Leopold Lucas – Wikipedia

Leopold Lucas (geboren 18. September 1872 in Marburg; gestorben 13. September 1943 im KZ Theresienstadt) war ein deutscher Historiker und Rabbiner.

Nach dem Abitur am Gymnasium Philippinum in Marburg studierte Leopold Lucas in Berlin Geschichte, jüdische Wissenschaft, Philosophie und orientalische Sprachen. Er promovierte 1895 in Tübingen mit einer Geschichte der Stadt Tyrus zur Zeit der Kreuzzüge zum Doktor der Philosophie. Ab 1899 wirkte er als Rabbiner in der traditionsreichen jüdischen Gemeinde von Glogau.

Seine wissenschaftliche Arbeit galt vor allem der Geschichte der Juden in den ersten christlichen Jahrhunderten. Mit Martin Philippson, der zum Vorsitzenden gewählt wurde, teilte er, der zum Schriftführer bestellt wurde, die Leitung der Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft des Judentums. Ihr Gründungsdatum war der 2. Dezember 1902. In der Zeit des Nationalsozialismus berief Leo Baeck ihn an die Berliner Hochschule für die Wissenschaft des Judentums.

Am 17. Dezember 1942 wurde das Ehepaar Lucas nach Theresienstadt deportiert, wo Leopold Lucas starb. Seine Frau Dorothea wurde im Oktober 1944 in das KZ Auschwitz verschleppt und dort ermordet. Er wurde am Alten jüdischen Friedhof Marburg beigesetzt.

  • 1972 stiftete sein Sohn Franz D. Lucas den Dr.-Leopold-Lucas-Preis, der seitdem alljährlich an der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen für hervorragende geisteswissenschaftliche Leistungen sowie für das Engagement für Völkerverständigung und Toleranz verliehen wird. Seit 1986 werden im Rahmen der Verleihung des Dr. Leopold-Lucas-Preises die Dr. Leopold-Lucas-Nachwuchswissenschaftler-Preise verliehen, prämiert wird jeweils eine herausragende Dissertation, die an den im Stiftungsstatut aufgeführten Fakultäten – der Evangelisch-Theologischen und der Katholisch-Theologischen Fakultät sowie der Fakultät für Philosophie und Geschichte – eingereicht wurde.
  • Karl Popper hielt im Mai 1981 an der Universität Tübingen seinen Vortrag Duldsamkeit und intellektuelle Verantwortlichkeit im Gedenken an Leopold Lucas.[1]
  • 1986 wurde in Marburg die Leopold-Lucas-Straße nach ihm benannt (ehemals Schwangasse). Hier befindet sich heute das Gymnasium Philippinum, an dem er das Abitur absolviert hatte.
  • Zur Geschichte der Juden im vierten Jahrhundert. Der Kampf zwischen Christentum u. Judentum. Nachdruck der Ausgabe Berlin 1910, Olms, Hildesheim, 1985, ISBN 3-487-07627-6.
  • Geschichte und Geist. Fünf Essays zum Verständnis des Judentums. Zum Gedenken an den fünfzigsten Todestag von Rabbiner Dr. Leopold Lucas hrsg. von Franz D. Lucas. Duncker und Humblot, Berlin 1995, ISBN 3-428-08168-4.
  • Julius Carlebach, Michael Brocke (Hrsg.): Die Rabbiner im Deutschen Reich 1871–1945. (= Biographisches Handbuch der Rabbiner, 2). Bearbeitet von Katrin Nele Jansen, Jörg H. Fehrs, Valentina Wiedner. K. G. Saur, München 2009, ISBN 978-3-598-24874-0, S. 415 f.
  • Hanno Drechsler, Karl Ch. Lingelbach: Rabbiner Dr. Leopold Lucas. Marburg 1872–1943 Theresienstadt. Versuch einer Würdigung. Presseamt der Stadt Marburg, Marburg 1987, ISBN 3-923820-18-6.
  • Margret Heitmann: „Sie wirken in einer Gemeinde, die einen historischen Namen besitzt“. Zu Leben und Werk des letzten Glogauer Rabbiners Leopold Lucas (1872–1943), in: Silesiographia, Stand und Perspektiven der historischen Schlesienforschung. Festschrift für Norbert Conrads zum 60. Geburtstag, Hgg. Matthias Weber, Carsten Rabe, Würzburg 1998, S. 105–117.
  • Hans-Joachim Lang: Mit der Waffe der Wissenschaft. Rabbiner Leopold Lucas und der Kampf um die Anerkennung des Judentums. Sonderseite Schwäbisches Tagblatt, Tübingen 15. Mai 1999.
  • Joseph Walk (Hrsg.): Kurzbiographien zur Geschichte der Juden 1918–1945. Hrsg. Leo Baeck Institute Jerusalem. Saur, München 1988, ISBN 3-598-10477-4, S. 248.

Einzelnachweise

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  1. Karl Popper - Duldsamkeit und intellektuelle Verantwortlichkeit (Vortrag 1981). Abgerufen am 31. Juli 2022 (deutsch).