Ernst Benzinger – Wikipedia

Ernst Benzinger, Wien 1889

Ernst August Benzinger (* 1. März 1867 in Hannover;[1][2]29. Januar 1946[3] in Berlin-Wilmersdorf) war ein deutscher Schauspieler und Theaterregisseur.

Leben und Wirken

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Der Sohn eines königlichen Hofschornsteinfegermeisters erhielt seine künstlerische Ausbildung bei Hermann Müller (1834–1889), Regisseur am Königlich-Hannoverschen Hoftheater, und trat Ende der 1880er Jahre in Lübeck sein erstes Festengagement an. Wenig später erreichte Benzinger Berlin, wo er am Ostend- und Victoria-Theater auftrat. Daran anschließend spielte Benzinger am Deutschen Volkstheater in Wien und in der Spielzeit 1890/91 am Meininger Hoftheater. 1891 wechselte Benzinger ans Stuttgarter Hoftheater, wo er mit dem Percy in Shakespeares Heinrich IV. debütierte. Schon in jungen Jahren rühmte man „das treffliche, oft geradezu ergreifende, außerordentlich temperamentvolle Spiel des Künstlers. Die Auffassung seiner Rollen zeugt von tiefem Verständnis, sowie er überhaupt bemüht ist, durch sorgfältiges Studium der Intention des Dichters gerecht zu werden.“[1][4] 1892 heiratete Benzinger seine 22 Jahre ältere Stuttgarter Kollegin Eleonore Wahlmann. Die 1843 geborene Tragödin war für ihr „heißblütiges Temperament“ bekannt und starb 1900 nach einem Selbstmordversuch als Geisteskranke in der Tübinger Psychiatrie.[5] „Trotz seiner Eskapaden und trotz seiner Schulden für Essen und Wein“ wurde der als begabt geltende Benzinger von der Stuttgarter Intendanz bis Anfang 1898 als Heldendarsteller gehalten.[6][7] In dieser Zeit verkörperte er im Fach der Helden und Liebhaber u. a. den Othello, Egmont, Marc Anton, Macbeth, Faust, Wilhelm Tell, Richard II. und den Coriolanus.[4]

Wie damals üblich nutzte Benzinger danach von 1898 bis Anfang 1900 seinen Ruf als Heldendarsteller und Hofschauspieler, um mit Gastauftritten („Gastieren“) in wechselnden Theatern aufzutreten.[8] Von 1900 bis 1903 war Benzinger wieder in Stuttgart, wenn auch nicht mehr im 1. Heldenfach. Von 1906 bis 1912 hatte er ein Engagement am renommierten Berliner Theater.[2][7] Während des Ersten Weltkriegs spielte Benzinger schließlich unter Max Reinhardt am Deutschen Theater und an der Volksbühne in Berlin, meist mittlere und auch kleinere Rollen, so in Reinhardts Die Piccolomini (1915), Das Wintermärchen (1916), Macbeth (1917) und in Felix Hollaenders Inszenierung von Gyges und sein Ring (1916).[9] Im Berliner Lustspielhaus spielte er Mitte der 20er-Jahre in dem erfolgreichen en-suite gespielten Schwank Der wahre Jakob von Arnold und Bach.[10]

Ab 1904 waren „Gastieren“ und Jahresengagements für Benzinger immer notwendiger geworden, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Die Qualität der Theater, an denen er engagiert war, sank dabei ab 1918 zunehmend. Gelegentlich war Benziger auch im Regiefach und als Autor tätig.[7] Der seit 1902 erneut verheiratete Benzinger arbeitete bis ins hohe Alter als Schauspieler und starb in der Hungerzeit des unterversorgten Berlin kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs.

Vor die Kamera trat Ernst Benzinger erstmals 1912, als Max Reinhardt ihn für die Verfilmung von Das Mirakel als Graf der Räuber verpflichtete. Seit Mitte des Ersten Weltkriegs wirkte Benzinger regelmäßig in Kinoproduktionen mit. Er spielte Militärs, Grafen und Professoren, in dem gegen Ende des Krieges entstandenen Streifen Suchomlinow sogar Rasputin. Nach eigener Aussage will er bis Mitte der 1920er Jahre unter der Regie von Ernst Lubitsch, Carl Froelich, Joe May, Richard Oswald, Richard Eichberg, Lupu Pick, Harry Piel, Dimitri Buchowetzki und Fritz Lang gedreht haben.[11] Im Tonfilm musste sich Benzinger rasch mit sehr kleinen Aufgaben begnügen. Zuletzt schrumpften seine Filmrollen auf Sekundenformat und wurden nicht einmal aufgelistet.

