Lohner Carlson – Wikipedia

Lohner Carlson ist der Name des Künstlerduos Henning Lohner und Van Carlson, dessen künstlerische Arbeit im Jahr 1989 begann. Seit Carlsons Tod 2011 wird sie von Lohner alleine fortgeführt. Bekannt ist das Duo vor allem durch die Werkreihe Active Images, die einen Grenzbereich zwischen Film und Fotografie markiert.[1]

Arbeiten mit John Cage

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Die künstlerische Zusammenarbeit des Filmkomponisten und Filmemachers Henning Lohner mit dem Kameramann und Photographen Van Carlson begann 1989.[2] Prägend für die Kollaboration des Künstlerduos waren die gemeinsamen Arbeiten mit dem Komponisten John Cage. Zu diesen Arbeiten zählt der akribisch geplante Kunstfilm One11 und 103.[3][4] Das Werk, das Cages einziger Langfilm ist, hat keine Handlung und besteht aus Schwarz-Weiß-Bildern, die als Drehbuch einer komponierten Partitur zugrunde liegen und von Cages Stück 103 begleitet werden.[5] Der Film beschäftigt sich mit der Wirkung von Licht in einem leeren Raum und der Wahrnehmung dieser und gilt als „poetischer wie suggestiver filmischer Essay“.[6] In der Rezeption wurde die Einzigartigkeit des Werkes in der Film- und Musikgeschichte betont, wobei Kritiker ihn als „meisterhaft“, „traumartig“ und „magisch“ bezeichneten.[7][8][9]

Mit der vollständig durchkomponierten Hommage Die Rache der toten Indianer (1993) setzten Lohner und Carlson Cage posthum ein filmisches Denkmal.[10][11] Zahlreiche Künstler treten darin auf, unter ihnen Dennis Hopper, Matt Groening, Heiner Müller und Yoko Ono, und sprechen über Cages Werk und seinen Einfluss.[12][13] Die Tageszeitung schrieb dazu, Lohners 130-Minuten-Hommage an den Avantgarde-Musiker Cage führe "in unaufdringlicher Bild-Ton-Didaktik zu den Kompositionsprinzipien des Mannes, dem die moderne Musik die Symbiose von Harmonie und Chaos verdankt."[14]

1995 wurde erstmals Lohners und Carlsons audiovisuelle Installation Raw Material, Vol. 1–11 gezeigt, die unter anderem in Den Haag, Rom und Berlin ausgestellt wurde.[15][16] Die Videokomposition entstand aus Lohners mehrere hundert Stunden umfassenden Rohmaterial-Archiv und zeigte auf elf Monitoren sowohl Interviews als auch Landschaften in „einer gleichwertigen Koexistenz der Sprache, der Bilder und der Töne.“[17]

Aus dieser Installation ging die Werkreihe Bewegte Bilder / Active Images hervor, die 2006 erstmals in der Galerie Springer in Berlin unter dem Titel raw material – portraits and landscapes zu sehen waren.[18] Die Idee entstand laut Lohner aus der „Liebe zur Videofotografie und der später aufkommenden Verzweiflung über den Verlust dieser Bilder, wenn aus ihnen ein Film geschnitten wurde.“[19] Lohner und Carlsons gerahmte Videobilder markieren den Grenzbereich zwischen Film und Fotografie; in statischen Kameraeinstellungen werden Filmausschnitte von Landschafts- und Porträtaufnahmen gezeigt. Der ausgewählte Ausschnitt der Welt bewegt sich, die Kamera ist regungslos.[20][21]

Seit Carlsons Tod im Jahr 2011 setzt Lohner das Werk alleine fort. Lohner selbst bezeichnet die Arbeiten auch als „visuelle Musik“.[22]

Lohner Carlsons Medienkunst wurde weltweit an zahlreichen Ausstellungsorten gezeigt, unter anderem am Centre Georges-Pompidou, San Francisco Museum of Modern Art, Solomon R. Guggenheim Museum in New York, Museu Calouste Gulbenkian in Lissabon, der Galleria Traghetto in Venedig und Rom, Kunsthalle in Emden, National Art Gallery in Kuala Lumpur und der Mira Art Collection in Tokyo.[23][24][25][26][27][28][29][30][31]

2021 waren Lohner Carlsons Werke als Teil der Gerhard-Richter-Ausstellung Haus Liebermann der Stiftung Brandenburger Tor zu sehen.[32] Die Frankfurter Rundschau schrieb dazu: "Der Filmemacher Henning Lohner hat den Maler verewigt, wie er an der Wand seines Kölner Ateliers schwungvoll zeichnet. [...] Und ein extra Raum mit Filmen von Lohner und Van Carlson gibt intime Einblicke in die Arbeit Richters."[33]

