Zwangschristianisierung – Wikipedia

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Zwangschristianisierung, oder auch Zwangs-Christianisierung bezeichnet eine unter Zwang und/oder Gewaltandrohung durchgeführte Mission von Bevölkerungsgruppen hin zum Christentum. Häufige Formen von Zwangschristianisierung waren beispielsweise die Zerstörung oder Aneignung von Kultstätten, oder die Zwangstaufe.[1][2]

Der Ausdruck Zwangschristianisierung ist derzeit nicht einheitlich definiert und wird in der Geschichts-, Religions- und Kulturwissenschaft meist dafür eingesetzt, einen bestimmten Zeitraum oder ein konkretes Ereignis im Zusammenhang mit der Christianisierung zu benennen, welches mit einer besonderen Form von Zwang oder Gewalt verbunden war.

Reiterstatuette Karls des Großen

In der Spätantike, in deren Verlauf es im römischen Reich zu Ausschreitungen zwischen Christen und Heiden kam, wurden von verschiedenen Kaisern seit dem 4. Jahrhundert mehrere Gesetze gegen den Paganismus erlassen. Theodosius der Große verbot etwa die Ausübung öffentlicher Kultpraktiken. Die moderne Forschung hat jedoch nachgewiesen, dass die von Theodosius erlassenen Gesetze in der Realität nicht scharf durchgesetzt wurden. Im 5./6. Jahrhundert wurden die Maßnahmen teils verschärft, doch waren Zwangstaufen u. ä. nicht die Regel, vielmehr wurde den bereits im Niedergang begriffenen paganen Kulten die legale Existenzberechtigung entzogen.[3]

Zu den größten Missionen unter Zwang oder Gewalt im Mittelalter gehören die Sachsenkriege, welche von Karl dem Großen angeleitet wurden und die Bekehrung der Prußen durch den deutschen Orden.[4]

Kritik von kirchlicher Seite

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Von kirchlicher Seite wurden Zwangsbekehrungen vereinzelt bereits im Frühmittelalter kritisiert. So äußerte zur Zeit Karls des Großen etwa Alkuin Kritik am königlichen Vorgehen: „Zur Taufe kann ein Mensch getrieben werden, nicht aber zum Glauben.“[5]

  • Hans Bertuleit: Das Religionswesen der alten Preussen mit litauisch-lettischen Parallelen. In: Sitzungsberichte der Altertumsgesellschaft Prussia. Heft 25, 1924, ISSN 0259-787X, S. 9–113 (Zugleich: Königsberg, Universität, Dissertation, vom 31. Juli 1922).
  • Karlheinz Deschner: Kriminalgeschichte des Christentums (= Digitale Bibliothek. 132). Band 1–8. CD-ROM-Version. Directmedia, Berlin 2005, ISBN 3-89853-532-0.(Insbesondere die Bände zu Spätantike und Frühmittelalter; nicht fachwissenschaftlich!).
  • Simon Grunau’s preussische Chronik (= Die preussischen Geschichtschreiber des XVI. und XVII Jahrhunderts. Bd. 1–3). 3 Bände. Herausgegeben von Max Perlbach, Rudolf Philippi und Paul Wagner. Duncker & Humblot, Leipzig 1876–1896, Band 1 in der Google-Buchsuche, Band 2, Band 3.
  • Johannes Hahn: Gewalt und religiöser Konflikt. Studien zu den Auseinandersetzungen zwischen Christen, Heiden und Juden im Osten des Römischen Reiches (von Konstantin bis Theodosius II.) (= Klio. Beihefte. NF Bd. 8). Akademie-Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-05-003760-1 (Zugleich: Heidelberg, Universität, Habilitations-Schrift, 1993).
  • Hermann Hoffmann: Der ländliche Grundbesitz im Ermlande von der Eroberung Preußens durch den Deutschen Ritterorden bis zum Jahre 1375. In: Altpreußische Monatsschrift. Bd. 14, 1877, ISSN 0258-4077, S. 51–100, 193–250, (Zugleich: Jena, Universität, Dissertation, 1877), Digitalisat (PDF; 28 MB).
  • Henryk Łowmiański: Anfänge und politische Rolle der Ritterorden an der Ostsee im 13. und 14. Jahrhundert. In: Udo Arnold, Marian Biskup (Hrsg.): Der Deutschordensstaat Preussen in der polnischen Geschichtsschreibung der Gegenwart (= Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens. Bd. 30). Elwert, Marburg 1982, ISBN 3-7708-0732-4, S. 36–85, hier S. 57.
  • Karl Leo Noethlichs: Kaisertum und Heidentum im 5. Jahrhundert. In: Johannes van Oort, Dietmar Wyrwa (Hrsg.): Heiden und Christen im 5. Jahrhundert (= Studien der Patristischen Arbeitsgemeinschaft. Bd. 5). Peeters, Leuven 1998, ISBN 90-429-0711-8, S. 1–31.
  • Lutz E. von PadbergZwangsbekehrung. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 34, Walter de Gruyter, Berlin/New York 2007, ISBN 978-3-11-018389-4, S. 586–589.
  • Conrad Rethwisch: Die Berufung des Deutschen Ordens gegen die Preussen. Moeser, Berlin 1868 (Göttingen, Georg-Augusts-Universität, Dissertation), Digitalisat.
  • Otto A. Schneidereit: Die Prussen und der Deutsche Orden. Dietz, Berlin 1994, ISBN 3-320-01865-5.
  • Wilhelm J. A. von Tettau, Jodocus D. H. Temme: Die Volkssagen Ostpreussens, Litthauens und Westpreussens. Nicolai, Berlin 1837.
  • Max Töppen: Geschichte der Preußischen Historiographie von P. v. Dusburg bis auf K. Schütz. Oder Nachweisung und Kritik der gedruckten und ungedruckten Chroniken zur Geschichte Preußens unter der Herrschaft des deutschen Ordens. Hertz, Berlin 1853.

Einzelnachweise

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  1. Dirk Ansorge: Stimmen der Zeit. Heft 1, Januar 2017, ISSN 0039-1492, Gewalt im Namen des Christentums? (herder.de).
  2. Andreas Englisch: Der Kämpfer im Vatikan: Papst Franziskus und sein mutiger Weg. 1. Auflage. C. Bertelsmann Verlag, 2015, ISBN 978-3-641-18015-7.
  3. Ronald Hutton: The Witch: A History of Fear, from Ancient Times to the Present. 1. Auflage. Yale University Press, New Haven 2018, ISBN 978-0-300-23867-9, S. 147 ff.
  4. Arnolds Spekke: Die Baltischen Völker im ersten Jahrtausend der christlichen Ära. In: Zur Vorgeschichte der Prußen (= Tolkemita-Texte. Nr. 54, ZDB-ID 2368425-2). Prußenvereinigung, Dieburg 1998, S. 19–41, (Vortrag, gehalten am 3. März 1938 am Institut für Romanische Studien in Rom).
  5. Alkuin, Epp. 110.
  6. Gerd Braune: Lang erhoffte Worte: Papst entschuldigt sich bei indigenen Völkern. In: Augsburger Allgemeine. 1. April 2022, abgerufen am 17. Juni 2022.