Oeynhausen (Adelsgeschlecht) – Wikipedia
Oeynhausen ist der Name eines alten westfälischen Adelsgeschlechts. Die Herren von Oeynhausen gehörten zum Uradel im Paderborner Land. Die Schreibweise des Namens variiert von Oyenhausen, Oynhausen, Oinhausen, Öynhausen, Oenhausen bis Oeynhausen. Zweige der Familie bestehen bis heute.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Herkunft
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In alten Annalen wird der Name Oeynhausen als Einhaus gedeutet. Erstmals erwähnt wird das Geschlecht mit Bernhardus villicus de Oienhusen in einer am 1. Mai 1237 ausgestellten Urkunde.[1] Oeynhausen, der namensgebende Stammsitz, ist heute eine Ortschaft bei der Stadt Nieheim im Kreis Höxter. Die ununterbrochene Stammreihe beginnt um 1300 mit Johann von Oynhausen. Ab der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts gelang es der Familie, die ehemals schwalenbergische Oldenburg (Marienmünster) pfandweise an sich zu ziehen und sich dauerhaft als eine der führenden Adelsfamilien in der Grenzregion zwischen dem Hochstift Paderborn und der Grafschaft Lippe zu etablieren.[2]
Linien und Besitzungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Von Mitte des 14. Jahrhunderts bis 1632 war Schloss Merlsheim im Besitz der Familie. Auf dem Lehentage des Hochstifts Paderborn im Jahre 1500 erschienen Johann, Konrad und die Brüder Burchard und Friedrich von Oeynhausen. Seit dieser Zeit verbreitete sich das Geschlecht in die umliegenden Lande. Bereits 1430 gelangten die Güter Lichtenau und Sudheim in den Besitz bzw. Teilbesitz der Familie. Seit dem 16. Jahrhundert bis ins frühe 18. Jahrhundert gehörte Eichholz der Familie, die es 1612 in zwei Güter aufteilte. 1536 konnte Gut Grevenburg bei Nieheim erworben werden, das bis heute den Freiherren von Oeynhausen gehört.
1592 erwarb die Familie die Oldenburg bei Marienmünster. Adam Arnd von Oeynhausen kaufte im Jahre 1600 von seinem Schwager Asmus von Baumbach weitere Lehen, er starb 1635 als Burgmann zu Gießen. Sein Sohn Heinrich Hermann († 1671) wurde 1641 Kammerjunker in Darmstadt und braunschweigischer Landdrost und Berghauptmann. Georg von Oeynhausen war um 1630 kaiserlicher Oberst und zeichnete sich ebenso wie Melchior Hermann von Oeynhausen, herzoglich-holsteinischer Oberst, während des Dreißigjährigen Krieges aus. Arnd von Oeynhausen, Herr auf Gut Grevenburg, war 1650 Hauptmann und Kommandant zu Gießen. Raban Arnold von Oeynhausen erwarb 1665 von den Schencken zu Schweinsberg die Wüstung Nordling als Lehn der Abtei Fulda. Friedrich von Oeynhausen zählte 1702 zu den Domherren von Paderborn. Später wurden einzelne Zweige des Geschlechts unter anderen zu Langreder im Calenberger Land und in neuerer Zeit zu Brahlstorf bei Wittenburg in Mecklenburg-Schwerin besitzlich.
