Hanfried Schulz – Wikipedia

Hanfried Schulz (* 1922 in Guben; † 2005 in Berlin) war ein deutscher Maler, Grafiker und experimenteller Künstler.[1]

Leben und künstlerisches Schaffen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schulz absolvierte von 1936 bis 1939 eine Lehre als Dekorationsmaler. Im Zweiten Weltkrieg wurde Schulz zum Militärdienst eingezogen und geriet in Kriegsgefangenschaft. Von 1949 bis 1955 studierte er bei Arno Mohr an der Hochschule für bildende und angewandte Kunst Berlin-Weißensee. Ab 1955 arbeitete er freischaffend in Ost-Berlin. Gemeinsam mit dem Mail-Art-Pionier[2] Robert Rehfeldt übernahm er zahlreiche Aufträge für Wandbilder.[3]

In den 1950er und 1960er Jahren bildete Schulz mit Robert Rehfeldt, Ingo Kirchner und ab 1965 mit dem befreundeten Maler Dieter Tucholke[4] eine experimentelle[5] Künstlergruppe. Die Mitglieder der Gruppe knüpften an Dadaismus und Konstruktivismus an und griffen bald auch Elemente des Tachismus und der Pop-Art auf.[5] Sie fanden so zu künstlerischen Strategien, die „genügend Realität aufnehmen konnten und sich dennoch einer verallgemeinernden Welthaltigkeit nicht verschlossen“.[6] Die Gruppe bestand auf der Pflicht zum „Experiment mit allen Medien und Materialien“. Damit entsprach sie weder dem Kunstverständnis der in Berlin dominierenden Berliner Schule noch dem Begriff, den die staatlichen Institutionen der DDR von Kunst hatten.[7] Tucholke sagte in einem 1990 veröffentlichten Gespräch über die Verbundenheit des Künstlerkreises: „Wir [...] hatten [...] kein Programm, dafür gemeinsame künstlerische Haltungen.“[2] Der Kunsthistoriker Wolfgang Hütt beschrieb, dass die Künstler in ihren Arbeiten sehr persönliche Bekenntnisse abgaben und schonungslos ihre eigenen Ängste und Nöte offenbarten.[8]

Schulz war bis 1990 Mitglied des Verbands Bildender Künstler der DDR und nahm in der DDR von 1949 bis 1986 an einer bedeutende Zahl zentraler und wichtiger regionaler Ausstellungen teil.

Selbstreflexion

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

die kunst ist ein großer garten mit unzähligen schönen blumen und pflanzen. ein jeder kann sich daraus eine pflücken, einen strauß zusammenstellen oder einen kranz flechten.

Hanfried Schulz, im Sommer 2004[3]

Fotografische Darstellung Schulz (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Werke (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Keramikrelief von Robert Rehfeldt und Hanfried Schulz aus dem Jahr 1982 in Berlin-Friedrichsfelde, 2011
Bocaccio – Der Frieden aus einer 1975 entstandenen Reihe von Reliefs von Schulz und Werner Petrich, Frankfurter Allee 174, Berlin-Lichtenberg
  • 1964: Mädchen Mitkatze[14]
  • 1968: ERBAUT 1777[15]
  • 1981: Bildelemente von Albrecht Dürer in Berlin-Marzahn, Allee der Kosmonauten 141/143 (zusammen mit Werner Petrich);
    Außenwandbild an der Stirnwand des Eingangsvorbaus der damaligen 1. Hilfsschule „Reinhold Dahlmann“. Nicht erhalten, da im Jahr 2005 das Gebäude abgerissen wurde[16]
  • um 1982: Einblick[17]
  • um 1984: Genesis[17]
  • um 1984: Ritter[17]
  • Apokalypsis, Zeichnung und Collage[3]

Für den Band 80 der Lyrikreihe Poesiealbum der Dichterin Gabriele Eckart aus dem Jahr 1974 schuf Schulz den Einband und die Grafik.[18]

Mediale Aufmerksamkeit erregten 1995 die Pläne der Berliner Verkehrsbetriebe, nach denen die „aus DDR-Zeiten stammenden Kunsttafeln“ – ein Zyklus von Robert Rehfeldt, Hanfried Schulz und Siegfried Krepp – auf dem U-Bahnhof Rosa-Luxemburg-Platz mit Reklametafeln zugenagelt werden sollten. Die 16 Tafeln mit Collagen zu Motiven der Kaiserzeit und der Weimarer Republik wiesen Graffiti und Vandalismusschäden auf. Im Jahr 2003 wurden die Tafeln abgehängt und bis zur Klärung ihrer weiteren Verwendung eingelagert. Die frei gewordene Fläche wurde überstrichen.[19]