  • Die Weiber von Weinsberg. Dramatischer Schwank in 2 Aufzügen mit Benützung des Uhlandschen Bruchstücks. Rohm, Lorch 1904.
  • Fünfzig Balladen und Romanzen. Silva-Verlag, Berlin-Wilmersdorf 1912.
  • Schaufilm oder Spielfilm? In: Das Tage-Buch. Bd. 1, 1920, 2. Halbjahr, S. 1332–1336 (Digitalisat auf archive.org)
  • Ludwig Eisenberg's Großes Biographisches Lexikon der deutschen Bühne im XIX. Jahrhundert. List, Leipzig 1903, S. 80.
  • Filmstern. Richters Handbuch der Schauspieler, Regisseure und Schriftsteller des Films. Bd. 4, 1921/1922, ZDB-ID 1342234-0, S. 12.
  • Kurt Mühsam, Egon Jacobsohn: Lexikon des Films. Verlag der Lichtbildbühne, Berlin 1926., S. 16.
  • Neuer Theater-Almanach. Bd. 8, 1897 – Bd. 25, 1914, ZDB-ID 502265-4; Fortsetzung als: Deutsches Bühnen-Jahrbuch. Bd. 26, 1915 – Bd. 56, 1945/1948, ISSN 0070-4431.
  • Wilhelm Kosch: Deutsches Theater-Lexikon. Biographisches und bibliographisches Handbuch. Band 1: A – Hurk. Kleinmayr, Klagenfurt u. a. 1953, S. 116

Einzelnachweise

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  1. a b Biographisches Bühnen-Lexikon der deutschen Theater. 1. Jahrgang. München 1892, S. 22.
  2. a b Personalakte im Landesarchiv Baden-Württemberg Abt.Staatsarchiv Ludwigsburg, E 18. in der Deutschen Digitalen Bibliothek
  3. Sterberegister Berlin-Wilmersdorf.
  4. a b Ludwig Eisenberg's Großes Biographisches Lexikon der deutschen Bühne im XIX. Jahrhundert. List, Leipzig 1903, S. 80, Zitat ebd.
  5. Rudolf Kraus: Benzinger-Wahlmann, Eleonore. In: Biographisches Jahrbuch und Deutscher Nekrolog [für das Jahr 1900]. Bd. 5, 1903, ZDB-ID 217208-2, S. 68–72, Zitat: S. 70; Ludwig Eisenberg's Großes Biographisches Lexikon der deutschen Bühne im XIX. Jahrhundert. List, Leipzig 1903, 80 f.
  6. Wolf Liese: Louise Dumont. Ein Leben für das Theater. Schröder, Hamburg u. a. 1971, ISBN 3-547-76090-9, S. 89.
  7. a b c Zeitangaben nach Neuer Theater-Almanach. Bd. 8, 1897 – Bd. 25, 1914, bzw. Deutsches Bühnen-Jahrbuch. Bd. 26, 1915 – Bd. 33, 1922.
  8. Zum „Gastieren“ siehe Eduard von Winterstein: Mein Leben und meine Zeit. Ein halbes Jahrhundert deutscher Theatergeschichte. 7. Auflage. Henschel, Berlin (Ost) 1967, passim, insb. S. 131.
  9. Franz Horch (Hrsg.): Die Spielpläne Max Reinhardts von 1905–1930. Piper, München 1930, S. 32–37; Knut Boeser, Renata Vatková (Hrsg.): Max Reinhardt in Berlin (= Reihe deutsche Vergangenheit. Stätten der Geschichte Berlins . Bd. 6). Froelich & Kaufmann, Berlin 1984, ISBN 3-88725-166-0, S. 335–344.
  10. Die Hauptrolle in dem am 20. Dezember 1924 am Lustspielhaus uraufgeführten Schwank spielte allerdings der Komiker Guido Thielscher. Benzinger wird in keiner Zeitungskritik der Erstbesetzung erwähnt.
  11. Kurt Mühsam, Egon Jacobsohn: Lexikon des Films. Verlag der Lichtbildbühne, Berlin 1926, S. 16.
  12. Rollenfoto in Kostüm in: The Theatre. Bd. 17, 1913, S. 160 (Digitalisat auf archive.org)