Nydeggkirche – Wikipedia

Nydeggkirche

Die reformierte Nydeggkirche ([ˈnidɛk]; vom mittelhochdeutschen Ausdruck für Unteres Eck[1]) befindet sich am östlichen Rand der Berner Altstadt, am Nydegghof 2 / Nydeggasse 6.

Die Altstadt liegt auf einer Halbinsel einer Schlaufe der Aare und entwickelte sich in mehreren Stadterweiterungen. Die erste erfolgte 1191, als eine bestehende Siedlung in der Gegend der Nydeggkirche bis zum Zeitglockenturm erweitert wurde. 1190 hatte Herzog Berchtold V. von Zähringen die Burg Nydegg erbaut. Sie wurde nach dem Tod des Herzogs zur Reichsfeste und 1268/70 von den Einwohnern Berns geschleift, um dem Nydeggquartier Platz zu machen. Sie besass vier Ecktürme und stand etwa dort, wo sich heute der Chor der Kirche befindet.

Nydeggkirche und umliegende Altstadt
Das Zähringerdenkmal im Nydegghöfli

1341 bis 1346 wurde an der Stelle der alten Burg eine Kirche mit Dachreiter gebaut, 1480 bis 1483 fügte man einen Turm hinzu, und von 1493 bis 1504 erfolgte ein Neubau des Schiffs. Nach der Einführung der Reformation im Jahre 1529 wurde die Nydeggkirche in eine Lagerhalle für Fässer, Holz und Korn umfunktioniert, diente aber ab 1566 wieder als Gottesdienstraum, wobei sie bis 1721 eine Filialkirche des Berner Münsters war.

1863 wurde sie nach Westen erweitert und erhielt einen Eingang von der Nydeggbrücke her. 1951 bis 1953 folgte ein Gesamtumbau, wobei der Haupteingang am Nydegghof 2, berndeutsche Koseform Nydegghöfli, und der Eingang Brücke Nydeggasse 6 je ein Portal mit Bronzereliefs von Marcel Perincioli erhielten.

Im Nydegghöfli wurde 1857 in einer Nische unter der Nydeggasse ein Brunnen errichtet, der Nydegghöflibrunnen oder auch Staldenbrunnen genannt wird. Ebenfalls im Nydegghöfli wurde 1968 das Zähringerdenkmal aufgestellt, das zuvor auf der Münsterplattform gestanden hatte.

Die Chororgel wurde im Jahre 1995 von Orgelbau Kuhn (Männedorf) erbaut, in Anlehnung an italienische Orgeln der Renaissance im Stile der Orgelbauer Antegnati (1608). Das Springladen-Instrument hat 11 Register auf einem Manualwerk. Das Pedal (Umfang: FF, GG, AA–c0) ist angehängt und hat keine eigenen Register. Die Obertasten (Subsemitasten) sind für eine mitteltönige Stimmung geteilt. Die Windversorgung, die wahlweise elektrisch und händisch erfolgen kann, erfolgt über zwei Keilbälge.[2][3]

Manualwerk FF, GG, AA–c3
1. Principale (B/D) 8′
2. Ottava 4′
3. Quintadecima 2′
4. Decimanona 113
(Fortsetzung)
5. Vigesimaseconda 1′
6. Vigesimasesta 23
7. Vigesimanona 12
8. Flauto in VIII (B/D) 4′
(Fortsetzung)
9. Flauto in XII 223
10. Voce umana (ab c1) 8′
11. Bourdon 8′
Zwei Reliefs an der Brückentüre Nydeggasse von Marcel Perincioli

Die 1956 von Marcel Perincioli geschaffenen 16 Bronzereliefs sind inspiriert durch mittelalterliche Vorbilder vor San Zeno Maggiore in Verona und dem Hildesheimer Dom.

Auf dem Hofportal sieht man Szenen aus dem Leben und Wirken Jesu, und zwar auf dem linken Flügel, von oben nach unten:

und auf dem rechten Flügel:

Auf dem Brückenportal sind auf dem linken Flügel von oben nach unten folgende Szenen dargestellt:

und auf dem rechten Flügel:

  • der Auferstandene am See Genezareth (Johannes 21,1–14)
  • die Grablegung Jesu (Johannes 19,38–42)
  • Jesus in Gethsemane (Markus 14,32–42)
  • der Einzug nach Jerusalem (Johannes 12,12–19)

Bekannte Pfarrer

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Orgelweihe in der Nydeggkirche durch Jeremias Lorza 1812

Als Pfarrer an der Nydeggkirche wirkten

1879 bis 1886 gewann Elias Schrenk, der als Erweckungsprediger für die Evangelische Gesellschaft tätig war, eine so grosse Zuhörerschaft, dass er die Nydeggkirche für die von ihm geleiteten Sonntagabendgottesdienste benutzen konnte.[4]

Der schon zuvor als engagierter Pfarrer bekannt gewordene Klaus Bäumlin (* 1938) leitete hier am 8. Juli 1995 einen von grossem Medieninteresse begleiteten Segensgottesdienst für die Lebensgemeinschaft zweier Männer.

Commons: Nydeggkirche – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. vgl. Burg Nideck (Département Bas-Rhin), Burg Niedeck in Gleichen (Niedersachsen), Nideggen (Nordrhein-Westfalen) und Nýdek (Tschechien).
  2. Umfassende Informationen zur Chororgel (Memento vom 5. Oktober 2013 im Internet Archive). In: Bulletin. St. Galler Orgelfreunde (OFSG), 14. Jg., 1996, Nr. 3 (PDF; 2,1 MB), S. 29 ff.
  3. Orgelporträt auf der Website von Orgelbau Kuhn, abgerufen am 21. Januar 2015.
  4. Christian Fuhrer: Geschichte (Memento vom 13. Februar 2016 im Internet Archive). Evangelisches Gemeinschaftswerk (EGW).

Koordinaten: 46° 56′ 55,7″ N, 7° 27′ 26,5″ O; CH1903: 601426 / 199747