Athesia – Wikipedia

Athesia

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Rechtsform AG
Gründung 1991
Sitz Bozen
Leitung Michl Ebner
Branche Presse- und Buchverlag
Website www.athesia.com
Athesia-Buchhandlung in der Bozener Silbergasse
Eine der ersten Ausgaben des von Michael Gamper redigierten Volksboten, Nr. 4 vom 2. Oktober 1919

Die Athesia ist eine Druck- und Verlagsgruppe mit Sitz in Bozen in Südtirol. Sie verlegt unter anderem die beiden auflagenstärksten lokalen Tageszeitungen Dolomiten und Alto Adige. Die Aktien der Holding Verlagsanstalt Athesia AG, die auch diverse Unternehmen in Branchen außerhalb des Kerngeschäfts kontrolliert, sind mehrheitlich im Eigentum der Bozner Familie Ebner sowie der Diözese Bozen-Brixen.

Kopf der ersten Ausgabe des Tiroler Volksboten vom 22. Dezember 1892

Der frühere Politiker und Unternehmer Michl Ebner ist Leiter der gesamten Gruppe und mehrerer Tochterunternehmen; sein Bruder Toni Ebner ist Chefredakteur der Dolomiten. Das Amt des Präsidenten der Athesia-Verlagsanstalt hat seit dem 10. Juni 2011 Dekan Alois Müller inne. Das Amt des Vizepräsidenten bekleidet Michl Ebner.

1889 wurde in Brixen der Katholisch-Politische Preßverein gegründet, der ab 1892 das erfolgreiche Massenblatt Tiroler Volksbote verlegte.

1899 wurde der Preßverein Tyrolia in Bozen gegründet, um das Blatt Der Tiroler herauszugeben. Ziel war es, ein auflagenstarkes Blatt im Bozener Raum ähnlich den im Raum Brixen erfolgreichen katholisch-konservativen Blättern Brixener Chronik und Tiroler Volksbote zu etablieren. Nach einem Werbeexemplar zu Weihnachten 1899 erschien Der Tiroler ab dem 2. Januar 1900 regelmäßig.

1907 schlossen sich die beiden Preßvereine aus Brixen und Bozen zur Verlagsanstalt Tyrolia GmbH zusammen. Zum Gründungstag am 27. November 1907 verfügte das Unternehmen über Druckereien in Brixen, Bozen und Innsbruck sowie je eine Buch- und Papierhandlung in Bozen, Brixen, Sterzing und Innsbruck. Es erschienen Die Brixener Chronik (dreimal wöchentlich), der Tiroler Volksbote (14-täglich), der Tiroler (dreimal wöchentlich in Bozen), die Tiroler Bauernzeitung (14-täglich) und als Tagblatt in Innsbruck der Tiroler Anzeiger. Gründer war der katholische Priester und Politiker Ämilian Schöpfer, der dem Tyrolia Verlag bis zu seinem Tod 1936 als Präsident vorstand.

Die italienische Besetzung Südtirols im November 1918 beeinträchtigte zunehmend das Unternehmen. Nordtiroler Zeitungen durften nicht mehr über den Brenner gelangen. 1920 sah sich das Unternehmen zur Aufspaltung in zwei Firmengruppen nördlich und südlich des Brenners gezwungen; der Südtiroler Zweig wurde Michael Gamper übertragen, der auch die Südtiroler Ausgabe des Volksboten herausgab und redigierte.

Schlagzeile der Dolomiten vom 29. Oktober 1932 mit offener Huldigung des 10-jährigen Regierungsjubiläums Mussolinis[1]
Werbeschaltung der Vogelweider-Buchhandlungen und des Bozner Verlags im nationalsozialistischen Bozner Tagblatt vom 24. Dezember 1943

Infolge der Machtergreifung Benito Mussolinis im Oktober 1922 litt die Firma unter der systematischen Ausradierung des deutschen Kulturgutes in Südtirol, die vor allem Ettore Tolomei, der sog. Totengräber Südtirols, vorantrieb. Da der Name Tirol mit allen Ableitungen verboten war, musste sich die Firma umbenennen und wählte zunächst den Namen Vogelweider, dessen Anfangsbuchstabe auch heute noch das Logo der Firma bestimmt. Als dann alle deutsch klingenden Namen verboten wurden, wich man auf Athesia, abgeleitet vom lateinischen Namen des Flusses Etsch (lateinisch Athesis), aus. Die Innsbrucker Gruppe in Österreich firmiert weiter als Tyrolia. Die von der Athesia verlegte Zeitung Der Tiroler musste in Der Landsmann umbenannt werden und wurde anschließend kurzzeitig stillgelegt. Ab 1926 konnte das Blatt unter dem neuen Namen Dolomiten – ganz im Gegensatz zu den übrigen deutschsprachigen Konkurrenten im Südtiroler Zeitungsmarkt, die verboten blieben[2] – wieder erscheinen, allerdings um den Preis regimefreundlicher Berichterstattung. 1943 wurde die Zeitung von den Nationalsozialisten geschlossen, die Buchhandlungen und der Verlag blieben aber vollumfänglich bestehen.[3]

Ab 19. Mai 1945 konnte die Tageszeitung Dolomiten, nun mit dem Untertitel „Tagblatt der Südtiroler“, dank einer alliierten Erlaubnis wieder regelmäßig erscheinen.