Der Kulturjournalist Detlef Wolff schrieb 1996, die Arbeit von Lohner Carlson erhebe sich „weit über die häufig so öden Niederungen der Videokunst. Sie kann einen Gipfel bilden, weil ihr Urheber die technischen Voraussetzungen für einen kreativen Umgang mit der Kamera perfekt beherrscht und keine nur wenig durchdachten Absichtserklärungen schon als Ergebnisse ausgibt. [...] Lohner weist sich mit seiner Arbeit als ein permanent neugieriger und zu genauem Hinsehen befähigter Künstler aus. Immer wieder gelingt es ihm, im scheinbar Normalen das Außerordentliche zu entdecken.“[34]

Tip Berlin schrieb über die „malerischen Videoszenen“, sie setzten „die Zeit außer Kraft. So kann man sich quasi endlos in Wasserspiegelungen verlieren, dem Verkehrsfluss auf der Istanbul Bridge folgen oder sich vom springenden Fisch im Märchenwaldsee bezaubern lassen.“[35]

Die Rheinische Post beschrieb eine Ausstellung im Jahr 2015 folgendermaßen: „Die sich sehr langsam bewegenden und Zeit einfordernden Film-Bilder sind von einer starken, wenn auch oft subtilen Rhythmik gekennzeichnet. Die Gondeln des Londoner Riesenrades bewegen sich wie Taktzeichen, die reflektierende Fassade am Canary Wharf weist eine rhythmische Gliederung auf. Die Bewegungen eines blühenden Busches wirken wie ein Tanz zu unhörbarer Musik.“[36]

Eine andere Rezension bemerkte, dass Lohner Carlson „die Grenze zwischen Stand- und bewegtem Bild auf faszinierende Weise verknüpfen“: „Die Grenze von Bild und Film wird fließend. […] Durch starke Lichtreflexe wird Bewegung assoziiert, die in starkem Kontrast zur ruhigen Stadtszenerie steht. Das Verweilen im Augenblick, getragen von der Idee, der uns gewohnten Bilderdichte zu entkommen, definieren das zentrale Thema.“[37]

Einzelausstellungen

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  • 2021: Art Break – Henning Lohner: Gerhard Richter im Atelier, Stiftung Brandenburger Tor – Max Liebermann Haus, Berlin
  • 2018: Galerie Hus, Paris
  • 2017: Felix Ringel Galerie, Düsseldorf
  • 2017: Ars Electronica Center, Linz
  • 2017: Ikono.tv, weltweit
  • 2015: Galerie Löhrl, Mönchengladbach
  • 2014: RSA Antiquitäten, Wiesbaden
  • 2013: Egeskov Fine Arts, Copenhagen
  • 2013: RSA Antiquitäten, Wiesbaden
  • 2013: INM – Institut für Neue Medien, Frankfurt am Main
  • 2013: Galerie Springer, Berlin
  • 2012: Erik Thomsen Gallery, New York
  • 2012: Galerie Brachfeld, Paris (2×)
  • 2012: SEZ – Sport- und Erholungszentrum, Berlin
  • 2012: Galerie Hus, Paris
  • 2011: Galerie Son, Berlin
  • 2009: Bilirubin Gallery, Berlin
  • 2008: Galerie Springer & Winckler, Berlin
  • 2007: Galleria Traghetto, Rom
  • 2006: Galerie Springer & Winckler, Berlin
  • 1997: Goethe Institute Rome (Festival Internationale della Installazione Sonora), Rom
  • 1996: Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern
  • 1996: 12th International Video & Film Festival, Kassel
  • 1996: World Wide Videofest, Gemeente Museum, The Hague
  • 1995: Lichthaus, Bremen
  • 1995: Hessisches Landesmuseum, Wiesbaden
  • 1995: Foro Artistico in der Eisfabrik, Hannover

