Amt Gießen – Wikipedia
Das Amt Gießen war ein Amt der Landgrafschaft Hessen und zuletzt des Großherzogtums Hessen.
Funktion
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Mittelalter und Früher Neuzeit waren Ämter eine Ebene zwischen den Gemeinden und der Landesherrschaft. Die Funktionen von Verwaltung und Rechtsprechung waren hier nicht getrennt. Dem Amt stand ein Amtmann vor, der von der Landesherrschaft eingesetzt wurde.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der älteste Hinweis auf ein Amt in Gießen stammt von 1263, als ein „Amtmann“ für Gießen erwähnt wurde. Zwischen 1197 und 1265 ist belegt, dass ein entsprechendes Gebiet als „Grafschaft Gießen“ bezeichnet wird. Das sehr umfangreiche Gebiet dieses Amtes wurde noch vor 1556 geteilt, unter anderem in ein Stadtamt Gießen (folgend auch Oberamt Gießen genannt) und ein Landamt Gießen.[1]
Bei der Landesteilung nach dem Tod des Landgrafen Philipp I., des Großmütigen, 1567 fielen die beiden Ämter an die neu gebildete Landgrafschaft Hessen-Marburg und nach Aussterben dieser Zweiglinie 1604 und den Hessenkriegen 1648 mit dem Westfälischen Frieden endgültig an die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, die dann 1806 zum Großherzogtum Hessen wurde.
1821/22 kam es zu einer Verwaltungsreform im Großherzogtum. Mit ihr wurden nun auch auf unterer Ebene Gericht und Verwaltung getrennt. Für die bisher in den Ämtern wahrgenommenen Verwaltungsaufgaben wurden Landratsbezirke geschaffen, für die erstinstanzliche Rechtsprechung Landgerichte.[2] Das Stadtamt und das Landamt Gießen wurden aufgelöst. Ihre Verwaltungsaufgaben wurden an den Landratsbezirk Gießen übertragen.[2]
Bestandteile
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1502[1] | 1556[1] | nach 1783[3] | Zuteilung[2] | Anmerkung |
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Annerod | ||||
Bieber | Bieber gehörte teils zu Fellingshausen, teils zu Rodheim.[4] | |||
Daubringen | Daubringen | Landamt Gießen[5] | ||
Dornholzhausen | ||||
Dutenhofen | ||||
Fellingshausen | Landamt Gießen[2] | |||
Friedelhausen | Stadtamt Gießen | |||
Garbenteich | Garbenteich | Landamt Gießen[6] | ||
Gießen | Gießen | Gießen | Stadtamt Gießen | |
Großen-Linden | Großen-Linden | Großen-Linden | Stadtamt Gießen | |
Großrechtenbach | 1703 bei der Teilung des Hüttenberg (Hessen)Hüttenbergs an Nassau | |||
Hardthof | Stadtamt Gießen | |||
Hausen | ||||
Heuchelheim | Heuchelheim | Landamt Gießen[2] | ||
Hochelheim | 1703 bei der Teilung des Hüttenbergs an Nassau | |||
Hörnsheim | 1703 bei der Teilung des Hüttenbergs an Nassau | |||
Hüttenberg | Gericht, nach anderer Quelle Sitz eines eigenen Amtes[2] | |||
Kinzenbach | ||||
Kirch-Göns | ||||
Kirchberg | ||||
Kleinlinden | Stadtamt Gießen[7] | |||
Kleinrechtenbach | Kleinrechtenbach | 1703 bei der Teilung des Hüttenbergs an Nassau | ||
Lang-Göns | ||||
Launsbach | ||||
Leihgestern | ||||
Lollar | Lollar | Lollar | Landamt Gießen[8] | 1556: Gericht[1] |
Mainzlar | Mainzlar | Landamt Gießen[9] | ||
Pohl-Göns | ||||
Reiskirchen | ||||
Rodheim | Rodheim | Landamt Gießen[2] | ||
Ruttershausen | Ruttershausen | Landamt Gießen[10] | ||
Schiffenberg | Seit 1577, ehemalige Deutschordenskommende | |||
Staufenberg | Staufenberg | Staufenberg | Stadtamt Gießen[11] Landamt Gießen[12] | |
Steinbach | Steinbach | Steinbach | Landamt Gießen[13] | 1556: Gericht[1] |
Steinberg | Steinberg | Landamt Gießen[14] | ||
Trohe | Stadtamt Gießen[15] | |||
Vollnkirchen[16] | 1703 bei der Teilung des Hüttenbergs an Nassau[17] | |||
Volpertshausen | ||||
Watzenborn | Watzenborn | Landamt Gießen[18] | ||
Weidenhausen | ||||
Wieseck | Wieseck | Stadtamt Gießen[19] | ||
Wißmar | ||||
Eigenleute des Landgrafen im Busecker Tal |
Recht
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Amt Gießen galt das Gemeine Recht. Dieses Sonderrecht behielt seine Geltung als Partikularrecht auch im gesamten 19. Jahrhundert während der Zugehörigkeit des Gebietes zum Großherzogtum Hessen[20] und wurde erst zum 1. Januar 1900 von dem einheitlich im ganzen Deutschen Reich geltenden Bürgerlichen Gesetzbuch abgelöst.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Thomas Euler und Sabine Raßner: 200 Jahre Landkreis Gießen und 75 Jahre Kreistag. Hg.: Landkreis Gießen in Kooperation mit dem Oberhessischen Geschichtsverein Gießen. Gießen, 2021. ISBN 978-3-935623-50-6
- L. Ewald: Beiträge zur Landeskunde. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landes-Statistik (Hg.): Beiträge zur Statistik des Grossherzogthums Hessen. Jonghaus, Darmstadt 1862, S. 39ff.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d e Gießen, Landkreis Gießen. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 17. November 2019). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- ↑ a b c d e f g Die Eintheilung des Landes in Landraths- und Landgerichtsbezirke betreffend vom 14. Juli 1821. In: Großherzoglich Hessisches Ministerium des Inneren und der Justiz. (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1821 Nr. 33, S. 403 ff. (407–408) (Online bei der Bayerischen Staatsbibliothek).
- ↑ Ewald, S. 50.
- ↑ Ewald, S. 50.
- ↑ Euler / Raßner, S. 20.
- ↑ Euler / Raßner, S. 20.
- ↑ Euler / Raßner, S. 20.
- ↑ Euler / Raßner, S. 20.
- ↑ Euler / Raßner, S. 20.
- ↑ Euler / Raßner, S. 20.
- ↑ So: Die Eintheilung des Landes in Landraths- und Landgerichtsbezirke betreffend vom 14. Juli 1821. In: Großherzoglich Hessisches Ministerium des Inneren und der Justiz. (Hg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1821 Nr. 33, S. 403 ff. (407–408).
- ↑ So: Euler / Raßner, S. 20.
- ↑ Euler / Raßner, S. 20.
- ↑ Euler / Raßner, S. 20.
- ↑ Euler / Raßner, S. 20.
- ↑ Die Quelle, Ewald, S. 50, ist sich nicht sicher, ob der Ort zum Amt Gießen gehörte.
- ↑ Ewald, S. 50.
- ↑ Euler / Raßner, S. 20.
- ↑ Euler / Raßner, S. 20.
- ↑ Arthur Benno Schmidt: Die geschichtlichen Grundlagen des bürgerlichen Rechts im Großherzogtum Hessen. Curt von Münchow, Giessen 1893, S. 111.