid eine gute chemische Stabilität und kann auch bei hohen Temperaturen, hohem Druck und in korrosiven Umgebungen eine stabile Leistung aufrechterhalten.‌

Gesundheitliche Risiken

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Der Umgang mit Hartmetall erfordert besondere Arbeitsschutzmaßnahmen, denn lungengängige Wolframcarbid-Cobalt-Stäube können Lungenfibrose verursachen[18] und es liegen Anzeichen für eine krebserzeugende Wirkung vor.[19] Diese ist auf das enthaltene Cobalt zurückzuführen. Die akute Toxizität von Wolframcarbid ist sehr gering.[7]

Fingerring aus Wolframcarbid

Beim Anschwellen eines Fingers, z. B. durch einen Bienenstich oder eine Verletzung, kann es zu schweren Schädigungen kommen, wenn der Blutfluss durch einen Schmuckring behindert oder ganz unterbrochen wird. Die Ringe werden dann notfalls durchgesägt. Da Wolframcarbid-Ringe aufgrund ihrer Härte auf diese Weise kaum trennbar sind, kann es zu Problemen kommen. Es ist jedoch möglich, solche Ringe mittels einer Feststellzange oder ähnlichem zu zerbrechen.[20][21]

  • Gopal S. Upadhyaya: Cemented Tungsten Carbides: Production, Properties and Testing, Noyes Publications, 1998, ISBN 978-0-8155-1417-6.
  • Alexey S. Kurlov, Aleksandr I. Gusev: Tungsten Carbides: Structure, Properties and Application in Hardmetals, Springer Verlag, 2013, ISBN 978-3-319-00523-2.

Einzelnachweise

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  1. Eintrag zu Wolframcarbide. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 10. November 2014.
  2. a b c d e f g h Eintrag zu Wolframcarbid in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 31. Mai 2015. (JavaScript erforderlich)
  3. Werner Baumann, Bettina Herberg-Liedtke: Chemikalien in der Metallbearbeitung Daten und Fakten zum Umweltschutz. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-642-61004-2, S. 1556 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. John L. Jambor, David A. Vanko: New Mineral Names. In: American Mineralogist. Band 74, Nr. 7–8, 1989, S. 946–951 (englisch, minsocam.org [PDF; 747 kB; abgerufen am 8. Februar 2019] WC ab Seite 948).
  5. Qingsong Fang, Wenji Bai, Jingsui Yang, Xiangzhen Xu, Guowu Li, Nicheng Shi, Ming Xiong, He Rong: Qusongite (WC): A new mineral. In: American Mineralogist. Band 94, Nr. 2–3, 2009, S. 387–390 (englisch, rruff.info [PDF; 757 kB; abgerufen am 8. Februar 2019]).
  6. R. J. Meyer: Wolfram. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-662-13401-6, S. 188 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. a b c d e f OECD: Screening Information Dataset (SIDS) Initial Assessment Report (SIAR) für Tungsten carbide (WC), abgerufen am 30. Dezember 2017.
  8. a b c d Martin Bertau, Armin Müller, Peter Fröhlich, Michael Katzberg: Industrielle Anorganische Chemie, ISBN 978-3-527-33019-5, S. 614.
  9. Applications & Markets. In: International Tungsten Industry Association. International Tungsten Industry Association, abgerufen am 4. Dezember 2024 (englisch).
  10. Edward M. Trent, Paul K. Wright: Metal Cutting, Elsevier, 2000, 4. Auflage, ISBN 978-0-7506-7069-2, S. 175.
  11. Elizabeth Doerr: Wristwatch Annual 2004: The Catalog of Producers, Models, and Specifications. ABBEVILLE Press, 2003, ISBN 0-7892-0803-2 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  12. James Smyth Wallace: Chemical Analysis of Firearms, Ammunition, and Gunshot Residue. CRC Press, 2008, ISBN 978-1-4200-6971-6, S. 72 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  13. Peter O. K. Krehl: History of Shock Waves, Explosions and Impact A Chronological and Biographical Reference. Springer Science & Business Media, 2008, ISBN 978-3-540-30421-0, S. 44 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  14. Karl Winnacker, Leopold Küchler: Metallurgie. C. Hanser, 1970, ISBN 3-446-10356-2, S. 498 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  15. Norbert Welsch, Jürgen Schwab, Claus Liebmann: Materie Erde, Wasser, Luft und Feuer. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-8274-2265-1, S. 275 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  16. Hermann Sicius: Chromgruppe: Elemente der sechsten Nebengruppe Eine Reise durch das Periodensystem. Springer-Verlag, 2016, ISBN 978-3-658-13543-0, S. 37 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  17. Patent DE69808514: Verbesserte Kugel für Kugelschreiber. Angemeldet am 22. Dezember 1998, veröffentlicht am 30. Januar 2003, Anmelder: SANDVIK AB (PUBL), Sandviken, Erfinder: Jerome Cheynet, Sylvie O’Donnell, Björn Uhrenius.
  18. Günter G. Mollowitz: Der Unfallmann Begutachtung der Folgen von Arbeitsunfällen, privaten Unfällen und Berufskrankheiten. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-662-06549-5, S. 549 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  19. Toxikologie der Stoffe: Toxikologie Band 2 – Toxikologie der Stoffe. John Wiley & Sons, 2012, ISBN 978-3-527-63555-9, S. 16 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  20. Keith A. Allen, Marco Rizzo, Annie T. Sadosty: A Method for the Removal of Tungsten Carbide Rings. In: The Journal of Emergency Medicine. Band 43, Nr. 1, 2012, S. 93–96, doi:10.1016/j.jemermed.2011.07.032.
  21. Carolyn L. Gardiner, Krista Handyside, Justin Mazzillo, Mandy J. Hill, Eric F. Reichman, Yashwant Chathampally, Brent R. King: A comparison of two techniques for tungsten carbide ring removal. In: The American Journal of Emergency Medicine. Band 31, Nr. 10, 2013, S. 1516–1519, doi:10.1016/j.ajem.2013.07.027.