Havelland – Wikipedia
Das Havelland ist eine historische Landschaft in Brandenburg. Es gibt verschiedene Eingrenzungen.
Geografisch wird als Havelland das U-förmig von der Havel umflossene Gebiet zwischen Oranienburg im Nordosten und Rhinow im Nordwesten verstanden. Den nördlichen Abschluss des Havellandes bildet der Fluss Rhin und der Rhinkanal. In der Geschichte Brandenburgs stellt das Havelland eine historische Landschaft dar, die südlich von Prignitz und Ruppiner Land liegt.
Der Landkreis Havelland umfasst den Kern des Havellandes. Hinzu kommen der Südteil des Landkreises Ostprignitz-Ruppin mit einem Teil des Rhinluchs, einige Orte des Landkreises Potsdam-Mittelmark, die Stadt Brandenburg a. d. Havel sowie die Potsdamer Stadtteile nördlich und die Berliner Ortsteile westlich der Havel.
Touristisch hat der Tourismusverband Havelland e. V. eine etwas andere Abgrenzung gewählt. Sie umfasst den Landkreis Havelland, die Stadt Brandenburg an der Havel und den Norden des Landkreises Potsdam-Mittelmark einschließlich der Gemeinden südlich der Havel, die sonst schon der Landschaft Zauche zugeordnet werden.
Theodor Fontane hat das Havelland wie auch die anderen Landschaften Brandenburgs beschrieben. Durch die Ballade Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland [1] hat er dieser Region zu besonderer Bekanntheit verholfen und auch seine Romanfigur Effi Briest wächst dort auf. Ein eigener Band der Wanderungen durch die Mark Brandenburg widmet sich dem Havelland.
Landschaft
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ausgedehnte Urstromtalungen bestimmen das Landschaftsbild im Havelland. Inselartig ragen daraus Platten hervor, die meistens Grundmoränen tragen. Aber auch Endmoränen aus der Saale- und Weichseleiszeit kommen vor. Erstere wurden während des weichselzeitlichen Eisvorstoßes mehr oder weniger überprägt.
Die sandigen, trockenen Platten tragen außer Ackerland ausgedehnte Waldgebiete. Die größte ist die Nauener Platte. Nördlich davon gibt es mehrere Ländchen. Westlich des Havelbogens liegt das Land Schollene.
In den Urstromtälern dehnen sich abseits der Havel nördlich der Nauener Platte Havelländisches Luch und Rhinluch, voneinander getrennt durch die Ländchen, südlich der Nauener Platte die durch kleinere Moränenhügel gegliederte Osthavelniederung mit zahlreichen Havelseen. Vor allem im Norden des Havellandes wurden seit etwa 1700 bis in die 1950er Jahre umfangreiche Gebiete durch Kanäle entwässert.
Der Westteil des Gebietes zwischen Rhinow und Pritzerbe gehört zum Naturpark Westhavelland. Dieser enthält in der Unteren Havelniederung das größte Feuchtgebiet im westeuropäischen Binnenland. Unmittelbar neben Rhinow soll im Naturpark Westhavelland auf Beschluss der Gemeinde Gollenberg vom 7. Dezember 2020 geprüft werden, ob ein naturverträglicher Solarpark auf Flächen des lokalen Agrarbetriebes entstehen kann. Die Einnahmen daraus sollen einem umweltverträglichen Umbau der Landwirtschaft des Agrarbetriebes zugutekommen.
Besiedlung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Havelland ist recht dünn besiedelt. An Havelübergängen entwickelten sich die größeren Städte Spandau (heute zu Berlin), Potsdam, Brandenburg a. d. Havel und Rathenow. Weitere zentrale Orte für das Havelland sind Rhinow, Premnitz, Nauen und Friesack. Stark wachsend ist die Stadt Falkensee mit den umgebenden Ortschaften.
Wirtschaft
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ackerbau und Viehhaltung prägen weite Gebiete des Havellandes. Vor allem rund um Werder ist Obst- und Gemüseanbau stark vertreten. Hier erfolgt auch die Verarbeitung zu Säften, Obst- und Gemüsekonserven. Die Havel und die Havelseen bieten noch einigen Fischern ein Auskommen.
Der Tourismus spielt eine zunehmend wichtige Rolle im Havelland, das zu den Naherholungsgebieten der Metropole Berlin zu zählen ist.
Am Rande Berlins ist in Wustermark ein Güterverkehrszentrum entstanden. In Paaren im Glien bietet das Märkische Ausstellungs- und Freizeitzentrum Möglichkeiten für größere Messen und Veranstaltungen.
Verkehr
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ein Problem des Havellandes war und ist die Verkehrserschließung. Die Havel ist einerseits eine wichtige Wasserstraße, vor allem zwischen Brandenburg a. d. Havel und Oranienburg, andererseits ist sie mit ihren Seen und den großen Feuchtgebieten ein Hindernis für Straßen und Eisenbahnen.
Straßenverkehr
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die wichtigsten Straßen sind die B 5 von Berlin über Nauen in Richtung Hamburg, von der die B 188 nach Rathenow abzweigt. Nord-Süd-Tangenten sind die B 102 von Brandenburg über Rathenow nach Rhinow und im Osten der Berliner Autobahnring A 10. Von Spandau aus führen zwei Eisenbahnstrecken mit Schnellverkehr durch das Havelland. Dies sind die Strecken Berlin–Hamburg über Nauen und die Lehrter Bahn über Rathenow. Im Westen verbindet der verbliebene Teil der Brandenburgischen Städtebahn Brandenburg mit Rathenow. Der nördliche Streckenabschnitt über Rhinow bis Neustadt/Dosse wurde 2003 stillgelegt und später vollständig demontiert, sodass die ursprüngliche Funktion als Verbindung zwischen den Berliner Schnellbahnstrecken nicht mehr erfüllt wird. Im Osten tangiert der Berliner Außenring das Gebiet.