Gruppenausstellungen

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Einzelnachweise

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  1. LOHNER CARLSON | GALERIE SPRINGER BERLIN. Abgerufen am 6. März 2019.
  2. JULIA LIA WALTER & LOHNER CARLSON | Kalender | Monopol - Magazin für Kunst und Leben. Abgerufen am 6. März 2019.
  3. Medien Kunst Netz: Medien Kunst Netz | Cage, John: One11 and 103. 6. März 2019, abgerufen am 6. März 2019.
  4. David W. Bernstein, Christopher Hatch: Writings through John Cage's Music, Poetry, and Art. University of Chicago Press, 2010, ISBN 0226044874, S. 291 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
  5. One 11 and 103 - Ein Film ohne Thema. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 6. März 2019.
  6. 100 Jahre, vier Minuten und 33 Sekunden. In: Musik in Dresden. 30. September 2012, abgerufen am 6. März 2019 (deutsch).
  7. John Cage - Volume 36: One11 with 103. Abgerufen am 6. März 2019.
  8. The Sound of Eye: JOHN CAGE & HENNING LOHNER ONE11 WITH 103 (1992). In: The Sound of Eye. Abgerufen am 6. März 2019.
  9. Peter Dickinson: John Cage - One and 103. 9. Januar 2013, abgerufen am 6. März 2019 (englisch).
  10. Filmstarts: Die Rache der toten Indianer. Abgerufen am 6. März 2019.
  11. Die Rache der Toten Indianer | transmediale. Abgerufen am 6. März 2019.
  12. John Cage – The Revenge Of The Dead Indians – In Memoriam John Cage –. Abgerufen am 6. März 2019.
  13. The Revenge of the Dead Indians (1993). Abgerufen am 6. März 2019 (englisch).
  14. birgit glombitza: Ein Rumms mehr. In: Die Tageszeitung: taz. 21. Februar 1994, ISSN 0931-9085, S. 26 (Online [abgerufen am 7. März 2019]).
  15. Lohner Carlson raw material portraits and landscapes I auf artnet. Abgerufen am 6. März 2019.
  16. Exhibition RAW-MATERIAL - artist, news & exhibitions - photography-now.com. Abgerufen am 6. März 2019.
  17. Programm. 17. Mai 2005, archiviert vom Original am 17. Mai 2005; abgerufen am 6. März 2019.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.foro-artistico.de
  18. artnet. Abgerufen am 6. März 2019.
  19. Henning Lohner: Königin der vergessenen Zeit. In: Galerie Springer. 15. März 2008, abgerufen am 5. März 2019.
  20. LOHNER CARLSON | GALERIE SPRINGER BERLIN. Abgerufen am 6. März 2019.
  21. martplace: Lohner Carlson: SILENCES Bewegte Bilder / Active Images. Abgerufen am 6. März 2019.
  22. RP ONLINE: Mönchengladbach: Bilder, die sich in ihren Rahmen bewegen. Abgerufen am 6. März 2019.
  23. Exhibition RAW-MATERIAL - artist, news & exhibitions - photography-now.com. Abgerufen am 6. März 2019.
  24. FREE SPACE – SYNESTHETIC ART 2018. In: AROTIN & SERGHEI contemporary art research & creation. 12. April 2018, abgerufen am 6. März 2019 (englisch).
  25. Henning Lohner. Abgerufen am 6. März 2019 (französisch).
  26. Galerie Hus - Biographie de Henning LOHNER - Detailed biography. Abgerufen am 6. März 2019.
  27. Rencontre "4'33" portrait chinois | Centre Pompidou. Abgerufen am 6. März 2019 (französisch).
  28. Lohner Carlson Vita. Abgerufen am 5. März 2019.
  29. Highlights. Meisterwerke der Sammlung. Abgerufen am 6. März 2019.
  30. Installation view of Robert Rauschenberg's White Painting [three panel], SFMOMA, 2008 · SFMOMA. Abgerufen am 7. März 2019.
  31. Taylor Worley: SF MOMA: The Art of Participation. In: making senses of it all. 24. Dezember 2008, abgerufen am 7. März 2019.
  32. Ingeborg Ruthe: Gerhard Richter am Pariser Platz: Das Leitsystem des Jahrhundertmalers. Abgerufen am 6. Mai 2021.
  33. Der Atlas seiner Welt. 8. April 2021, abgerufen am 6. Mai 2021.
  34. Detlef Wolff: Die Welt als permanentes Bildermosaik – Henning Lohner zeigt im Lichthaus seine Videokomposition „raw material“. Hrsg.: Weser-Kurier. Bremer Tageszeitungen, Bremen 26. Juni 1996, S. 21.
  35. Kunstnotiz: Kurz und Kritisch. In: tip berlin. 18. März 2013, abgerufen am 6. März 2019 (deutsch).
  36. PressReader.com - Zeitungen aus der ganzen Welt. Abgerufen am 7. März 2019.
  37. Der Umgang mit Zeit und Raum. In: Oberbayerisches Volksblatt. Abgerufen am 5. März 2019.