1966 wurde im Bozner Industriegebiet ein neuer Verlagssitz errichtet, der später mehrmals erweitert wurde. 1989 wurde eine Octoman-Rollenoffsetmaschine angeschafft, 1990 eine 64-Seiten-Zeitungsrotationsmaschine, ab 2012 eine Rotationsmaschine Colorman XXL.

Die Athesia-Gruppe setzt sich aus diversen Unternehmen zusammen, die von der Holding Verlagsanstalt Athesia AG kontrolliert werden. Jahrzehntelang konzentrierte sich der Konzern auf die Bereiche Medien, Buchhandel, Verlag und Druck, seit den 1990er Jahren wurden die Geschäftsfelder zunehmend diversifiziert.[4]

Die Athesia Druck GmbH publiziert verschiedene Periodika (darunter die Dolomiten, die Zett, eine Reihe von Zeitschriften wie das Katholische Sonntagsblatt, die Südtiroler Ausgabe von Reimmichls Volkskalender und die Monatszeitschrift Der Schlern), Bücher und die Nachrichten-Website Südtirol Online (stol.it). 2016 kaufte die Athesia Mehrheitsanteile an der Druckereigenossenschaft SETA, die die italienischsprachigen Tageszeitungen Alto Adige und Trentino (2021 eingestellt) herausgab, 2018 übernahm der Konzern die größte Trentiner Tageszeitung l’Adige; diese Publikationen wurden 2020 in der Gesellschaft SIE gebündelt. Weiters gehören die Radiosender Südtirol 1, Radio Tirol, Tele Radio Vinschgau und Radio Dolomiti zum medialen Portfolio, über Subunternehmen zudem die Websites Südtirol News, kultur.bz.it, second-hand.it und sportnews.bz. Ebenfalls im traditionellen Kerngeschäft tätig sind die Athesia Buch GmbH (Buchhandlungen und Papierwaren) sowie eine Reihe kleinerer Verlage (darunter der Athesia Kalenderverlag und Ferrari-Auer).

Über die Gesellschaft FirstAvenue werden Werbeflächen an Südtiroler Bushaltestellen vermietet, eigene Produkte beworben, Werbung in Südtiroler Kinos geschaltet und Websites wie sentres.com, cippy.it, suedtirol.live und shopping.st betrieben. Mit der Athesia Energy ist die Gruppe im Energiesektor aktiv. Ein weiterer unternehmerischer Schwerpunkt liegt im Bereich Tourismus. Die Alpina Tourdolomit und aveo tours sind in der Reisebranche tätig. 2011 erwarb die Athesia mit einer Bietergemeinschaft das Hotel Therme Meran. 2014 übernahm der Konzern (bis 2018 im Verbund mit der Innsbrucker Unternehmerfamilie Schröcksnadel) die Aktienmehrheit an der Schnalstaler Gletscherbahn.

Kritik und Kontroversen

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Häufig wird die monopolartige Stellung der Verlagsgruppe Athesia im Südtiroler Medienwesen kritisiert.[5] Vor allem die Verquickung mit Teilen der Südtiroler Volkspartei, die enge Bindung an die Diözese Bozen-Brixen und die dominante Stellung der auch politisch und administrativ engagierten Besitzerfamilie Ebner führten demnach zu gelenkter Berichterstattung.[6] Die Übernahme der beiden wichtigsten Tageszeitungen des Trentino ab 2017 führte dort zu ähnlichen kritischen Stellungnahmen.[7] 2018 hat die nationale Aufsichtsbehörde für das Kommunikationswesen eine problematische Medienkonzentration für Trentino-Südtirol in der Hand der Athesiagruppe festgestellt.[8] Im Jahr 2022 haben auch Verbraucherschutzverbände eindringlich auf die mit dem Medienmonopol der Athesia verbundene „Gefahr für die Demokratie“ aufmerksam gemacht.[9]

2021 wurde das von Michl Ebner geleitete Unternehmen „Societá Iniziative Editoriali – S.I.E. Spa“ wegen antigewerkschaftlichen Verhaltens verurteilt, nachdem die von Athesia 2016 erworbene Trentiner Tageszeitung Trentino mit Jahresbeginn 2020 eingestellt und ihre Mitarbeiter entlassen wurden.[10]

2023 versuchte das Unternehmen, mit einer SLAPP-Klage gegen das ihm missliebige Onlineportal Salto.bz vorzugehen.[11] Die Vorgangsweise des Athesiakonzerns wurde auch in internationalen Medien kritisch kommentiert.[12][13][14][15][16] In der Folge wurde ein zivilgesellschaftlicher Appell gegen den Versuch gerichtlicher Einschüchterung von weit über 1000 Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens unterzeichnet.[17] Auch das Onlineportal Dolomitenstadt solidarisierte sich mit Salto.bz.[18]