Radrouten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Havellandradweg durchmisst das Havelland von Osten nach Westen.[2] Die Radroute Fontane.Rad folgt Fontanes Spuren in diesem Gebiet.[3] Weitere Radrouten, die das Havelland berühren sind die Tour Brandenburg,[4] der Havelradweg[5] und der Berliner Mauerweg.[6]
Flugplätze
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Westlich von Nauen beim Ort Paulienenaue bzw. Bienenfarm liegt der Sportflugplatz Bienenfarm. Dort sind neben normalen Sportflugzeugen und einer Fallschirmspringer-Gruppe auch zahlreiche Oldtimer stationiert. Der Quax-Oldtimerverein ist hier seit den 2000er Jahren aktiv und richtet gemeinsam mit dem Flugplatzbetreiber regelmäßige Veranstaltungen aus.
Ein historischer Flugplatz in diesem Bereich ist der Flugplatz Stölln/Rhinow mit dem Flugzeug Lady Agnes, zu Ehren von Otto Lilienthal.[7]
Asteroid 2024 BX1
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Am 21. Januar 2024 um 1:32 Uhr trat ein kleiner Asteroid über dem Havelland in die Erdatmosphäre ein. Der Eintrittsort und Zeitpunkt war zuvor bekannt, da der Asteroid bereits im All beobachtet wurde. In der Nähe vom Ribbeck konnten später Meteoriten gefunden werden.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- (chronologisch aufsteigend)
- Lieselott Enders (Bearbeitung): Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Havelland. Mit einer Übersichtskarte im Anhang (= Friedrich Beck [Hrsg.]: Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil III; Veröffentlichungen des Staatsarchivs Potsdam. Band 11). Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 1972, DNB 730255603 (gibt einen Nachdruck von 2011).
- Gisela Heller: Das Havelland – mit den Auge der Liebe gesehen. Mit Aufnahmen des Foto-Clubs Potsdam. VEB F.A. Brockhaus Verlag, Leipzig 1981.
- Wolfgang Ribbe (Hrsg.): Das Havelland im Mittelalter. Untersuchungen zur Strukturgeschichte einer ostelbischen Landschaft in slawischer und deutscher Zeit. Gewidmet Wolfgang H. Fritze zum 70. Geburtstag (= Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin [Hrsg.]: Berliner historische Studien. Band 13; Germania Slavica. Band V). Duncker & Humblot, Berlin 1987, ISBN 3-428-06236-1.
- Gebhard Falk, Heinz-Dieter Krausch (Erarbeitung), Werner Schmidt (Hrsg.): Havelland um Werder, Lehnin und Ketzin. Ergebnisse der heimatkundlichen Bestandsaufnahme in den Gebieten Groß Kreutz, Ketzin, Lehnin und Werder (= Werte der deutschen Heimat. Band 53). 1. Auflage. Leibniz-Institut für Länderkunde, Leipzig 1992, ISBN 3-86082-014-1.
- Sebastian Kinder, Haik Thomas Porada im Auftrag Leibniz-Institut für Länderkunde Leipzig und Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (Hrsg.): Brandenburg an der Havel und Umgebung. Eine landeskundliche Bestandsaufnahme im Raum Brandenburg an der Havel, Pritzerbe, Reckahn und Wusterwitz (= Landschaften in Deutschland. Werte der deutschen Heimat. Band 69). Böhlau Verlag, Köln 2006, ISBN 3-412-09103-0.
- Andreas Kitschke: Kirchen des Havellandes. 1. Auflage. Be.Bra Wissenschaft Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-937233-78-9 (Leseprobe).
- Joachim Nölte: Havelland. Ein Wegbegleiter. 3. Auflage. Edition Terra, Berlin/Potsdam 2018, ISBN 978-3-942917-11-7.
- Wilhelm Döbbelin: Im Zeichen von Terror und Gewalt. Die ersten Wochen der Naziherrschaft im Havelland. In: Arbeit – Bewegung – Geschichte, Heft II/2016.
- Sebastian Kinder, Haik Thomas Porada im Auftrag Leibniz-Institut für Länderkunde Leipzig und Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (Hrsg.): Das Havelland um Rathenow und Premnitz (= Landschaften in Deutschland. Werte der deutschen Heimat. Band 74). Böhlau Verlag, Köln / Weimar / Wien 2017, ISBN 978-3-412-22297-0.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland (ein Birnbaum in seinem Garten stand …) auf Wikisource
- ↑ auf dem Havelland-Radweg. In: havelland-tourismus.de. Abgerufen am 30. Mai 2021.
- ↑ Fontane.Rad – Radtouren rund um Fontane. In: reiseland-brandenburg.de. Abgerufen am 30. Mai 2021.
- ↑ Tour Brandenburg, Barnimer Land, Tour durch mehrere Regionen. In: reiseland-brandenburg.de. Abgerufen am 30. Mai 2021.
- ↑ Havel-Radweg, Havelland, Tour durch mehrere Regionen. In: reiseland-brandenburg.de. Abgerufen am 30. Mai 2021.
- ↑ Mauerweg, Dahme-Seenland, Tour durch mehrere Regionen. In: reiseland-brandenburg.de. Abgerufen am 30. Mai 2021.
- ↑ Öffnungszeiten / Eintrittpreise Flugzeug „Lady Agnes“ – Otto-Lilienthal-Verein Stölln e. V. Abgerufen am 26. März 2024.
Koordinaten: 52° 30′ 0″ N, 12° 45′ 0″ O