Kabinett Rouvier I – Wikipedia

Maurice Rouvier war 1887 sowie von 1905 bis 1906 Premierminister Frankreichs

Das erste Kabinett Rouvier war eine Regierung der Dritten Französischen Republik. Es wurde am 30. Mai 1887 von Premierminister (Président du Conseil) Maurice Rouvier gebildet und löste das Kabinett Goblet ab. Es blieb bis zum 12. Dezember 1887 im Amt und wurde daraufhin vom Kabinett Tirard I abgelöst.

Dem Kabinett gehörten Vertreter der Union républicaine (UR), der Union démocratique (UD), der Union des gauches (UG) und der Gauche radicale (GRad) an.

Dem Kabinett gehörten folgende Minister an:

Amt Name Gruppe Beginn der Amtszeit Ende der Amtszeit
Premierminister Maurice Rouvier UR 30. Mai 1887 12. Dezember 1887
Finanzminister Maurice Rouvier UR 30. Mai 1887 12. Dezember 1887
Siegelbewahrer und Justizminister[A 1] Charles Mazeau[1]
Armand Fallières[A 2]

UD
30. Mai 1887
30. November 1887
30. November 1887
12. Dezember 1887
Außenminister Émile Flourens 30. Mai 1887 12. Dezember 1887
Innenminister Armand Fallières UD 30. Mai 1887 12. Dezember 1887
Kriegsminister[A 3] Théophile Adrien Ferron[2] 30. Mai 1887 12. Dezember 1887
Minister für Marine und Kolonien Édouard Barbey UG 30. Mai 1887 12. Dezember 1887
Landwirtschaftsminister Paul Barbe[3] GRad 1. Juni 1887 12. Dezember 1887
Minister für öffentlichen Unterricht, Religion und schöne Künste Eugène Spuller UR 30. Mai 1887 12. Dezember 1887
Minister für Handel und Industrie Lucien Dautresme[4] UG 30. Mai 1887 12. Dezember 1887
Minister für öffentliche Arbeiten Severiano de Heredia GRad 30. Mai 1887 12. Dezember 1887
Minister für Post und Telegrafie Maurice Rouvier UR 30. Mai 1887 12. Dezember 1887

Unterstaatssekretäre

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Dem Kabinett gehörten folgende Sous-secrétaires d'État an:

Amt Name Gruppe Beginn der Amtszeit Ende der Amtszeit
Finanzministerium Eugène Étienne UD 1. Juni 1887 12. Dezember 1887

Historische Einordnung

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In die Amtszeit des Kabinetts Rouvier I fiel der Ordensskandal. Ende September 1887 stellte die Polizei fest, dass in einem Pariser Bordell Orden gehandelt wurden. General Caffarel wurde als Schuldiger ermittelt und gestand. Kriegsminister Ferron versuchte die Sache zu vertuschen und versetzte Caffarel in den Ruhestand.[5] Am 8. Oktober enthüllte eine dem Boulangismus nahestehende Zeitung unter dem Titel „La Légion d'honneur à l’encan“ (die Republik wird versteigert) den Vorgang. Die Ermittlungen führten zu Daniel Wilson, einem Abgeordneten und Schwiegersohn des Staatspräsidenten Jules Grévy. Wilson hatte Orden und Ehrungen gegen Geschäftsbeteiligungen im Wert von bis zu 100.000 Francs verkauft.[6] Zu seinen Mittätern gehörte auch General d’Andlau.[7]

Wegen der Affäre trat Präsident Grévy zurück. Als neuer Staatspräsident wurde Marie François Sadi Carnot gewählt. Rouvier trat zurück, um den neuen Präsidenten freie Hand für ein neues Kabinett zu lassen; dieser scheiterte zunächst, als weder der favorisierte René Goblet noch der als Ersatz vorgesehene Armand Fallières eine Mehrheit fanden. Erst der dritte Kandidat, Pierre Tirard, wurde von der Abgeordnetenkammer akzeptiert.

