Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung – Wikipedia
Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung | |
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Staatliche Ebene | Land Niedersachsen |
Geschäftsbereich | Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur |
Gründung | 2016 |
Hauptsitz | Hannover |
Behördenleitung | Ulrika Engler |
Bedienstete | 15 |
Netzauftritt | demokratie.niedersachsen.de |
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Die Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung (NLpB) ist eine niedersächsische Bildungseinrichtung mit Sitz in Hannover. Sie wurde 1955 gegründet und bestand bis 2004, als sie durch die damalige Niedersächsische Landesregierung aufgelöst wurde.
Nachdem der Niedersächsische Landtag im Jahr 2016 einstimmig die Wiedererrichtung einer Niedersächsischen Landeszentrale für politische Bildung beschlossen hatte, wurde sie Anfang 2017 in Hannover wieder eröffnet. Sie wird von Ulrika Engler geleitet.[1]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Gegründet wurde die Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung 1955 unter dem Namen Niedersächsische Landeszentrale für Heimatdienst. Die Umbenennung in Landeszentrale für politische Bildung (NLpB) erfolgte 1959.
Öffentliches Interesse erregte 1966 die Meldung, dass dem ehemaligen SS-Mitglied und damaligen Mitglied des Niedersächsischen Landtages Otto Freiherr von Fircks durch Mittel der NLpB ein Besuch von Israel und der Gedenkstätte Yad Vashem ermöglicht wurde, ohne dass er die Landeszentrale für politische Bildung von seiner Vergangenheit in Kenntnis setzte.[2]
Auflösung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zum 31. Dezember 2004 wurde die Landeszentrale von der damaligen Niedersächsischen Landesregierung unter Führung des Ministerpräsidenten Christian Wulff aufgelöst. Dies führte zu erheblichen Protesten, unter anderem durch die Bundeszentrale für politische Bildung.[3][4] Bildungsaufgaben wurden anschließend auch dem niedersächsischen Verfassungsschutz übertragen, was zu Kritik und Protesten führte.[5][6][7]
Nach der Auflösung 2004 wurde die Arbeit der Niedersächsischen Landeszentrale für politische Bildung von verschiedenen Organisationen übernommen:
- Die Onlinepublikationen wurden durch die Bundesarbeitsgemeinschaft Politische Bildung Online und dem niedersächsischen Bildungsserver (NiBiS) übernommen und von diesen weiter vertrieben.
- Die Stiftung niedersächsische Gedenkstätten war Nachfolgeorganisation des Referates der NLpB Gedenkstättenarbeit und Aufarbeitung des Nationalsozialismus und seiner Folgen. Sie übernahm damit die Zuständigkeit für die Gedenkstätte Bergen-Belsen und die Gedenkstätte Justizvollzugsanstalt Wolfenbüttel. Darüber hinaus war eine zentrale Aufgabe der Stiftung, die Weiterentwicklung von Gedenkstätten und Initiativen zur Erinnerung an die nationalsozialistischen Verbrechen in Niedersachsen zu fördern. Zuständig dafür war die Abteilung Gedenkstättenförderung Niedersachsen.
- Das Projekt „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ zog auf den niedersächsischen Bildungsserver um.