Schon früh gehörten die Herren von Oeynhausen zum ritterschaftlichen Adel im Calenberger Land. Während des 18. Jahrhunderts waren sie auch Mitglied der Reichsritterschaft im rheinischen Ritterkreis.[3]
Der erste Graf von Oeynhausen war Raban Christoph. Er war mit Sophia Juliana von der Schulenburg verheiratet. Dessen Söhne Ferdinand Ludwig († 1754) und Johann Georg Moritz († 1764) wurden später kaiserlicher Generäle. Ferdinand Ludwig erhielt von seinem Onkel mütterlicherseits dem Feldmarschall Matthias Johann von der Schulenburg die Erlaubnis den Namen Schulenburg verwenden zu dürfen; Ferdinand Ludwig nannte sich darauf hin Graf von der Schulenburg-Oeynhausen.[4] Der gräfliche Stamm begründete zwei Linien und die erste Linie wiederum drei Zweige. Der Magdeburger Domherr Graf Ludwig Ferdinand von Oeynhausen war ein Enkel des ersten Grafen. Der jüngste Sohn Friedrich Ulrich Graf von Oeynhausen († 1776), Herr auf Grevenburg, Reelsen und Dören wurde kurhannoversche Oberjäger und Forstmeister und war Stammvater des ersten Zweiges der ersten Linie.
Den zweiten Zweig begründete Graf Julius von Oeynhausen, Sohn des kurhannoverschen Majors Graf Ludwig von Oeynhausen.
Der dritte Zweig der ersten Linie ist als portugiesisch-brasilianischer Zweig insbesondere charakterisiert durch Johann Carl August von Oeynhausen-Grevenburg (* 1777 oder 1778 wahrscheinlich in Lissabon), letzter Generalkapitän von São Paulo (1819–1821), mehrfacher Minister (1827–1831, Auswärtiges und Marine) unter dem brasilianischen Kaiser Dom Pedro I. und zuletzt portugiesischer Gouverneur von Mosambik (1837–1838). Später wurde er zum Marquez de Aracaty ernannt. Er war der Sohn des Grafen Carl August von Oeynhausen (* 5. November 1738; † 3. März 1793). Seine Mutter ist unbekannt, er wurde von seiner Stiefmutter, Leonor de Almeida Portugal Lorena y Lencastre, der 4. Marqueza de Alorna (1750–1839, mit seinem Vater verheiratet seit 1779) erzogen. Sein Stiefbruder Johann Carl Ulrich (* 1779) erbte den Grafentitel von seinem Vater. Johann Carl August von Oeynhausen-Grevenburg starb am 28. März 1838, ohne Nachkommen zu hinterlassen.[5]
Die zweite gräfliche Linie ist erloschen. Letzter Angehöriger war Graf Ferdinand Ludwig (II.) von Oeynhausen, fürstlich-lippischer Kammerherr († 1860).
Linie Oeynhausen-Sierstorpff
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Reelsen, wo zuvor nur ein Verwalterhaus stand, wurde 1871 ein neues Herrenhaus außerhalb der Ortschaft errichtet. Ein jüngerer Sohn aus Reelsen, Graf Cuno von Oeynhausen (1860–1922), heiratete 1894 die Erbin des Fideikommisses Driburg, Hedwig Freiin von Sierstorpff-Cramm (1874–1907) und führte ab 1901 mit königlich preußischer Genehmigung den Namen „Graf von Oeynhausen-Sierstorpff“.[6] Durch die Einheirat in die Familie Cramm übernahm dieser Familienzweig das 1784 von Kaspar Heinrich von Sierstorpff gegründete Kurbad Driburg. Aus der Ehe zwischen Cuno und Hedwig ging der Sohn und Erbe Rabe Caspar Heinrich Graf von Oeynhausen-Sierstorpff (1899–1980) hervor. Die Nachkommen betreiben bis heute den Gräflichen Park Bad Driburg und die Bad Driburger Quellen.
Da Hedwigs jüngere Schwester Armgard von Sierstorpff-Cramm (1883–1971) den Prinzen Bernhard zur Lippe (1872–1934) heiratete und aus dieser Ehe der spätere niederländische Prinzgemahl Bernhard zur Lippe-Biersterfeld (1911–2004) hervorging, waren die Grafen von Oeynhausen-Sierstorpff enge Verwandte des fürstlichen Hauses Lippe und des niederländischen Königshauses.
Standeserhebungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der königlich-britische Kammerherr und Oberjägermeister im Kurfürstentum Hannover Raben Christoph von Oeynhausen wurde von Kaiser Karl VI. am 17. April 1722 zu Wien in den Reichsgrafenstand erhoben. Die Erhebung wurde am 14. August 1725 in Hannover anerkannt und bekannt gegeben. Diese Erhebung verdankten er und seine Frau Margarethe, geb. Freiin von der Schulenburg, ihren treuen Diensten gegenüber dem Landesherrn Kurfürst Georg I. Ludwig, denn sie hatten die aus der Liaison ihrer Schwester bzw. Schwägerin Melusine von der Schulenburg mit dem späteren britischen König hervorgegangenen Töchter offiziell als eigene Kinder erzogen.[7]
Um standesgemäß verheiratet werden zu können, erhielt daher die Pflegetochter Margarete Gertrud von Oeynhausen, bereits am 10. Oktober 1721 den Grafenstand mit der Anrede Hoch- und Wohlgeboren und einer Wappenvermehrung mit dem von der Schulenburg. Sie heiratete im gleichen Jahr, am 30. September, den Erbgrafen Albrecht Wolfgang zu Schaumburg-Lippe, den Gesandten Hannovers und Großbritanniens am kurpfälzischen Hof in Mannheim.
Weitere Zweiglinien des Geschlechts trugen den Freiherrentitel gewohnheitsrechtlich. Eine preußische Anerkennung des Freiherrnstandes erfolgte am 28. April 1874 durch Allerhöchste Kabinettsorder.
Wappen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Stammwappen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Stammwappen zeigt in Blau eine aufrecht gestellte silberne Leiter mit vier Sprossen. Auf dem bekrönten Helm zwei nach außen schräg gestellte silberne Leiterbäume mit je vier nach außen gekehrten Sprossen (halbe Leitern). Die Helmdecken sind blau-silbern.
Wappenabbildungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In späteren Abbildungen erscheint als Helmzier ein blauer Flug, wobei jeder Flügel mit einem der Leiterbäume belegt ist.
Die Leiter aus dem Wappen der Familie Oeynhausen erscheint noch heute im Stadtwappen von Bad Oeynhausen, dort wird silbern in der Tingierung weiß dargestellt.
- Wappen Graf von Oeynhausen-Sierstorpff
- Wappen (1721) Gräfin Margarethe Gertrud von Oeynhausen, Ehefrau von Albrecht Wolfgang Graf zu Schaumburg-Lippe
- Wappen derer von Oeynhausen 1852
- Wappen der Stadt Bad Oeynhausen
Namensträger
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Adolf von Oeynhausen (* 1877; † 1953), deutscher Regierungsbeamter und SS-Führer
- Ferdinand Ludwig von der Schulenburg-Oeynhausen (* 1699; † 1754), österreichischer General-Feldzeugmeister
- Friedrich von Oeynhausen (* 1801; † 1875), hannoverscher Major, mecklenburgischer Gutsbesitzer und Politiker
- Georg Ludwig von Oeynhausen (* 1734; † 1811), hannoverscher Generalleutnant
- Johann Georg Moritz von Oeynhausen (* 1687; † 1764), k.k. Generalfeldwachtmeister und Komtur des Deutschordens der Ballei Sachsen
- Karl von Oeynhausen (* 1795; † 1865), preußischer Berghauptmann, Namensgeber von Bad Oeynhausen
- Gräfin Oeynhausen-Schulenburg, Namensgeberin von Oeynhausen in Niederösterreich (gegr. um 1770)
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Liste deutscher Adelsgeschlechter/O
- Liste der paderbornischen Adelsgeschlechter
- Liste westfälischer Adelsgeschlechter
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Julius von Oeynhausen: Geschichte des Geschlechts von Oeynhausen. 4 Bände. 1870–1889; Google Books – urn:nbn:de:hbz:6:1-173212 – Digitalisat
- Genealogisches Handbuch des Adels. Adelslexikon. Band IX (Band 116 der Gesamtreihe). C. A. Starke Verlag, Limburg (Lahn) 1998; ISSN 0435-2408
- Otmar Falkner: Die von Oeynhausen auf dem Bosenhof. In: Beiträge zur westfälischen Familienforschung, 2001, Band 59, S. 246–261.
