Friedrich Scharf – Wikipedia

Friedrich Joachim Ludwig Christian Scharf (* 25. August 1897 in Penzin; † 31. Dezember 1974 in Kempen) war ein deutscher Jurist, Politiker (NSDAP) und SS-Oberführer. In der Zeit des Nationalsozialismus war er Ministerpräsident von Mecklenburg.

Friedrich Scharf wurde als Sohn des Erbpächters und Gehöftserben Peter Scharf (* 1860) und dessen Frau Sophia (* 1867) geboren. Nach dem Abitur 1917 am Realgymnasium in Bützow diente er als Soldat am Ersten Weltkrieg und wurde von April 1917 bis November 1918 im Verband des Marinekorps Flandern an der Westfront eingesetzt. Im Rang eines Obermatrosen erhielt er das Eiserne Kreuz II. Klasse und das Flandernkreuz. Nach dem Krieg begann er ein Studium der Rechts- und Staatswissenschaften an der Universität Kiel und ab dem Wintersemester 1919 in Rostock[1], das er 1922 mit dem Referendarexamen beendete. Während des Studiums schloss er sich 1920 der Burschenschaft Redaria Rostock an. Seine Promotion zum Dr. jur. erfolgte 1924 an der Universität Rostock (Dissertationsarbeit: Das Nachvermächtnis nach dem Recht des Bürgerlichen Gesetzbuches). Im Februar 1926 legte er seine zweite juristische Staatsprüfung ab und war danach als Gerichtsassessor in Rostock, Güstrow und Warin tätig.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war er zunächst ab Juli 1945 als kaufmännischer Angestellter in Krefeld tätig. Von 1952 bis 1968 arbeitete er dort als Rechtsanwalt.

Friedrich Scharf war mit Clara, geb. Finck (1903–1992) verheiratet.[2] Aus der Ehe ging ein Kind hervor.

Scharf stand schon während seines Studiums der Deutschnationalen Volkspartei nahe, für die er bis 1931 politisch aktiv war. Im Juni 1926 wurde er zum Bürgermeister von Teterow gewählt. Dieses Amt und das Stadtrichteramt übte er bis März 1932 aus. Am 1. Dezember 1931 wechselte er zur NSDAP (Mitgliedsnummer 851.780). Im April 1932 trat er als nationalsozialistischer Kandidat bei der Amtshauptleutewahl im Amt Güstrow an. Die NSDAP gewann die Wahl, und Friedrich Scharf wurde Amtshauptmann.[3] Am 13. Juli 1932 wurde er als Innen-, Justiz- und Unterrichtsminister in die von Ministerpräsident Walter Granzow geführte Regierung des Freistaates Mecklenburg-Schwerin gewählt.[4] Im selben Monat übernahm er auch den Posten des stellvertretenden Bevollmächtigten für Mecklenburg-Schwerin im Reichsrat. Anfang 1933 wurde Scharf zudem zum Gauamtsleiter für Staats- und Kommunalverwaltung ernannt. Am 5. Juli 1933 übernahm er dann statt des Unterrichtsministeriums die Leitung des Finanzministeriums. Ab dem 10. August 1933 gehörte er auch der von Ministerpräsident Hans Egon Engell geleiteten Folgeregierung an und war ebenfalls Minister für Inneres, Justiz und Finanzen. Nach der Vereinigung der Freistaaten Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz zum Land Mecklenburg am 1. Januar 1934[5] blieb er Mitglied des Kabinetts.

Scharf wurde am 25. Oktober 1934 von Reichsstatthalter Friedrich Hildebrandt mit der Führung der Regierungsgeschäfte beauftragt, nachdem Engell in Ungnade gefallen war, und zum Ministerpräsidenten des Landes Mecklenburg ernannt. Er übernahm dabei alle Ministerposten im „Mecklenburgischen Staatsministerium“. Seit Oktober 1943 führte Scharf die Bezeichnung Der Mecklenburgische Staatsminister, an Stelle der bisherigen Ministerien traten nunmehr zehn Fachabteilungen.[6]

Am 12. September 1937 trat Scharf im Rang eines SS-Standartenführers in die SS ein (Nr. 284.123) und wurde dem Stab des SS-Abschnitts XXXIII in Schwerin zugeteilt.[7] Eine frühere Aufnahme in die SS war am Widerstand von Gauleiter und SS-Gruppenführer Hildebrandt gescheitert, der sich dann aber einer Anordnung des Reichsführer SS beugen musste.[8] Die Beförderung zum SS-Oberführer erhielt Scharf am 20. April 1939.

