Grassimuseum – Wikipedia

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Als Grassimuseum wird heute ein Gebäudekomplex am Johannisplatz in Leipzig bezeichnet, der das Museum für Angewandte Kunst (früher: Kunstgewerbemuseum bzw. Museum für Kunsthandwerk), das Museum für Völkerkunde zu Leipzig und das Museum für Musikinstrumente der Universität Leipzig beheimatet. Andere Formen der Bezeichnung sind Grassi-Museum Leipzig, Museen im Grassi, Neues Grassimuseum (als Gegensatz zum ersten so benannten Gebäude; heute Stadtbibliothek s. u.).

Der Name des Grassimuseums leitet sich ab von Franz Dominic Grassi, einem Leipziger Kaufmann italienischer Herkunft. Nach seinem Tod im Jahr 1880 vererbte er der Stadt ein Vermögen von mehr als zwei Millionen Mark, aus dem zahlreiche Bauvorhaben finanziert und unterstützt wurden.

Altes Grassimuseum (2009)

In den Jahren von 1892 bis 1895 wurde in Leipzig am Königsplatz (heute Wilhelm-Leuschner-Platz) das erste Grassimuseum erbaut, das ehemalige Alte Grassimuseum. Ursprünglich beherbergte es das Museum für Länderkunde und das Kunstgewerbemuseum, heute befindet sich die Leipziger Stadtbibliothek in diesem Gebäude.

Neben dem Grassimuseum wurden auch das Gewandhaus und der Mendebrunnen aus dem von Grassi hinterlassenen Vermögen erbaut.

Das Grassimuseum wurde in das im Jahre 2001 erschienene Blaubuch aufgenommen. Das Blaubuch ist eine Liste national bedeutsamer Kultureinrichtungen in Ostdeutschland und umfasst zurzeit 23 sogenannte kulturelle Leuchttürme.

Neues Grassimuseum um 1925
Neues Grassimuseum – Eingang (2010)
Erster Innenhof (2009)
Zweiter Innenhof (2005)
Pfeilerhalle (2010)

Die treibende Kraft für einen Ersatz für das zu klein gewordene alte Grassimuseum war Richard Graul (Museumsdirektor zwischen 1896 und 1929). Auf Anregung Grauls erfolgte die Auslobung eines Architektenwettbewerbs für einen Museumsneubau am Johannisplatz, dessen Baukosten noch aus dem Erbe Grassis bestritten werden konnten. Aus dem Wettbewerb ging der Entwurf des Leipziger Architekturbüros Zweck & Voigt siegreich hervor. Der städtebauliche Vorentwurf, in dem das Grassimuseum den Ausgangspunkt einer Stadterweiterung Richtung Osten bilden sollte, stammte von Stadtbaurat Hubert Ritter. Der neue, um mehrere Höfe gegliederte Komplex wurde in den Jahren 1925 bis 1929 unter Oberleitung Ritters auf dem Gelände des ehemaligen „alten“ Johannishospitals (1278–1928) errichtet. Das Gebäude mit stilistischen Anklängen an Neue Sachlichkeit und Art déco gilt als einer der wenigen deutschen Museumsneubauten aus der Zeit der Weimarer Republik. Der Gebäudekomplex verfügt über insgesamt 27.000 Quadratmeter Nutzfläche. Seine Flügel spreizen sich zwischen zwei Ausfallstraßen (der Dresdner Straße und der Prager Straße). Ursprünglich waren sie auf die 1963 gesprengte Johanniskirche ausgerichtet.

Zur offiziellen Einweihung des neuen Grassimuseums im Jahre 1929 beherbergte es das Kunstgewerbemuseum, das Museum für Völkerkunde, das Museum für Länderkunde und das Museum für Musikinstrumente.