Im Rahmen der Kolonialpolitik stieß die französische Armee weiter in Afrika vor; der Vorstoß auf Timbuktu wurde zunächst vom Massina-Reich und bei einem zweiten Versuch von den Tuareg verhindert.[8][9] In Neukaledonien wurde am 18. Juli der Code de l’indigénat eingeführt; im Senegal geschah dies am 30. September.[10] Am 17. Oktober wurde die Union Indochinoise gegründet und einem Generalgouverneur unterstellt.

Menschenmenge bei der Abfahrt Boulangers, Gare de Lyon (Monde illustré, 16. Juli 1887)

Der populäre ehemalige Kriegsminister General Boulanger erreichte bei einer Nachwahl in Paris 12 % der Stimmen, obwohl er nicht als Kandidat angetreten war.[11] Nachdem er Anfang Juli 1887 auf einen Posten in Clermont-Ferrand abgeschoben werden sollte, versuchte die Menge die Abfahrt des Zuges zu verhindern. Präsident Jules Grévy und Boulangers Nachfolger als Kriegsminister, General Ferron, wurden bei der Revue in Longchamp von der Menge ausgebuht.[12]

Mit dem Gesetz vom 25. Juli 1887 wurde die Infanterie in Frankreich umfassend reformiert.[13][A 4]

  • Jean-Paul Lefebvre Filleau: Les scandales de la IIIe République. Safed Editions, 2005, ISBN 978-2-914585-87-3.
  1. Die Seite in der französischsprachigen Wikipédia führt zwischen Mazau und Fallières noch Victor Bousquet auf, allerdings ohne diesen in der Liste der Justizminister noch den Posten auf der Seite fr:Victor Bousquet zu erwähnen.
  2. kommissarisch
  3. Die Seite in der französischsprachigen Wikipédia führt zwischen Mazau und Fallières noch Félix Gustave Saussier auf, allerdings ohne diesen in der Liste der Kriegsminister noch den Posten auf der Personen-Seite zu erwähnen.
  4. siehe hierzu weiterführend fr:Réorganisation des corps d'infanterie français (1887) in der französischsprachigen Wikipédia.

Einzelnachweise

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  1. Charles Mazeau. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 9. August 2023 (französisch).
  2. Angaben zu Théophile Adrien Ferron in der Datenbank der Bibliothèque nationale de France.
  3. François, Paul Barbé. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 9. August 2023 (französisch).
  4. Lucien, Auguste Dautresme. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 9. August 2023 (französisch).
  5. Levebvre Filleau, S. 26–27
  6. Daniel Wilson 1840 - 1919. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 8. Juni 2023 (französisch).
  7. Levebvre Filleau, S. 28
  8. Robert Davoine: Tombouctou : fascination et malédiction d’une ville mythique. Éditions L’Harmattan, 2003, ISBN 978-2-7475-3939-5.
  9. Daniel Grevoz: Les canonnières de Tombouctou : Les Français à la conquête de la cité mythique 1870-1894. Éditions L’Harmattan, 1992, ISBN 978-2-296-26302-4.
  10. Olivier Le Cour Grandmaison: De l’indigénat : Anatomie d’un " monstre " juridique : le droit colonial en Algérie et dans l’Empire français. La Découverte, 2015, ISBN 978-2-35522-029-6 (google.de).
  11. Dominique Lejeune: La France des débuts de la IIIe République - 1870-1896. Armand Collin, 2016, ISBN 978-2-200-61545-1 (google.de).
  12. Alexandre Zévaès: Au temps du Boulangisme. Gallimard, Paris 1930, ISBN 978-2-07-281170-8 (google.de).
  13. Charles-Joachim-Edgard Malaguti: Historique du 87e régiment d’infanterie de ligne : ex-12e Léger. J. Moureau et fils, 1892 (google.de).