Im Jahr 2008 forderte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der 16. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages in ihrem Antrag (Drucksache 16/11201), dass die Bundesregierung auf die Niedersächsische Landesregierung einwirken solle, damit wieder eine Landeszentrale für politische Bildung in Niedersachsen errichtet wird.[8]
Neugründung
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Im April 2016 beschloss der Niedersächsische Landtag einstimmig die Wiedererrichtung einer Niedersächsischen Landeszentrale für politische Bildung.[9][10][11][12] Sie wurde als nichtrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts im Geschäftsbereich des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur errichtet und am 25. Januar 2017 eröffnet.[13] Die Landeszentrale wurde durch den Runderlass des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur zur Errichtung einer Niedersächsischen Landeszentrale für politische Bildung; Organisation und Aufgaben konstituiert. Der Sitz befindet sich im Zentrum von Hannover am Georgsplatz. Nach einstimmigen Votum des Kuratoriums der Landeszentrale, bestehend aus neun Angehörigen aus allen Fraktionen des Niedersächsischen Landtags, wurde Ulrika Engler als Direktorin bestimmt. Zuvor leitete sie seit 2007 die politische Bildungseinrichtung aktuelles forum (af) in Gelsenkirchen. Der Landeszentrale steht ein jährliches Budget von 1,3 Mio. Euro zur Verfügung.[14]
Ausrichtung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung wurde 2017 als Landeszentrale „neuen“ Typs wiedergegründet, die sowohl vorhandene Angebote koordiniert, als auch neue Wege für Information und Beteiligung entwickelt. Inhaltliche Schwerpunkte sind die Themen Demokratie, Mitbestimmung, Digitalisierung und Diversität.[15] Sie vernetzt und unterstützt staatliche und freie Träger, die nach der Auflösung der Landeszentrale im Jahr 2004 die politische Bildungsarbeit übernommen hatten, wie Gedenkstätten, Gewerkschaften, Kirchen, Schulen, Stiftungen und Volkshochschulen.[16]
Der Schwerpunkt der Arbeit liegt im Bereich digitale Angebote und junge Menschen. Dazu tritt die Landeszentrale verstärkt in sozialen Netzwerken, wie Facebook, auf und verbreitet Filme auf YouTube.[17] Zusätzlich bietet sie Apps an, die den Zugang zu politischen Informationen ermöglichen.[18] Dazu zählt die App Spot on – Demokratie auf der Spur als digitale Spurensuche zum Thema Demokratie in Niedersachsen.[19] Die App „KonterBunt“ bietet Hilfeststellung im Umgang mit Stammtischparolen und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Sie wurde gemeinsam mit der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt entwickelt.[20]
Kuratorium
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Um die politische Ausgewogenheit der Arbeit der Niedersächsischen Landeszentrale für politische Bildung zu gewährleisten, bestand bei der 2004 aufgelösten Einrichtung ein Kuratorium aus 17 Mitgliedern des Niedersächsischen Landtages.[21]
Nach der Wiedergründung der Niedersächsischen Landeszentrale für politische Bildung gehören dem Kuratorium neun Personen an, die aus allen Fraktionen des Niedersächsischen Landtags stammen. Die Angehörigen des Kuratoriums werden in jeder Legislaturperiode neu vom Landtag benannt. Im Oktober 2020 gehörten dem Kuratorium folgende Mitglieder an[22]:
- Gabriele Andretta (SPD)
- Julia Willie Hamburg (Bündnis 90/Die Grünen)
- Jörg Hillmer (CDU)
- Silke Lesemann (SPD), Vorsitzende
- Peer Lilienthal (AfD)
- Matthias Möhle (SPD)
- Susanne Schütz (FDP)
- Stephan Siemer (CDU), stellvertretender Vorsitzender
- Mareike Wulf (CDU)
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Lukas C. Gundling: Rechtliche Ausgestaltung der Landeszentralen für politische Bildung im Vergleich: Eine synoptische Übersicht. In: Zeitschrift für Landesverfassungsrecht und Landesverwaltungsrecht (ZLVR), 4/2020, S. 126 f. (online).
- Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Jahresbericht 2003. 2003 (PDF 1,42 MB (Webarchiv) ( vom 29. Juli 2004 im Internet Archive) [abgerufen am 3. November 2010]).
- Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Jahresbericht 2018 (PDF, 13 MB)
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Offizielle Website der Niedersächsischen Landeszentrale für politische Bildung
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Presseinformation des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur vom 29. November 2016
- ↑ Gewisse Ruhe. In: Der Spiegel. Nr. 26. Hamburg 20. Juni 1966, S. 34–35 (spiegel.de [abgerufen am 21. Januar 2025]).