- Hermann Grotefend: Geschichte des Geschlechts von Oeynhausen. Teil 4: Stammtafeln. Rommel, Frankfurt am Main 1889 (Digitalisat).
- Otto Hupp: Münchener Kalender 1919. Verlagsanstalt Buch u. Kunstdruckerei, München / Regensburg 1919.
- Karsten Kelberg: Die Familie von Oeynhausen und ihr Wappen. In: Johannes Henke (Hrsg.): 150 Jahre Heilbad Oeynhausen. Horb am Neckar 1998, ISBN 3-89570-387-7, S. 198–206.
- Michael Lagers: Der Paderborner Stiftsadel zur Mitte des 15. Jahrhunderts. Untersuchungen zum Auf- und Ausbau niederadliger Machtstrukturen. Bonifatius, Paderborn 2013, ISBN 978-3-89710-551-5.
- Öynhausen. [1]. In: Heinrich August Pierer, Julius Löbe (Hrsg.): Universal-Lexikon der Gegenwart und Vergangenheit. 4. Auflage. Band 12: Nishnei-Nowgorod–Pfeufer. Altenburg 1861, S. 540 (Digitalisat. zeno.org).
- Bernhard von Poten: Oeynhausen, Ferdinand Ludwig Graf. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 25, Duncker & Humblot, Leipzig 1887, S. 28–30.
- Bernhard von Poten: Oeynhausen, Georg Ludwig Graf. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 25, Duncker & Humblot, Leipzig 1887, S. 30 f.
- Oeynhausen. In: Neues allgemeines deutsches Adels-Lexicon. 6. Band. Leipzig 1865, S. 585–587 (books.google.com).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Beschreibung des Wasserschlosses Thienhausen. welt-der-wappen.de
- Urkundenregesten aus dem Archiv des Guts Grevenburg. Digitale Westfälische Urkunden-Datenbank (DWUD).
- Wappen der Oeynhausen. In: Wappenbuch des westfälischen Adels; genealogy.net
- Vereinigte Westfälische Adelsarchive e. V.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Regest einer Abdinghofer Urkunde in Overhams Handschriften, Stadtarchiv Wolfenbüttel I, 2.
- ↑ Michael Lagers: Der Paderborner Stiftsadel zur Mitte des 15. Jahrhunderts. Untersuchungen zum Auf- und Ausbau niederadliger Machtstrukturen, Paderborn 2013, ISBN 978-3-89710-551-5, S. 333ff.
- ↑ Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder. Die deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart. 7., vollständig überarbeitete Auflage. C.H. Beck, München 2007, ISBN 978-3-406-54986-1.
- ↑ Stammtafeln des Schulenburgischen Geschlechts, Anhang, Band 2, S.49ff
- ↑ Friedrich Sommer: Deutsche Charakterbilder aus der brasilianischen Geschichte. Verlag Rotermund & Co., São Leopoldo o. J. [nach 1916], S. 62–68 (Johann Carl August von Oeynhausen).
- ↑ Gothaisches genealogisches Taschenbuch der gräflichen Häuser, Gotha 1938, S. 386; 1942, S. 385.
- ↑ Ulrike Weiß, Dame Herzog: Kurfürst König. Das Haus der hannoverschen Welfen 1636–1866. Hannover 2008, S. 105 (Reihe Schriften des Historischen Museums Hannover, Band 34).
Koordinaten: 51° 48′ 47,8″ N, 9° 3′ 7,4″ O