Neben seinen ministeriellen Aufgaben übernahm Scharf auch Funktionen in Unternehmen und Gesellschaften. So war er von 1938 bis 1943 Aufsichtsratsvorsitzender der Mecklenburgischen Heimstätten GmbH. 1939 wurde er Vorsitzender des Aufsichtsrats der gemeinnützigen Mecklenburgischen Landgesellschaft GmbH. Im Juli 1941 übernahm Friedrich Scharf außerdem den Vorsitz des Aufsichtsrats der neu gegründeten Wismarer Hansewerft.[9]

Zum stellvertretenden Reichsverteidigungskommissar für den Reichsverteidigungsbezirk Mecklenburg wurde Scharf im März 1943 ernannt.

Friedrich Scharf wurde am 2. Mai 1945 von Soldaten der 8. US-Infanterie-Division verhaftet und im Gerichtsgefängnis Schwerin interniert.[10][11] Am 22. Mai übergaben ihn die Amerikaner an die britische Militärpolizei. Scharf wurde folgend im Civilian Internment Camp (C.I.C.) No. 3 Bad Fallingbostel interniert. Im Juli 1945 konnte er das Internierungslager jedoch verlassen. In Düsseldorf stellte er sich 1948 dem Entnazifizierungsverfahren, welches ihn als „unbelastet“ einstufte.

  • Beate Behrens: Mit Hitler zur Macht. Aufstieg des Nationalsozialismus in Mecklenburg und Lübeck 1922–1933. Neuer Hochschulschriftenverlag, Rostock 1998. ISBN 978-3-9295-4452-7. S. 179.
  • Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I: Politiker. Teilband 8: Supplement L–Z. Winter, Heidelberg 2014, ISBN 978-3-8253-6051-1, S. 231.
  • Bernd Kasten: Konflikte zwischen dem Gauleiter Friedrich Hildebrandt und dem Staatsministerium in Mecklenburg 1933–1939. In: Mecklenburgische Jahrbücher. Bd. 112 (1997), S. 157–175.
  • Scharf, Friedrich Joachim Ludwig Christian. In: Grete Grewolls: Wer war wer in Mecklenburg-Vorpommern? Ein Personenlexikon. Edition Temmen, Bremen [u. a.] 1995. ISBN 3-86108-282-9. S. 373.
  • Helge Bei der Wieden: Die mecklenburgischen Regierungen und Minister. 1918–1952 (= Schriften zur Mecklenburgischen Geschichte, Kultur und Landeskunde. Bd. 1). 2., ergänzte Auflage. Böhlau, Köln [u. a.] 1978. ISBN 3-412-05578-6. S. 56.

Einzelnachweise

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  1. Immatrikulation von Friedrich Scharf im Rostocker Matrikelportal
  2. Michael Buddrus, Sigrid Fritzlar: Landesregierungen und Minister in Mecklenburg 1871–1952. Ein biographisches Lexikon. Edition Temmen, Bremen 2012, S. 265 (Anm. Nr. 696).
  3. Frank Bajohr: Norddeutschland im Nationalsozialismus. Ergebnisse Verlag, Hamburg 1993, ISBN 978-3-879160-08-2, S. 98 (Anm. Nr. 50).
  4. Kyra T. Inachin: Durchbruch zur demokratischen Moderne: die Landtage von Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz und Pommern während der Weimarer Republik. Edition Temmen, Bremen 2004, ISBN 978-3-861080-46-6, S. 57.
  5. Kyra T. Inachin: Durchbruch zur demokratischen Moderne: die Landtage von Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz und Pommern während der Weimarer Republik. Edition Temmen, Bremen 2004, S. 141.
  6. Michael Buddrus, Sigrid Fritzlar: Landesregierungen und Minister in Mecklenburg 1871–1952. Ein biographisches Lexikon. Edition Temmen, Bremen 2012, S. 47.
  7. Dienstaltersliste der Schutzstaffel der NSDAP. Stand 1. Dezember 1937. Reichsdruckerei, Berlin 1937, S. 32 (Lfd. Nr. 485).
  8. Michael Buddrus, Sigrid Fritzlar: Landesregierungen und Minister in Mecklenburg 1871–1952. Ein biographisches Lexikon. Edition Temmen, Bremen 2012, S. 265 (Anm. Nr. 703).
  9. Michael Buddrus (Hrsg.): Mecklenburg im Zweiten Weltkrieg. Die Tagungen des Gauleiters Friedrich Hildebrandt mit den NS-Führungsgremien des Gaues Mecklenburg 1939–1945. Eine Edition der Sitzungsprotokolle. Edition Temmen, Bremen 2009, ISBN 978-3-8378-4000-1, S. 1062.
  10. Michael Buddrus, Sigrid Fritzlar: Landesregierungen und Minister in Mecklenburg 1871–1952. Ein biographisches Lexikon. Edition Temmen, Bremen 2012, S. 265.
  11. Detlev Brunner: Die Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern unter sowjetischer Besatzung 1945 bis 1949. Die ernannte Landesverwaltung von Mai 1945 bis Dezember 1946. Band 1, Edition Temmen, ISBN 978-3-861083-67-2, Bremen 2003, S. 11.