1943 wurde das Neue Grassimuseum während eines Luftangriffs schwer getroffen, zehntausende Objekte aus den Sammlungen verbrannten, der Wiederaufbau begann 1947, 1954 wurden erste Ausstellungen wiedereröffnet. 1981 kam es zu einer Havarie der Heizungsanlage, die eine vierjährige Einstellung des Ausstellungsbetriebs zur Folge hatte. Schließlich wurde das Grassimuseum in den Jahren 2001 bis 2005 komplett restauriert. Dabei entschied man sich für ein kostengünstiger zu handhabendes Kunstlichtmuseum und entfernte dabei die einstigen Fenster aus der Fassade, was einen schwerwiegenden Eingriff in die denkmalgeschützte Substanz bedeutete. Ende 2005 wurde das Museumsgebäude wiedereröffnet. Am 1. Dezember 2007 wurde dann nach siebenjähriger Restaurierung auch das Museum für Angewandte Kunst feierlich wiedereröffnet.

2011 wurden im Haupttreppenhaus die im Krieg zerstörten Josef-Albers-Fenster von der Paderborner Glasmalereiwerkstatt Peters wiederhergestellt.

Richard Graul gründete 1920 eine museumseigene Verkaufsmesse, die als Grassimesse in die Geschichte einging. Sie sollte der kommerziellen Massenware, die auf großen Mustermessen angeboten wurde, Paroli bieten und allein durch Qualitätsanspruch überzeugen.

Mit der Einführung eines strengen Juryprinzips gelang es Graul, die Grassimesse innerhalb kürzester Zeit zu einem europaweit anerkannten Forum für die damalige Kunstgewerbe-Elite zu etablieren und Schritt für Schritt auch die künstlerisch orientierte Industrieproduktion einzubeziehen. Die Teilnahme an der Grassimesse kam einem Gütesiegel gleich.

Seit ihrer Neugründung 1997 findet die Grassimesse einmal jährlich am letzten Oktoberwochenende statt. Rund 100 Aussteller aus dem In- und Ausland präsentieren und verkaufen auf der dreitägigen Messe aktuelle Arbeiten.

  • 2017: Begreifbare Baukunst – Die Bedeutung von Türgriffen in der Architektur. Katalog.[1]
  • 2018: Delft Porcelain – Europäische Fayencen.
  • 2019: BAUHAUS_SACHSEN.
  • Grassi Museum für Angewandte Kunst Leipzig (Hrsg.), Olaf Thormann: Grassi Museum Leipzig. Die Architektur. Passage-Verlag, Leipzig 2007.
  • Dankwart Guratzsch: Leipzigs „Grassi“ erwacht in neuem Glanz. In: Die Welt vom 3. Dezember 2007.
  • Hubertus Adam: Aus der Versenkung ans Licht. Eröffnung des Grassi-Museums für angewandte Kunst in Leipzig. In: Neue Zürcher Zeitung vom 1. Dezember 2007.
  • Andreas Platthaus: Der ganze Reichtum unseres Kontinents. FAZ, 30. November 2007, archiviert vom Original am 4. März 2016;. Nr. 279 vom 30. November 2007, S. 37 (mit Abbildungen).
  • Dorothee Reimann: Alle drei. Museum wieder vereint. In: Monumente, Magazin für Denkmalkultur in Deutschland (ISSN 0941-7125), Jahrgang 2007, Heft 11/12 (Dezember 2007), S. 70.
  • Carola Nathan: Akrobaten, Drachen und Pagoden. Die Chinoiserie-Tapete in Leipzigs Grassimuseum. In: Monumente, Magazin für Denkmalkultur in Deutschland, Jahrgang 2007, Heft 5/6 (Juni 2007), S. 40 f.
  • Grassi Museum für Angewandte Kunst Leipzig (Hrsg.), Jugendstil bis Gegenwart, Katalog zur ständigen Ausstellung, Leipzig 2012, Passage-Verlag ISBN 9783938543887.
  • Grassi Museum für Angewandte Kunst Leipzig (Hrsg.), Antike bis Historismus, Katalog zur ständigen Ausstellung, Leipzig 2009, Passage-Verlag, ISBN 978-3-938543-42-9.
Commons: Grassimuseum – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Hand drauf! in FAZ vom 7. Februar 2017, Seite 11
  2. Museums-Check: Grassi Museum, Leipzig. In: Fernsehserien.de. Abgerufen am 14. November 2020.

Koordinaten: 51° 20′ 14,6″ N, 12° 23′ 17,8″ O