Dimiter Gotscheff – Wikipedia

Dimiter Gotscheff (bulgarisch Димитър Гочев Dimitar Gotschew; * 26. April 1943 in Borissowgrad, Bulgarien; † 20. Oktober 2013 in Berlin)[1] war ein bulgarischer Theaterregisseur, der hauptsächlich in Deutschland wirkte.

Gotscheff – Sohn eines bulgarischen Tierarztes – kam 1962 mit seinem Vater in die DDR und lebte in Bad Freienwalde (Oder). Nach dem Abitur dem väterlichen Beruf folgend, studierte er zunächst Veterinärmedizin an der Humboldt-Universität zu Berlin. 1964 lernte Dimiter Gotscheff über den Dramatiker Hartmut Lange in einem Berliner Restaurant Heiner Müller kennen. Wenig später wechselte Gotscheff das Fach und studierte Theaterwissenschaft.[2] Er war Schüler von Benno Besson und wurde 1968 Regieassistent von Fritz Marquardt.

1979 kehrte Gotscheff nach Bulgarien zurück und arbeitete fortan in seinem Heimatland als Regisseur. Aufsehen erregte die bulgarische Erstaufführung des Philoktet von Heiner Müller 1983 in Sofia. Als der damalige Intendant des Kölner Schauspielhauses Klaus Pierwoß ihn 1985 für eine Gastinszenierung nach Köln holte, blieb er nach dem Erfolg der Inszenierung von Heiner Müllers Quartett in der Bundesrepublik Deutschland.

Es folgten Stationen in Basel, Hannover, Düsseldorf, Bochum und Hamburg. Zwischen 1995 und 2000 war Dimiter Gotscheff Leitungsmitglied und Hausregisseur am Schauspielhaus Bochum. Seit 2000 war er als freier Regisseur in Berlin, Frankfurt am Main und Wien tätig. 2005 wurde er für seine Inszenierung von Anton Tschechows Iwanow von der Theaterfachzeitschrift Theater heute zum Regisseur des Jahres gewählt. Die Aufführung ist eine Produktion der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin. Für diese Inszenierung erhielt er außerdem den 3sat-Theaterpreis im Rahmen des Berliner Theatertreffens. Seit 2005 war er als fester Regisseur am Deutschen Theater Berlin engagiert. 2013 inszenierte Gotscheff am Münchner Residenztheater das Stück Zement von Heiner Müller aus dem Jahr 1973.[2]

Grabstätte

Dimiter Gotscheff war mit der Schauspielerin Almut Zilcher verheiratet und bekam mit ihr einen Sohn. Nach kurzer, schwerer Krankheit verstarb er am 20. Oktober 2013 in Berlin. Er wurde als einer der wichtigsten deutschen Bühnenregisseure beschrieben[3][4]. Er ist auf dem Friedhof der Dorotheenstädtischen und Friedrichswerderschen Gemeinden in Berlin-Mitte bestattet.

„In der Körpersprache Eurer Aufführung […] habe ich diese Übersetzung von Text in Theater gesehen, die Transformation der Fabel vom Stellplatz der Widersprüche zur Zerreißprobe für die Beteiligten, den Widerstand der Körper gegen die Notzucht durch den Sachzwang der Ideen.“

Heiner Müller: über die Inszenierung Philoktet (1983).[2]

„Mit der Reduktion auf das Wesentliche, den Schauspieler, unterscheidet er sich sehr von der wild-ironischen Poesie, die heute im Theater gängig ist. Sein Blick auf den Mensch entkleidet ihn vielmehr von der Dekoration. In unserem modischen Zeitalter ist diese Haltung vielleicht die wahre Avantgarde.“

Till Briegleb, Theaterkritiker.[5]

Inszenierungen (Auswahl)

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In dem Film Elf Onkel von Herbert Fritsch spielt Gotscheff den Vater von Hamlet. Der Film hatte im März 2010 Premiere an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz.

  • Dimiter Gotscheff: Dunkel das uns blendet. Arbeitsbuch 2013. Theater der Zeit, Berlin 2013, ISBN 978-3-943881-56-1.
  • Peter Staatsmann, Bettina Schültke (Hrsg.): Das Schweigen des Theaters – Der Regisseur Dimiter Gotscheff. Vorwerk 8, Berlin 2008, ISBN 978-3-940384-10-2.[6]
  • Christine Dössel: Besessen vom Theater: Mehr als Heiner Müller liebte Dimiter Gotscheff nur seine Schauspieler – jetzt ist er gestorben. In: Süddeutsche Zeitung, 21. Oktober 2013, S. 11

Einzelnachweise

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  1. Deutsches Theater Berlin deutschestheater.de Meldung. nachtkritik.de
  2. a b c Christine Dössel: Alles Müller, oder was? Ein Porträt zum 70. Geburtstag. In: Süddeutsche Zeitung, 26. April 2013, S. 13.
  3. Theater: Regisseur Dimiter Gotscheff ist tot. In: Zeit Online. 20. Oktober 2013, abgerufen am 9. Dezember 2014.
  4. Theater-Regisseur Dimiter Gotscheff ist tot. In: sueddeutsche.de. 20. Oktober 2013, abgerufen am 9. Dezember 2014.
  5. Porträt: Dimiter Gotscheff beim Goethe Institut.
  6. Anne Peter: Das Schweigen des Theaters – der Regisseur Dimiter Gotscheff, Vorwerk 8: Flaschenpost aus einer fremden Welt, Buchrezension auf nachtkritik.de vom 31. Oktober 2008, abgerufen am 27. Juli 2020