Einzelausstellungen (unvollständig)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • 1963: Berlin-Weißensee, Kunstkabinett der Instituts für Lehrerweiterbildung
  • 1968: Erfurt, Erfurter Ateliergemeinschaft, Hanfried Schulz – Zeichnungen[20]
  • 1975: Neubrandenburg, Haus der Kultur und Bildung (Grafik)
  • 2005: Berlin, Galerie Joachim Pohl – Abstraktion & Konstruktivität: Arbeiten auf Papier und Skulptur
  • 2005: Beeskow, Burg Beeskow– Hanfried Schulz ,Maler und Grafiker[1]
  • 2006. Berlin, Galerie Parterre – Zwiegespräch
  • 2006: Berlin, Galerie Joachim Pohl, – in memoriam (mit Robert Rehfeld und Rolf Winkler)
  • Edith Krull: Porträt in Holzschnitt. In: Bildende Kunst, Berlin, 1958, S. 838–840
  • HAP Grieshaber, Sven Knebel; Felix Rellstab [Hrsg.]: Spektrum. Intern. Vierteljahresschrift für Dichtung und Originalgraphik, Zürich. Nr. 40. Sept.1968. Jubiläums-Sondernummer. 10 Jahre Spektrum. Fichtner 192. Mit farbigen Original-Grafiken von HAP Grieshaber (WV Fürst 68/28), C. G. Becker, Otokar Hudecek, Hanfried Schulz, Walter Wörn u. a. Zürich, Druck: Stutz. 1968
Commons: Hanfried Schulz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b Burg Beeskow: Bisherige Kunstausstellungen (Memento vom 26. Juli 2014 im Internet Archive), 2005
  2. a b Petra Jacoby: Kollektivierung der Phantasie?: Künstlergruppen in der DDR zwischen Vereinnahmung und Erfindungsgabe, transcript Verlag, 2007, S. 273, hier S. 47
  3. a b c berlin.de: Zwiegespräch - Künstler sehen Kunst (Memento vom 22. Januar 2011 im Internet Archive), Hanfried Schulz
  4. Bildatlas Kunst in der DDR: Dieter Tucholke
  5. a b Cornelia Nowak: Dem Auge ein Fest: die Schenkung Rudolf und Ilse Franke, Angermuseum, 2005, S. 304, hier S. 192 und S. 262
  6. Museum Junge Kunst, Armin Hauer: Dieter Tucholke (1934 - 2001) (Memento vom 4. November 2010 im Internet Archive), Frankfurt (Oder), 2009
  7. Franziska Dittert: Mail Art in der DDR: Eine intermediale Subkultur im Kontext der Avantgarde, Logos Verlag Berlin GmbH, 2010, S. 743, hier S. 317
  8. Wolfgang Hütt: Schattenlicht: ein Leben im geteilten Deutschland, Fliegenkopf, 1999, S. 488, hier S. 247
  9. Christian Borchert: Der Maler Hanfried Schulz in seinem Atelier. 18. April 1975, abgerufen am 16. Mai 2024.
  10. Hanfried Unbekannter Fotograf; Schulz: Albert Einstein. 1958, abgerufen am 16. Mai 2024.
  11. Hanfried Unbekannter Fotograf; Schulz: Mahatma Ghandi. 1958, abgerufen am 16. Mai 2024.
  12. Hanfried Unbekannter Fotograf; Schulz: Thomas Mann. 1958, abgerufen am 16. Mai 2024.
  13. Hanfried Unbekannter Fotograf; Schulz: Albert Schweizer. 1958, abgerufen am 16. Mai 2024.
  14. ARCADJA: Hanfried Schulz
  15. Kleist-Museum: ERBAUT 1777
  16. Kunst in der Großsiedlung, Kunstwerke im öffentlichen Raum in Marzahn und Hellersdorf, Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf, um 2010; Seite 86
  17. a b c Galerie Pohl: in Memoriam - Drei Künstlerfreunden zum Gedenken. Hanfried Schulz (1922–2005), Robert Rehfeldt (1931–1993), Rolf Winkler (1930–2001) - Malerei, Grafik und Plastik, 21. Februar bis 31. März
  18. Gabriele Eckart: Gedichte. Vorbemerkung Karl Mickel. Einband und Grafik Hanfried Schulz. (=Poesiealbum 80), Neues Leben, Berlin 1974
  19. Berliner Zeitung, Peter Neumann: BVG entfernt DDR-Kunst, 11. Februar 2003
  20. Yvonne Fiedler: Kunst im Korridor: Private Galerien in der DDR zwischen Autonomie und Illegalität, Ch. Links Verlag, 2013, S. 400, hier S. 325