Im selben Jahr übernahm Athesia erstmalig auch einen regionalen Fernsehsender, um die beherrschende Stellung im regionalen Medienmarkt weiter auszubauen.[19]

  • Anton Dörrer: Die Verlagsanstalten Tyrolia und Athesia in Bozen 1888–1950. In: Jahrbuch der Gutenberg-Gesellschaft 25, 1950, S. 274–279.
  • Leo Hillebrand: Medienmacht und Volkstumspolitik. Michael Gamper und der Athesia-Verlag. StudienVerlag, Innsbruck / Wien / Bozen 1996, ISBN 3-7065-1133-9.
  • Hanns Humer (Redaktion): Tyrolia – Athesia. 100 Jahre erlebt, erlitten, gestaltet. Ein Tiroler Verlagshaus im Dienste des Wortes. Verlagsanstalt Tyrolia, Verlagsanstalt Athesia, Bozen/Innsbruck 1989, ISBN 3-7022-1731-2.
  • Günther Pallaver: Die ethnisch halbierte Wirklichkeit. Medien, Öffentlichkeit und politische Legitimation in ethnisch fragmentierten Gesellschaften. Theoretische Überlegungen und Fallbeispiele aus Südtirol. StudienVerlag, Innsbruck / Wien / Bozen 2006, ISBN 3-7065-1958-5.
  • Moritz Windegger (Red.): 100 Jahre Tyrolia-Athesia: 1907–2007, ein Tiroler Verlagshaus. Geschichte und Zukunft. Athesia, Bozen 2007, OCLC 254461322.

Einzelnachweise

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  1. Carl Kraus, Hannes Obermair (Hrsg.): Mythen der Diktaturen. Kunst in Faschismus und Nationalsozialismus – Miti delle dittature. Arte nel fascismo e nazionalsocialismo. Südtiroler Landesmuseum für Kultur- und Landesgeschichte Schloss Tirol, Dorf Tirol 2019, ISBN 978-88-95523-16-3, Mythos Führer, S. 54 (mit Abb.).
  2. Hierzu ausf. Erwin Brunner: Die deutschsprachige Presse in Südtirol von 1918 bis 1945. Phil. Diss., Universität Wien 1979.
  3. Beispiele: Werbeschaltungen Vogelweider 1944. In: Bozner Tagblatt. www.digital.tessmann.it, 12. September 1944, abgerufen am 7. September 2019.
  4. Christoph Franceschini: Ebners Reich. salto.bz, 14. Oktober 2016, archiviert vom Original am 14. Oktober 2016; abgerufen am 14. Oktober 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/salto.bz
  5. ff Nr. 49: Monopol Athesia, Ausgabe vom 7. Dezember 2017, abgerufen am 11. September 2019.
  6. Hubert Frasnelli: Die Herrschaft der Fürsten. Macht, Zivilcourage und Demokratie in Südtirol. Wieser Verlag, Klagenfurt 2000, S. 22f.
  7. Ettore Paris: Trentino colonizzato. In: QT (Questo Trentino), Ausgabe vom 6. April 2019, abgerufen am 14. Juni 2019.
  8. AGCOM: Indagine conoscitiva sull'informazione locale, 29. November 2018, S. 36–38. abgerufen am 17. November 2019.
  9. «Gefahr für die Demokratie». Salto.bz, 26. Januar 2022, abgerufen am 26. Januar 2022.
  10. Südtiroler Omertà. Salto.bz, 20. Juni 2021, abgerufen am 21. Juni 2021.
  11. Angriff auf die Pressefreiheit. Salto.bz, 6. März 2023, abgerufen am 7. März 2023.
  12. Gerhard Mumelter: Mächtiger Athesia-Verlag will in Südtirol mit teuren Klagen gegen Enthüllungen eines Onlineportals vorgehen. Der Standard, 6. März 2023, abgerufen am 7. März 2023.
  13. Oliver Meiler: "Athesia" versus "Salto": Südtiroler Machtkampf. Süddeutsche Zeitung, 6. März 2023, abgerufen am 7. März 2023.
  14. Oliver Meiler: Machtkampf in Bozen: In Bozen tobt ein Medienkrieg. Tages-Anzeiger, 7. März 2023, abgerufen am 8. März 2023.
  15. Matthias Rüb: Medienaffäre in Südtirol. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 9. März 2023, abgerufen am 11. März 2023.
  16. Matthias Dusini: Monopolist gegen Meuterer. Falter, 14. März 2023, abgerufen am 15. März 2023.
  17. Hans Heiss: Stopp Slapp: Solidarität mit salto.bz. Salto.bz, 8. März 2023, abgerufen am 11. März 2023.
  18. Gerhard Pirkner: Mächtiger Athesia-Konzern zerrt salto.bz vor Gericht. dolomitenstadt.at, 6. März 2023, abgerufen am 10. März 2023.
  19. Markus Larcher: Ausweitung der Kampfzone. ff - Südtiroler Wochenmagazin, 31. August 2023, abgerufen am 4. September 2023.

Koordinaten: 46° 28′ 27,3″ N, 11° 19′ 56,2″ O