- ↑ Schließung der Landeszentrale für politische Bildung in Niedersachsen. In: Pressemitteilung. Bundeszentrale für politische Bildung, 27. Juli 2004, abgerufen am 11. Juni 2016: „Die Teilnehmenden brachten ihr Unverständnis zum Ausdruck, dass die Landesregierung mit der Schließung der Landeszentrale ein Element aus dem bewährten System der staatlichen politischen Bildung in Deutschland herausbricht.“
- ↑ Demokratie braucht die Landeszentralen für politische Bildung. (Resolution) In: dvpb.de. Deutsche Vereinigung für Politische Bildung, abgerufen am 11. Juni 2016: „Deutsche Vereinigung für Politische Bildung (DVPB) protestiert gegen drohende Schließung der Landeszentrale für politische Bildung Niedersachsen“
- ↑ Michael Quasthoff: Verfassungsschutz macht Schule. In: taz.de. taz Verlags und Vertriebs GmbH, 1. September 2009, abgerufen am 21. Januar 2025.
- ↑ Bildungsarbeit beim niedersächsischen Verfassungsschutz. In: Pressemitteilung. Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport, 21. Januar 2011, abgerufen am 21. Januar 2025.
- ↑ Gregor Wiedemann: Verfassungsschutz durch Aufklärung? (PDF; 1,7 MB) In: Wer schützt die Verfassung? Weiterdenken - Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen, Kulturbüro Sachsen, Sebastian-Cobler-Stiftung für Grundrechte, Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen, Amadeu Antonio Stiftung, DGB Dresden, September 2013, S. 131–144, abgerufen am 21. Januar 2025.
- ↑ Politische Bildung zur Stärkung der Demokratie und Bekämpfung des Rechtsextremismus weiterentwickeln. (PDF; 76 kB) In: Drucksache 16/11201. Deutscher Bundestag, 3. Dezember 2008, abgerufen am 21. Januar 2025.
- ↑ Politische Bildung hat wieder eine Adresse. Landeszentrale für politische Bildung kehrt zurück. In: NDR 1 Niedersachsen. Norddeutscher Rundfunk, 14. April 2016, abgerufen am 11. Juni 2016: „Am Donnerstag beschloss der Niedersächsische Landtag, mit den Stimmen von CDU und FDP, die Wiedereinführung der Landeszentrale.“
- ↑ dpa: Landtag: neue Landeszentrale für politische Bildung. In: www.abendblatt.de. Abgerufen am 14. April 2016.
- ↑ Rot-Grün beschließt: Neue Landeszentrale für politische Bildung ( des vom 23. August 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Hannoversche Allgemeine Zeitung 5. und 8. November 2015
- ↑ Niedersachsen: neue Landeszentrale für politische Bildung Die Welt 22. Juni 2016
- ↑ Mit E-Schnitzeljagd auf dem Demokratiepfad bei ndr.de vom 25. Januar 2017
- ↑ Demokratie beginnt mit Dir. Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung, abgerufen am 21. Januar 2025.
- ↑ Die Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung | Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung. Abgerufen am 7. April 2020.
- ↑ Neue Landeszentrale geht an den Start in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 29. November 2016
- ↑ Landeszentrale als Werbeagentur für Demokratie bei ndr.de vom 29. November 2016
- ↑ Chefin für Landeszentrale für politische Bildung bei ndr.de vom 1. November 2016
- ↑ „Spot on“ – Demokratie auf der Spur. Abgerufen am 7. April 2020 (deutsch).
- ↑ Die neue App KonterBUNT hilft, Stammtischparolen zu kontern | Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung. Abgerufen am 7. April 2020.
- ↑ Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Jahresbericht 2003. S. 37 (online [PDF; abgerufen am 3. November 2010]).
- ↑ Das Kuratorium der Niedersächsischen Landeszentrale für politische Bildung. Abgerufen am 31. August 2023.